Mars Attacks - altes Thema, neuer Film
Kaum ein Regisseur ist derzeit so umstritten wie John Carpenter, der geistige Vater von "Ghosts of Mars". Zwar hält ihm eine große Fangemeinde schon seit Jahren die Treue, die Unzufriedenheit der Anhänger mit Carpenters jüngsten Werken ist jedoch nicht zu verleugnen. Und tatsächlich, betrachtet man die Chronologie seiner Regiearbeiten, so nimmt die Qualität seiner Filme zusehends ab. Zumindest, wenn man die Besucherzahlen in den Kinos zum Maßstab nimmt. Beim 1998 erschienenen "John Carpenter' Vampires" war zwar ein deutlicher Aufwärtstrend zu erkennen, unumstritten war der Streifen dennoch nicht. Genau das gilt auch für "Ghosts of Mars", denn der Film ist weder leicht verdaulich, noch ist er jedermanns Sache. Trash-Fans könnten Gefallen daran finden, alle anderen werden wahrscheinlich entsetzt sein.
Die Geschichte beginnt im Jahre 2176. Schon lange zuvor hat die Menschheit damit begonnen, den Mars zu kolonisieren. 640.000 Siedler leben mittlerweile auf dem roten Planeten, einer Welt, die immer noch kalt und unwirtlich ist. Die meisten der Kolonisten sind Bergarbeiter, denn viel mehr als seine Rohstoffe hat der Mars kaum zu bieten. Irgendwo in der Einöde des marsianischen Hinterlandes liegt die Bergarbeitersiedlung 'Shining Canyon', ein trostloser Fleck weit Abseits der großen Ortschaften und fernab der bedeutenden Verkehrswege.
Das sich trotzdem eine fünfköpfige Besuchergruppe auf den Weg nach 'Shining Canyon' macht, hat einen besonderen Grund: Das Quintett ist ein Spezialeinsatzkommando der Marspolizei. Sein Auftrag besteht darin, Desolation Williams (Ice Cube), einen gefährlichen Mörder aus dem dortigen Gefängnis abzuholen und in die Hauptstadt zu überführen. Befehlshaberin des Teams ist Commander Helena Braddock (Pam Grier), ihr unterstellt sind Lieutenant Melanie Ballard (Natasha Henstridge), sowie ein Sergeant und zwei Auszubildende.
Doch am Ziel angekommen erwartet die Polizisten der blanke Horror: Die Siedlung ist ausgestorben, die meisten ihrer Bewohner befinden sich in den Gebäuden: ermordet, mit den Füßen an der Decke hängend und ohne Kopf. Naheliegend, daß der Verdacht zunächst auf Desolation Williams fällt. Doch der sitzt, säuberlich weggeschlossen, in einer Zelle des örtlichen Gefängnisses. Als die Polizisten ihn abholen wollen, machen sie zum ersten mal Bekanntschaft mit den wahren Mördern...
Es ist schwer, "Ghosts of Mars" in eine der klassischen Genre-Schubladen zu packen. Das Horrorelement ist, entgegen John Carpenters üblicher Masche, etwas unterrepräsentiert. Vieles holt Carpenter aus dem Action-, einiges sogar aus dem Splatter-Lager. Doch der Hauptcharakterzug von "Ghosts of Mars" ist ein anderer: düsterer Endzeit-Thrash. Und genau damit haben viele Zuschauer ihre liebe Mühe und Not. Im Zeitalter von Hochglanz-Hollywood ist es nicht einfach, sich mit einem reinrassigen B-Film anzufreunden. Denn mehr ist "Ghosts of Mars" auf keinen Fall.
Die Story an sich ist sehr gut, ihre Umsetzung jedoch, genauso wie es sich für einen B-Film gehört, eher oberflächlich. Die Hauptakteure, Natasha Henstridge und Ice Cube, agieren souverän. Allerdings ist das kein echter Maßstab, denn ihre Rollen sind so angelegt, daß ihnen außer böse dreinschauen und coole Sprüche reißen nichts abverlangt wird. Die Action- und Kampfszenen sind im Großen und Ganzen gefällig, allerdings merkt man sehr schnell, daß hier keine Martial-Arts-Experten am Werk waren.
Gut gelungen ist Carpenter die Atmosphäre des Filmes. Wenn man sich mit dem Film abfindet und über die sicherlich vorhandenen Makel hinwegsehen kann, dann stellt sich schon bald ein gewissen Unbehagen und unterschwelliges Gänsehautgefühl ein. Dafür verantwortlich ist zum einen der Plot (... in den Straßen eine Horde Wahnsinniger, im Gefängnis eine Gruppe untereinander verfeindeter Menschen, die nicht mehr hinaus kann und auf den finalen Angriff wartet). Zum anderen trägt die Musik sehr zur Endzeitstimmung bei. Wenn die Speed-Metaller der amerikanischen Band "Anthrax" die E-Gitarren aufheulen lassen, dann wirkt das ungemein kraftvoll und aggressiv. Doch was für Metal-Freunde sicherlich ein wahrer Ohrenschmaus ist, daß wird für diejenigen, die's nicht mögen zur reinsten Zumutung - der gesamte Soundtrack bedient sich der Metal-Musik von "Anthrax" und ist quasi immer gegenwärtig. Schwierig, nicht hinzuhören, wenn man nicht will.
Unverzeihlich ist der Zug, den man zu Beginn des Films in einigen Sequenzen durch das Bild fahren sieht. Das Ding mutet an wie eine Märklin-Eisenbahn und sorgt entweder für verärgertes kopfschütteln oder für unfreiwillige Lacher. Und John Carpenter wußte genau, daß der Zug bescheiden aussieht. In einem Audiokommentar auf der RC2 DVD äußert er sich dahingehend. Warum er ihn dann nicht herausgeschnitten hat ist unverständlich. Und ärgerlich.
Fazit:
"Ghosts of Mars" ist eine Katastrophe wenn man auf Hochglanzkino, komplexe Stories oder wie auch immer geartete Perfektion steht. Kann man hingegen über kleinere bis mittelmäßige Unzulänglichkeiten hinwegsehen, dann - und nur dann (!) - ist Carpenters neuer Mars-Thrash sicherlich ein Geheimtip!