„Frauen können nicht leben ohne Männer!“
1950er-Jahre-Low-Budget-B-Science-Fiction war schon immer ein Tummelplatz kruder und gleichsam naiver Ideen, bizarrer Welten und skurriler Kreaturen. Meist gefährdeten diese das Wohl von Erdenbürgern, irdischen Astronauten oder gleich der ganzen Erde. Zeitgleich waren emanzipatorische Bestrebungen des weiblichen Teils der Bevölkerung noch rar gesät und die Gesellschaft patriarchalisch geprägt, starke Frauenrollen demnach in solchen Filmen eher Mangelware. Und gab es sie doch, wurden sie gern einmal zur handfesten Bedrohung, etwa wie in Richard E. Cunhas „Bestie des Grauens“. Einige Jahre zuvor jedoch schrieb der renommierte Drehbuchautor Ben Hecht auf zehn Seiten sich mit weiblichen Rollenklischees satirisch befassende Ideen für ein Drehbuch unter dem Titel „Queen of the Universe“ nieder. Jahre später landete das Sujet bei der Produktionsfirma „Allied Artists“, wo man es zu einem richtigen Drehbuch erweiterte und umschrieb und schließlich Regisseur Edward Bernds („Planet des Grauens“, „Raumrakete X-7“) mit der Umsetzung betraute. Das Kuriose: Irgendwo auf diesem langen Weg blieb der satirische Aspekt komplett auf der Strecke und machte „In den Krallen der Venus“ zum vermutlich frauenfeindlichsten Vertreter seiner Zunft.
„Wir sind doch keine Luftschifffahrt!“
Im Jahre 1985 sollen drei Astronauten (Eric Fleming, „Die Eroberung des Weltalls“, Dave Willock, „Die Rache des Ungeheuers“ und Patrick Waltz, „Land ohne Männer“) den Wissenschaftler Professor Konrad (Paul Birch, „...denn sie wissen nicht, was sie tun“) zu einer Raumstation eskortieren. Doch sie müssen mitansehen, wie diese von fremden Kräften zerstört wird und werden von einem Energiestrahl zur Venus geleitet. Diese entpuppt sich als nur von Frauen bewohnt, beherrscht von der männerfeindlichen Königin Yllana (Laurie Mitchell, „Bestie des Grauens“), die sich zudem von der Erde bedroht sieht und diese ebenso vernichten will, wie sie es mit der Raumstation tat. Unter ihren Untergebenen jedoch rumort es seit der Ankunft der prompt gefangengenommenen Erdenmänner, eine Revolution wird geplant…
„Hier gibt's ja nichts als Weiber!?“
In prächtigen Farben (damals noch kein Standard) bekommt man zunächst einmal hübsche Archivaufnahmen eines Raketenstarts zu Gesicht, bevor mittels netter Spezialeffekte die Raumstation von Strahlen zerstört und anschließend die Rakete – bzw. ein Miniaturmodell derselben – ebenfalls angegriffen und gen Venus entführt wird. Erst nach einer halben Ewigkeit setzt der Vorspann ein, aber was bedeutet schon Zeit in den endlosen Weiten des Alls? Angekommen auf der Venus wird diese flugs als selbige identifiziert, obwohl sie aussieht wie ein blühender Garten und damit ganz anders als erwartet. Die Besatzung, die sich dort prima ohne Sauerstoffgerät oder sonst Ausrüstung bewegen kann, rattert noch schnell herunter, wie der Planet nach damaligem Kenntnisstand eigentlich auszusehen gehabt hätte (der Film wollte sich anscheinend keinen allzu naiven Anstrich geben – was dennoch nicht gelang), da wird sie auch schon von bewaffneten jungen Damen in knappen Kleidern, die zudem ihre Sprache sprechen, gefangengenommen…
„Ich hasse sie alle!“ – „Ich glaub', die mögen keine Männer...“
