Review

Eine Kleinstadt gerät aus Fugen, als durch die Inbetriebnahme eines Ölfeldes das Gesindel angezogen wird. Mord und Totschlag soll durch eine eigens bezahlte Privatpolizei verhindert werden, die sich aber als noch schlimmere Verbrecherbande erweist. Eine Bürgerwehr stellt sich dem entgegen...

- „Man weiss nie, wann eine Revolution ausbrechen wird. Geht schneller, als man denkt.“ -
Was macht man mit einem Film, den man in der späten Kindheit aus verschiedenen Gründen schon unbedingt sehen wollte, dann zufällig auch dazu kam und dann sicherlich ein gutes Jahrzehnt bis zur nächsten Sichtung verging ? Wie bewertet man ihn jetzt; mittlerweile haben sich ja nicht nur die eigenen Ansprüche, sondern auch die Zeiten generell geändert. Die Erinnerungen an den Film selber sind verklärt und die persönlichen Umstände dazu noch mehr; die Vergangenheit und die Gefühle darum können ja schlecht als einziges Kriteritum für eine Bewertung dienen. Zumindest nicht, wenn man anderen etwas schmackhaft machen oder doch davon abraten will.

Wenn man mit den harten Fakten anfängt, hat man mit Regisseur / Autor George Armitage einen Mann, der in 35 Jahren beim Film ganze sieben Produktionen auf die Beine gestellt hat; was sicherlich nicht viel ist. Zumal man bei den ersten vier Arbeiten - Vigilante Force eingeschlossen - auch davon ausgehen kann, dass diese relativ wenig Zuspruch hatten und nicht allzu viel Nachfrage erzeugten; der Name Armitage gelangte erst 1990 wirklich ins Bewusstsein. Allerdings auch eher bei einem kleineren Kreis von Filmliebhabern, aber die Charles Willeford – Verfilmung Miami Blues geniesst einen durchweg guten Ruf und dies auch zu Recht: Eine wunderbar romantische, lustige, harte Groteske auf den Amerikanischen Traum, verpackt als B – Krimi.
Doch danach vergingen wieder jeweils sieben Jahre, bis mit Grosse Pointe Blank und Hawaii Crime Story zwei weitere Arbeiten folgten, die sich genau diesem Motto anschlossen und deswegen auch viel versprachen; aber beide lange nicht mehr diesselbe Wirkung erreichten. Beide haben sicherlich ihre Momente, der eine mehr und der andere weniger; aber die Mischung aus Gesellschaftsatire, Gaunerkomödie und Romantik zündete nicht mehr so grandios. Man schien teilweise auch mit Krampf darauf gedrückt zu sein, stellte gar keine unbequemen Fragen mehr und hielt das Setting gleich von vornherein absurd.
Der Armitage – Fan wollte aber keinen vordergründigen Humor; er wollte einen, der von hinten kommt und packt und die Zähne einschlägt. Oder klaut.

Nun hat Vigilante Force diesen auch nicht zu bieten; lustig wird es hier höchstens unfreiwillig. Grund dafür ist der Schauplatz: Man befindet sich nach eigenen Angaben zwar in Kalifornien, aber dann doch trotzdem sehr im Hinterland davon. Die Zeit scheint selbst für 1976 stehengestanden zu sein, alle führen sich wie Cowboys auf und rennen mit ihren karierten Hemden in der Jeans auch so herum. Kopfbedeckung ist vorzugsweise der Hut, nur die Ölarbeiter tragen selbst nach Feierabend prinzipiell ihren Schutzhelm; damit man die Einheimischen gleich unterscheiden kann wahrscheinlich.
Waffe und Fäuste sitzen lockerst, schon im Vorspann wird schnell geschossen und viel geprügelt. Halt vor Polizisten wird dabei nicht gemacht, zu Zweit ein Cop durch die Fensterscheibe ins Freie bugsiert und einen Streifenwagen mitten auf der Kreuzung zusammengeballert und angezündet.
Hier läuft offensichtlich was falsch in der Stadt.

Dieser Ausgangspunkt macht sofort die Forderung nach einer grundlegenden Veränderung deutlich, die dann auch recht schnell eintritt. Ein Gespräch unter Männern und schon ist mit Aaron Arnold [ Kris Kristofferson ] ein neuer Gesetzeshüter in der Stadt. Jemand, der zwar früher selber als örtlicher Rüpel verschrieen war, aber durch den Armeedienst im Vietnamkrieg doch mittlerweile gelernt haben soll, was Anordnungen sind und wie man Befehle verfolgt. Schliesslich tut er das auch jetzt noch; bewacht auf einem nicht sehr frequentieren Stützpunkt eine Maschine, die sowieso keiner entführen wird und darf sich von jemanden zusammenstauchen lassen, der sich in seinem Leben sicherlich nur von der Haustür zum Bürostuhl bewegt hat.
Aaron sagt also sofort zu, sich vom Bürgermeister Bradford [ Brad Dexter ] als Ausführende Gewalt vereidigen zu lassen und wird mitsamt seiner ausgesuchten Privattruppe auch mit Kusshand genommen. Schliesslich hat er mit seinem jüngeren Bruder Ben [ Jan – Michael Vincent ] auch die beste fürsprechende Referenz in der Stadt. Ben ist so etwas wie die gute Seele des Ortes. Einer, dem jeder vertraut und der auch immer zur Stelle ist, wenn man ihn braucht.

