Die Jungs sind zurück und sie haben alle Mädels wieder mitgebracht.
Diese Aussage umfaßt schon das Wesentliche an "American Pie 2", einer kongenialen Fortsetzung, die nahtlos an den ersten Teil anschließt.
In perfekter Manier wird hier der Aufbau des ersten Teils kopiert, was hauptsächlich auf der Tatsache basiert, daß man nach dem ersten Sex am Ende von Teil 1 dann über das erste College-Jahr hinweg doch nicht so viele Erfahrungen gesammelt hat, wie man eigentlich wollte/sollte und deswegen in den Ferien tierisch einen drauf machen will. Das klappt natürlich nicht ohne viel Trubel und chaotische Situationen.
Dieser Winzling von Story reicht aus, um dieselbe Kontruktion von Teil 1 noch einmal ablaufen zu lassen, komplett sogar mit der Duplizität verschiedener Gags. Wieder wird Stifler Opfer eines geschmacklosen Gags, wobei nur von Sperma auf Urin gewechselt wurde. Jims Kuchennummer wird ersetzt durch einen Unfall mit Sekundenkleber, die gleich aufgebaut, dann aber noch ausgebaut wird.
Auch inhaltlich klammert sich mehr an den ersten Teil, denn die Probleme der vier (fünf, wenn man Stifler mitzählt) sind dieselben geblieben. Jim ist kaum erfahrener und hechelt immer noch seiner Nadja hinterher, Oz ist fest mit Heather zusammen, die jedoch gerade in Europa weilt; Kevin kann seine Vicky nicht vergessen und Finch hechelt immer noch Stiflers Mom hinterher.
Was den Film ansonsten inhaltlich an der Weiterentwicklung hindern würde, gerät hier zum absoluten Glücksfall mit Seltenheitswert: ein komplettes Ensemble wurde in den zweiten Film transferiert und harmonisiert immer noch mit absoluter Präzision miteinander. Keine Einführung schräger neuer Figuren, um dem ersten Teil in punkto Gross-Out noch einen draufzusetzen, stattdessen Konzentration auf das Halten eines erreichten Qualitätslevels, was mit sehr viel Sorgfalt gelungen ist.
Natürlich wirkt das alles nicht mehr ganz so frisch und unverbraucht wie im ersten Teil, ist hier aber wie ein gelungenes Wiedersehen mit alten Freunden, die genau so sind, wie man es immer erwartet hat.
Die Plot-Anteile der einzelnen Charaktere haben sich trotz vollständiger Wiederversammlung allerdings leicht verschoben. Jason Biggs' Jim bekommt das größte Stück vom Kuchen wie gehabt und spielt den Ungeschickten wieder brilliant. Wesentlich ausgebaut wurde Finchs Rolle, wofür man dank ihrer Skurilität auch dankbar ist.
Überhaupt haben die Drehbuchautoren aufgepaßt, wo hier die deutlichen Sympathien und das Gross-Out-Potential zu finden sind. Das geht zu Lasten von Chris Klein (Oz) und Mena Suvari (Heather), zu denen relativ wenig eingefallen ist, sowie von Thomas Ian Nicholas (Kevin), der die Story mehrfach anschiebt, ohne sie dann jedoch in Gang halten zu müssen. Für diese drei werden ruhige Töne angeschlagen und man hätte sich vielleicht noch mehr von ihnen gewünscht.
Stattdessen ist das Freak-Ventil ein wenig hochgedreht worden. Stiflers Rolle ist ins Überdimensionale gewachsen und seine omnipotente heterogene Art gibt den Film an ruhigen Stellen den nötigen Drive. Ebenfalls stark ausgebaut wurde die Rolle Alyson Hannigans (Michele), die im ersten Teil bis auf ihre Killerzeile und den anschließenden Brutalo-Sex leicht vernachlässigt wurde. Hier hat sie beachtliche Story-Anteile und das nutzt sie mit quietschkomischen Szenen, die dem Film die manchmal fehlende Leichtigkeit ersetzen. Auch Eugene Levys Vater hat wieder hervorragende Auftritte
Natürlich hat man sich dramaturgisch da nichts getraut, im Gegenteil, wirklich umwerfenden Entwicklungen kann man kaum erwarten, doch schön anzusehen, daß am Ende jeder positiv aus der Ferienzeit zurückkehrt, was im ersten Teil noch nicht so ganz eindeutig der Fall war. Immerhin haben wir zum Schluß genau das Pärchen, auf das nach dem ersten Teil immer zu hoffen war.
Beachtenswert ist, daß man den romantischen Unterton und erfrischenden Charme aller Charaktere vollständig erhalten hat, trotz sexueller Zweideutigkeiten und geschmackloser Scherze. Wie gesagt wird hier kein neuer Film geboren, sondern einer kopiert, ohne wirklich als Kopie darzustehen. Die Überraschung ist ein wenig weg und manchmal kommt ein Gag ein wenig bemüht rüber, doch die Präsentation durch die Darsteller in Verbindung mit einem schön rockenden Soundtrack läßt einen das alles schnell vergessen. Dankbarerweise steigert sich der Film mit zunehmender Laufzeit.
So ist dies also ein wunderschönes und sehr komisches Wiedersehen mit alten Kumpels, daß man getrost gleich im Anschluß an Teil 1 gucken kann, weil man wissen will, wie's weitergeht. Nach Teil 2 empfehle ich aber mit den Abenteuern der fünf zu stoppen, denn erstens sind die wesentlichen Fäden der Story jetzt zuende gedacht und außerdem würde das Konzept sonst Ermüdungserscheinungen aufweisen. Laßt es so, wie es ist, denn momentan ist alles ausgewogen im Lot. Willkommen zum Feel-Good-Hit des Sommers. Bei uns ist zwar schon Herbst, doch im Kino haben die Jahreszeiten noch nicht gewechselt. So viel garantiere ich. (8/10)