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Der letzte Tag im Leben des Robert F. Kennedy, aber nicht aus der Sicht des Politikers, sondern ausschließlich aus der Sicht von Durchschnittsamerikanern, die seine Ermordung im Ambassador Hotel in Los Angeles im Juni 1968 am Ende dieses Tages miterleben müssen: Ein mexikanischer Küchenhelfer (Freddy Rodríguez), der eine Doppelschicht fahren muss, und in dessen Armen Kennedy am Ende stirbt. Ein älteres Ehepaar (Martin Sheen, Helen Hunt), das seine zweite Hochzeitsreise erlebt. Eine alternde Kosmetikerin (Sharon Stone), die von ihrem Mann, dem Manager des Hotels (William H. Macy), betrogen wird, und eine alternde Diva (Demi Moore), die sich für ihren Auftritt an diesem Abend zurechtmacht. 2 junge Wahlkampfhelfer (Shia LaBeouf, Brian Geraghty), die anstatt Wahlkampf zu betreiben lieber den ersten Trip ihres Lebens einschmeißen …

Ein Panoptikum amerikanischen Durchschnittslebens, von dem wohlhabenden älteren Ehepaar bis zum mexikanischen Küchenjungen, und alles dazwischen. Und für alle war Kennedy eine Hoffnung für eine neue Politik, für eine Wende zu einer Zeit in einem Land, das zunehmend gewalttätiger und unsozialer wurde. In dem der Vietnamkrieg immer größere Gräben zwischen den Menschen aufriss, und gleichzeitig immer mehr junge Männer in Leichensäcken aus einem sinnlosen Krieg zurückkamen. Ein Land, in dem die Rassentrennung noch lange nicht überwunden war, und das in diesem Spannungsfeld fast zerrissen wurde.
Als Europäer, der in dieser Zeit überhaupt erst geboren wurde, konnte ich nie ermessen wie viel Hoffnung mit Robert F. Kennedy verbunden wurde. John F. Kennedy, seinen älteren Bruder, kennt jeder. Aber der erfahrene und ruhige Robert, der wie kaum ein anderer für Gleichberechtigung und Frieden eingetreten ist, und der vor allem nach der Ermordung Martin Luther Kings der letzte prominente Politiker war der überhaupt noch für die Unterschichten ein Ohr hatte, der ist zumindest für meine Generation ein eher unbekanntes Blatt. Durch sehr geschickt montierte Originalaufnahmen von Kennedys Wahlkampfreise wird ein klares und umfassendes Bild vermittelt. Vorkenntnisse sind nicht nötig um recht schnell festzustellen, dass Kennedy tatsächlich nah am Volk war, und die Probleme und Sorgen der Amerikaner sehr ernst genommen hat, gleich welche Hautfarbe sie hatten oder welcher Gesellschaftsschicht sie angehörten. Und dass seine Popularität enorm war, vergleichbar fast nur mit derjenigen von Film- oder Rockstars.

BOBBY ist ein Film der Gefühle, was sich in der ein oder anderen gefühlsduseligen Dialogszene niederschlägt. Aber gleichzeitig kann der Film gerade durch seine Ruhe und seine tiefgehenden Dialoge zeigen, was für ein Mensch Kennedy war, und was er den Menschen seiner Zeit gegeben hat. Und er zeigt auch, was der Welt durch diesen Mord wahrscheinlich entgangen ist. Die letzten Szenen, wenn der sterbende Kennedy vom Hotel fortgebracht wird, und die zurückbleibenden Augenzeugen voller Trauer auf der Straße stehen und langsam realisieren was da gerade passiert ist, die gehen tief. So richtig tief. Und man fragt sich unweigerlich, was gewesen wäre ohne dieses Attentat. Wenn nicht Nixon die nächste Wahl gewonnen hätte, sondern Robert F. Kennedy. Was dann aus unserer Welt geworden wäre.
Ein schöner Film. Ein großer Film. Ein trauriger Film. Ein Film, der nachdenklich macht, und der kurz innehalten lässt. Sehenswert!

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