Review

Jedes Land parodiert irgendwann gern seine eigene filmische Vergangenheit und so wie die Deutschen sich für ihr Publikum erfolgreich an Karl May und Edgar Wallace vergriffen, war in Frankreich die Zeit gekommen, den berühmten Agenten OSS117 mal aufs parodistische Glatteis zu führen.
Die Reihe, die schon in den 50er Jahren erstmals die Leinwände eroberte, kam im Verlauf der 60er Jahre auf sechs weitere Leinwandabenteuer, die mehr als gut liefen, während alle Welt entweder James Bond feierte oder ihm nachzueifern versuchte.

Mit einiger Verspätung ist die humorvolle Neuauflage jetzt auch in Deutschland erhältlich und man übergab die Synchronarbeit dafür u.a. Oliver Kalkofe, der dem selbstbewußt-ignoranten Strahlemann die rechte Note verleihen sollte. Tatsächlich fügt sich der Comedian recht ordentlich in die Geschichte ein, die durchaus ins absolut Kalauerhafte hätte abrutschen können, doch der Stoff hält der deutschen Übersetzung dann doch recht ordentlich stand.

Jedoch haben wir es bei "OSS117" dennoch mit keinem Überfliegerfilm im Geiste der letzten deutschen Filmerfolge in dieser Richtung zu tun, was natürlich auch an der französischen Mentalität liegen mag. Obwohl man zuvorderst anführen muß, daß mit Jean Dujardin für OSS ein Darsteller gefunden wurde, dem der Schuh wie angegossen paßt, ein kantiges Agentengesicht wie vor 40 Jahren, dazu mit einem aufreizend kernigen Lächeln ausgestattet und mit der nötigen Physis versehen. Dujardin ist Herz und Seele des Films und der Erfolg ist vor allem seinem Einsatz zuzuschreiben.
Um den transponierten Humor einordnen zu können, muß man dazu wissen, daß es sich hier nicht um eine überdrehte Persiflage a la "Austin Powers" handelt und auch nicht um eine herzhafte Alberei, sondern daß der Ton des Films sich im Wesentlichen an die "Inspector Clouseau"-Filme mit Peter Sellers annähert.
OSS117 ist kein Trottel, er ist durchaus befähigt seinen Job auszuüben, mit der nötigen Härte und im Dienste Frankreichs - jedoch ist größtenteils ein frankophiler Ignorant. Wenn es nötig ist, absorbiert er alles an Kultur, was für seinen Auftrag benötigt wird, privat kann er seine Mitmenschen aber mit seiner Ignoranz (hier speziell dem Islam, Ägypten und seinen Gebräuchen gegenüber) in den Wahnsinn treiben. Er ist nicht, wie etwa Clouseau extrem tollpatschig, aber dafür beträchtlich unaufmerksam und kann sich die Hintergründe meistens nicht merken (dafür ist die schöne Frau zuständig), läßt sich aber von allerlei nebensächlichen außerordentlich leicht ablenken, wodurch er sich stets in die Nesseln setzt (was er dann nicht versteht) oder eben seine Gegenüber irritiert (was sehr hilfreich sein kann).

Als größten Schatz muß man jedoch den Look des Films bezeichnen, der die 50/60er-Jahre auf dem Sektor des billigen Agentenfilms bis zur Schmerzgrenze rekapituliert. Miese Rückprojektionen bei den Autoszenen, ein mehr als intensiver Blaufilter über den angeblichen Nachtaufnahmen, zeitgemäß-schnittige Anzüge, präzise nachempfundene "exotische" Locations - all das erinnert im besten Fall selbst an frühe Bonds wie "Liebesgrüße aus Moskau" und macht wirklich Spaß.

Trotzdem erwartet die Zuschauer leider kein monumentaler Brüller, wie man anhand zahlreicher Vorabkritiken vermuten könnte. Der Fall an sich ist maximal mäßig konstruiert (die Auflösung schreit einem schon nach fünf Minuten entgegen), sondern dient nur dazu, möglichst viele Komplikationen in den Weg des Helden zu führen: Briten, Deutsche, Russen, ägyptische Revolutionszellen - und natürlich arbeiten alle gegeneinander. Die Autoren verzetteln sich aber manchmal zu sehr darin, die OSS-Szenen breitzutreten, anstatt ihnen eine ordentliche Gagquote einzuimpfen. Einiges läuft über den Dialog, manchmal sind pfiffige visuelle Einfälle dabei, aber generell mangelt es dem Film an Größe bzw. Spannungsaufbau - das Finale ist praktisch ein Abflachen gegenüber dem bisherigen Film. Auch kann die Mischung verschiedenster Humorstile nicht immer überzeugen: Charakterkomik, Parodien, moderne Satire, Verbalwitz und Slapstick stehen sich manchmal selbst im Weg und gewisse Albernheiten (wie der endlos ausgewalzte Gag mit der Hühnerfabrik, in der der Held zur Belustigung ständig am Lichtschalter dreht) nehmen einfach zu viel Platz ein.

Gewiß, der Film ist amüsant, das sogar durchgängig, aber es ist mehr ein "Grinser" als ein Brüller, nie wagt die Produktion das alles total "over-the-top" zu bringen, der Kessel kocht bisweilen und wird dann einfach vom Feuer genommen, was sicherlich daran liegt, daß die Film damals schon Selbstparodie waren - hier steht man sich mit dem Willen zum Look manchmal selbst im Wege, wenn die Hauptfigur mal kompetent, mal total behämmert rüberkommt.
Das ist jetzt natürlich alles aus deutscher Sicht beschrieben, aber wer ein absolutes Gagfeuerwerk erwartet, sollte gewarnt sein: der Charme und das Grinsen Dujardins bügeln zwar einiges wieder aus, aber ansonsten sitzt das Witzgemisch zwischen bereits erforschten Stühlen anderer Parodisten und die haben ihre Linie besser und souveräner vertreten. Dennoch eine unterhaltsame Empfehlung wert. (6/10)

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