Endlich lernt man die maskierte Königin Yllana kennen, bei der Erdenmenschen generell als kriegslüstern gelten, weshalb sie plant, den blauen Planeten mittels ihres Betastrahlenreaktors – der mehr nach bedrucktem Papp-Bastelset als nach Hochtechnologie aussieht – in seine Einzelteile zu zerlegen. Jedoch verfällt sie umgehend dem wackeren Astronauten Neal, wenngleich die Vertreter des männlichen Geschlechts unentwegt sexistische Sprüche klopfen und die Frauen keinen Meter für voll nehmen. Diese wiederum zeigen sich ebenfalls wenig überzeugt vom vorherrschenden Matriarchat: „Das größte Unglück begann, als wir Frauen die Macht übernahmen!“ Wie sich herausstellt, ist Yllana unter ihrer Maske schrecklich entstellt, woher ihr Männerhass schlussendlich rührt. Mithilfe von Aufrührerin Talleah (Skandalnudel Zsa Zsa Gabor, „Ball der Nationen“) und um sie gescharten Revolutionärerinnen versuchen die Herren zu fliehen, was Bernds zum Anlass für eine kleine Monsteraction-Einlage mit Riesenspinnen in einer Höhle nimmt, die verdächtig an „Bestie des Grauens“ erinnert. Doch all das hätte man sich sparen können, denn (Achtung, Spoiler!) die Erdzerstörungsmaschine ist ohnehin defekt und verbrennt spektakulär explosionsreich ausgerechnet die geschundene Yllana, sodass die Venus aus ihren fürchterlichen Krallen befreit werden und Bernds sein albernes Happy End montieren kann.
„Raumschiffe sind gefährlich! Was wenn es verloren geht dort oben? Oder platzt oder so was?“
„In den Krallen der Venus“ betreibt nicht nur verstärktes Kulissen- und Kostüm-Recycling, indem er die Garderobe aus „Alarm im Weltall“ sowie Sets, Modelle und Spezialeffekte aus „Planet des Grauens“ und „Flight to Mars“ wiederverwertet, er käut auch mittlerweile glücklicherweise zumindest in der westlichen Hemisphäre weitestgehend überwundene Geschlechterklischees bis zum Gehtnichtmehr wieder und überstrapaziert sie, bis man sich entweder vor Lachen nicht mehr halten kann oder aber es einem im Halse steckenbleibt. Auf der kunterbunten Venus, die nur aus Natur und dem Königspalast zu bestehen scheint, sind alle Frauen mehr oder weniger hübsch anzusehen und knutschen bereitwillig mit den männlichen Erdlingen herum, deren Charme sich selbst Yllana nicht entziehen kann – von der jedoch sind die Herren der Schöpfung aufgrund ihrer Entstellung wenig begeistert und die Kernaussage lautet im Prinzip: Wer Kritik am Patriarchat übt, muss hässlich und unbefriedigt sein. Wer sich hingegen unters Kommando der Männer begibt, hat gute Zukunftsaussichten und so setzt man alles daran, die alte Ordnung wiederherzustellen. Auf einen gesunden Mittelweg, so etwas Abgefahrenes wie Gleichberechtigung, kommt hier niemand. Nicht einmal mit viel Wohlwollen könnte man aus der Handlung eine ernstgemeinte Warnung vor Präventivschlägen (wie ihn Yllana zu planen vorgibt) oder Kritik an geschlechtsbezogener Sippenhaft herauslesen oder gar mutmaßen, der Film wolle vor einer Art Entsexualisierung warnen, die jede revolutionäre Gesellschaftsform zum Scheitern verurteilen würde. Wer irgendeine von Form von Fortschritt von einem Science-Fiction-Film erwartet, ist hier gänzlich falsch, bekommt dafür jedoch ein Kuriosum der Filmgeschichte geboten, das man mit eigenen Augen gesehen haben muss, um es zu glauben. Ich schließe mit einem zugegebenermaßen aus dem Zusammenhang gerissenen weiteren Filmzitat: „Sie nennen das Zivilisation?“ – „Eigentlich nicht...“