Deswegen und auch weil die Methoden Aarons zuerst Erfolg haben, beschwert sich keiner, dass dieser offensichtlich nicht viel von legalen Vorgehen hält und in seinem neuen Beruf sich um alles andere als eine korrekte Ausübung schert. „Fürs Prügeln ist die Polizei zuständig. Wir sind immer im Recht“ lautet das neofaschistische Motto; in schwarzen Uniformen werden auf Volksfesten Unbewaffnete abkassiert, verprügelt oder gleich zusammengeschossen.
Zumeist geht es dabei neben der reaktionären Durchsetzung der neuen – alten Grundsätze von Hierarchie sowie der hauseigenen Variante totalitärer Bewegung also um das liebe Geld; wenn man die Stadt sogar mit „Einwilligung“ der Oberen unter Kontrolle hat, kann man sie vorne und hinten ausnehmen.
Dazu wird mit den Bestellformularen der offiziellen Polizei sowie gefälschter Unterschriften ein ganzes Waffenarsenal aus Handgranaten, Schnellfeuergewehren, Panzerabwehrwaffen und Dynamit zusammengestellt; die
autoritär – militaristische, antidemokratische Entwicklungsdominante als kapitalistische Moderne.
Vom Regen in die Traufe.

- „Aaron, es reicht !“
„Dafür habt ihr mich doch geholt.“ -
Armitage wendet sich bei dieser Grundidee, noch ergänzt mit einer zweiten Bürgerwehr, vor allem an die Filme von Phil Karlson, der spätestens mit Der Große aus dem Dunkeln [ 1973 ] vorgemacht hat, wie man einen lokalen Kleinkrieg ansprechend inszeniert. Karlson ist vom Namen her zwar genauso unbekannt wie Armitage, hat aber weit fleissiger gearbeitet; auch bei ihm wurde das Gesetz immer selbst in die Hand genommen, wenn es niemand anders tat [ Die Wölfe von Los Angeles, Die Schande von Chicago, Hyänen der Straße ]. Sein Eine Stadt geht durch die Hölle [ 1955 ] stellt dann auch am deutlichsten den Ursprung für die hier verwandte Prämisse dar, allerdings streicht Armitage das halbdokumentarische Flair und auch die politischen Aussagen stark zusammen. Bestimmt kann man auch hier genug hineininterpretieren – wenn man nicht gerade mit der Nase draufgestossen wird – aber dies ist offensichtlich nicht das Hauptanliegen.

Dafür sind abseits von Vincent und Kristofferson auch nicht die Schauspieler anwesend und der Grundton des Filmes verkehrt. Anfangs sieht vieles nach einer Mischung aus Dukes of Hazard und den Waltons aus; sowieso haben nur wenige Szenen die Wirkung, zu denen sie bei einer mehr konzentrierten Regie durchaus imstande wären. Armitage arbeitet wie gewohnt eher mit biederen Einstellungen. Als besseres Beispiel für die Bedrohung und Gefahren von seitens gewählter Gesetzeshüter kann man Calahan [ 1973 ] nehmen, der in dem Aufzeigen der Machtvollkommenheit viel grober und furchterregender ist und natürlich auch nicht alles mit Country & Western untermalt. Hierbei stört das ganze, veraltet wirkende Hinterwäldlerische, die vielen lamentierenden Betrunkenen, die Dorfschönheiten und das schachbrettartige Vorgehen. Es passiert schon was, aber nur kleinere Prügeleien; ansonsten wird erstmal viel in Mädchen, Alkohol und Glücksspiel agiert. Die meistens Darsteller sind entweder alle sehr alt oder passen sonst allein optisch nicht in einen Actionfilm. Charakterisierungen erfolgen überhaupt nicht; es stellt sich auch gar nicht die Frage, warum die angeheuerte Truppe [ entweder altgediente Soldaten, Ex – Polizisten oder Offiziersanwärter ] sofort gar keine Grenzen mehr kennt.

- „Ich habe dir diese Arbeit verschafft. Und ich werde sie dir auch wieder nehmen.“ -
Die finale Auseinandersetzung findet dann ausgerechnet während der Parade zur 200 – Jahr – Feier der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika statt; die Loslösung von Großbritannien am 4. Juli 1776 findet hier seine Allegorese in der Niederschlagung der Unterdrücker. Dabei tritt der ortsansässige Schützenverein samt Bibermützen zur Verteidigung des Rechtes auf eigene Souveränität an; auf freiem Feld, einer Geisterstadt und der Ölanlage wird heftigst darum gestritten. Dafür, dass man gleich drei Schauplätze verwendet, geht mit knapp 7min Ausdehnung der Showdown recht fix; die Umsetzung ist sicher ordentlich und auch durchaus mit einigen grösseren Explosionen angereichert, aber haut einen 30 Jahre nach Entstehungszeit bestimmt nicht mehr die Kinnlade runter.

Es gibt also Filme, die die Zeit weitaus besser überstanden haben und ein Andenken eher rechtfertigen; soweit solide Unterhaltung ist hierbei aber immer noch geboten. Nur einen Schrein dafür braucht man dann doch nicht zu errichten.

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