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Als eine Art Quasi-Nachfolger zu „The Mission“ war Johnnie Tos „Exiled“ angekündigt, außer ein paar Besetzungsüberschneidungen haben die Filme jedoch wenige Bezüge zueinander.
Der junge Familienvater und Ex-Verbrecher Wo (Nick Cheung) hat ein Problem: Ein mächtiger Gangsterboss will ihn tot sehen. Wo hat zwar Freunde, doch auch die können nicht verhindern, dass es zu einem Shoot-Out in der Wohnung der Familie kommt. Stylische Action für den Auftakt also, die jedoch befremdlich unterbrochen wird, wenn die Beteiligten auf einmal einen Waffenstillstand schließen und gemeinsam friedlich mampfen.
So kennen auch die Herren Auftragskiller Wo von früher und gemeinsam will man noch einen Job durchziehen, um Wo und seiner Familie Flucht mitsamt neuem Leben zu ermöglichen. Doch das ist im Hongkongkino bekanntlich alles andere als einfach...

Sieht man sich „Exiled“ so an, dann muss man sich fragen, ob Johnnie To diesen Film gedreht hat, um auf die Krise des Heroic Bloodshed Genres hinzuweisen. Erzählerisch bietet „Exiled“ nämlich nicht nur nichts Neues, aber darüber hinaus sind die Figuren allesamt auf die Spitze getriebene Stereotypen vom jugendlichen Aussteiger zum alteingesessenen Assassinen. Charakterisierung fällt quasi komplett flach, hier und da ist mal ein wenig Backstory zu erhaschen, doch die Hauptfiguren bleiben fast reine Chiffren, deren Motivation oft im Dunkeln bleibt, wie z.B. bei der urplötzlichen Kollaboration zu Beginn.
Inszenatorisch setzt To dafür auf style over substance und bombardiert den Zuschauer geradezu mit extrem durchkomponierten Bildern (Höhepunkt sicherlich die Szene mit der Red Bull Dose zu Ende des Films). Fast jeder Szene gibt er eine besondere Ausleuchtung und Stimmung mit, was immerhin teilweise für die erzählerischen Schwächen des Films entschädigt. Denn ähnlich wie seine Hauptfiguren scheint „Exiled“ nicht zu wissen, wohin er eigentlich will: Relativ spontan werden neue Pläne gefasst und damit neue Erzählstränge begonnen, sodass „Exiled“ reichlich episodenhaft wirkt und damit die Möglichkeit eines durchgehenden Spannungsbogens zunichte macht. Angesichts des visuellen Potentials leider sehr schade, denn zwischen Actionszenen ist „Exiled“ bisweilen etwas langweilig.

Bei den ausgiebig zelebrierten Shoot-Outs lebt „Exiled“ dann wieder von der virtuosen Inszenierung Tos, der Stilmittel wie Zeitlupe, extreme Kamerafahrten und dergleichen auf sehr dynamische Weise einsetzt. Trotz der modernen Inszenierung erinnern die Schießereien dennoch an das gute alte HK-Kino der späten 80er und frühen 90er und warten mit einem ordentlichen Härtegrad auf. Leider fehlt es der Geschichte um Freundschaft und Ehre an Potential den Zuschauer zu packen, so wie es die großen Filme des Heroic Bloodshed Genres taten.
Die Besetzung hingegen ist wirklich fein, Leute wie Anthony Wong oder Simon Yam stehen im HK-Kino immer wieder für hohe darstellerische Qualität – ein weiterer Punkt, in dem „Exiled“ gegen das schlappe Drehbuch ankämpfen kann. Doch nicht nur die großen Namen, auch die unbekannteren Gesichter schlagen sich wacker in dem Film.

Im Endeffekt ist „Exiled“ eine zwiespältige Angelegenheit: Darstellerisch top, visuell wunderbar durchkomponiert, inhaltlich jedoch beinahe eine Bankrotterklärung. Dank der Inszenierung und der Actionszenen durchaus nette Unterhaltung für den Genrefan, doch zu wirklicher Größe fehlt hier definitiv noch einiges an Feinschliff.

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