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"Scarface" - auch bekannt unter dem Untertitel "Tony, das Narbengesicht" ist das Remake des gleichnamigen Klassikers von Howard Hawks aus dem Jahr 1932.
Brian de Palma inszenierte Oliver Stones Drehbuch-Version eines umgekehrten "Vom Tellerwäscher zum Millionär"-Märchens als brutales Gangsterdrama, das den unaufhaltsamen Aufstieg und Fall eines armen, kubanischen Einwanderers zum mächtigsten Drogenboss von Miami darstellt, der letzten Endes an dem zugrunde geht, wofür er über Leichen ging und damit Millionen verdiente: Kokain.
Die Droge zeichnet Tony Montanas langsamen Abstieg ins Verderben und macht ihn für seine Konkurrenten zu einem leichten Ziel im knallharten Kampf um die Vormachtstellung im Drogenhandel.
Gehasst von der eigenen Mutter, verraten von seinem besten Freund, verlassen von seiner Frau und seiner geliebten Schwester, stirbt er - zerfressen von der grenzenlosen Arroganz - einen einsamen Tod im Kugelhagel kaltblütiger Auftragskiller.

Al Pacino stellt den charismatischen Tony Santana mit einer Leidenschaft und Ausdrucksstärke dar, dass er mit Leichtigkeit die Längen der epochalen Inszenierung umspielt.
Mit Michelle Pfeiffer, Steven Bauer, Robert Loggia, F. Murray Abraham, Harris Yulin und vielen weiteren Stars steht ihm ein bemerkenswertes Darsteller-Ensemble zur Seite, bei dem jeder für sich in seiner Rolle voll und ganz überzeugt.

Die episodenhaft gestrickte Handlung, die mehrere Jahre und Stationen im Leben Tony Montanas umfasst: von der Einreise in die Vereinigten Staaten, über seinen ersten Auftragsmord und der Entmachtung seines Mentors Frank Lopez bis hin zu seiner Festnahme wegen Steuerhinterziehung und seiner Ermordung. Dabei überzeugt "Scarface" nicht nur als knallharter Gangsterfilm, sondern vor allem auch als Charakterstudie und Familiendrama.

Regisseur de Palma spart dabei vor allem nicht mit Brutalitäten, die im Kontext zur Handlung niemals übertrieben und schon gar nicht selbstzweckhaft dargestellt sind, und einer sehr vulgären Sprache, was das Werk ungeheuer glaubwürdig erscheinen lässt, es aber durch diesen Inszneirungsstil erhebliche Freigabebeschränkungen gab.
Erst letzten Jahres wurde "Scarface" hierzulande vom Index gestrichen und ist noch immer mit einer FSK: 18-Freigabe gebrandmarkt, was angesichts der dargestellten Gewalt, vollkommen unverständlich erscheint.

Vor allem deshalb avancierte "Scarface" zu einem Kultfilm der Popkultur und zählt mit zu den einflussreichsten und besten Werken in der Filmographie von Regisseur Brian de Palma, der gerne als Hitchcock.-Epigone bezeichnet wird, hier aber mit seinem eigenen Inszenierungsstil einen bildgewaltigen Film schuf, der mit einem wunderbaren Syntheziser-Score von Georgio Moroder und einer verschwenderischen Ausstattung glänzt.
Brian de Palmas Gangsterballade überzeugt in jeder Hinsicht, ist darstellerisch und inszenatorisch ein Meisterwerk und ein Erlebnis für die Sinne.

7,5/10

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