"Es geht los !" Diese Worte, von Morgan Freeman gleich zu Beginn in sein Handy gesprochen, klingen wie eine Versprechen und die ersten Szenen des Films wirken tatsächlich verheißungsvoll. In schnellen Schnitten erleben wir verschiedene Szenen, deren Zusammenhang und Bedeutung wir nicht kennen. Das ist kein innovatives Stilmittel, aber es macht neugierig und läßt auf ein komplexes Geschehen hoffen.
In einem bunkerähnlichen Kellerraum begegnen wir dabei vier Männern, die an ihren Laptops arbeiten und die zu Freemans Team gehören. Das Outfit, die relaxte Art und zynische Sprache sollen uns eins klarmachen - hier sind Profis am Werk. Der Film unterstützt das noch dadurch, daß er die vier Männer nicht genauer charakterisiert. Sie haben verschiedene Aufgabengebiete, aber ihr Privatleben existiert nicht, denn sie sind nur an dem Job und der Kohle, die damit zu verdienen ist, interessiert.
Das es sich bei dem Team um keine Brokertruppe handelt, die den Aktienmarkt aufmischen will, macht der Film ebenso schnell klar, indem er uns an einem kaltblütigen, überraschend konsequent durchgeführten Mordanschlag teilnehmen läßt. Der Mord an dem jungen Mann, der gerade von einem Besuch bei seiner heimlichen Geliebten kommt, verdeutlicht die Geisteshaltung des Films - das Opfer ist für den Betrachter völlig anonym und durch die einzige Chrakterisierung als Ehebrecher noch zusätzlich diffamiert. Freeman, der den Mord ausführt, soll hier ganz bewußt nicht moralisch belastet werden - an einer tiefergehenden Psychologisierung ist "Contract" nicht interessiert.
Gegenschnitt - parallel wird uns der zweite Hauptdarsteller, der von John Cusack gespielte Sportlehrer Ray ,vorgestellt, dem wir beim Baseball-Training begegnen. Die Polizei bringt seinen etwa 16-jährigen Sohn zum Training und übergibt ihn an seinen Vater. Kurz danach sehen wir beide bei einem ernsten Vater-Sohn-Gespräch in der dunklen freudlosen Wohnung. Chris (Jamie Anderson) hat Dope geraucht und wurde deshalb bestraft. Sein Vater glaubt, daß das mit dem Tod der Mutter zu tun hat, die zwei Jahre zuvor an Krebs gestorben war und sie beschließen am Wochenende eine Tour in die nahegelegenen Wälder und Berge zu machen.
Wer glaubt (oder befürchtet), einem Seelendrama beiwohnen zu müssen, irrt. Die Konflikte zwischen Vater und Sohn werden nur angerissen, manchmal durch einen kleinen Satz über mangelndes Vertrauen wieder hervorgerufen, erzeugen aber in keiner Situation des Films eine dramatische Situation - auch hier ist "Contract" an einer tiefergehenden Betrachtung nicht interessiert.
Die eigentliche Story kommt durch ein zufälliges Unglück ins Rollen - Freeman gerät in einen Autounfall und wird in ein Krankenhaus eingeliefert. Dort stellt die Polizei schnell fest, daß es sich bei ihm um einen Spezialagenten handelt, der offiziell schon lange tot ist. Das plötzliche Auftauchen von Frank Carden, wie der von Freeman gespielte Killer tatsächlich heißt, bringt sofort den gesamten Polizeiapparat bis zu höchsten Stellen in Washington in Aufruhr. Sofort wird ein Trupp bereitgestellt, die ihn mit dem Auto nach Washington überführen sollen, aber Carden kann noch seinem Team Bescheid sagen, um so seine Befreiung zu veranlassen.
Allein die Analyse des Zustandekommens dieser Plotsituation, die den dann anschließenden Konflikt erst ermöglicht, zeigt deutlich die an C-Picture erinnernde Qualität der Story. Zufälle sind immer ein probates Mittel, um Abläufe aus der Bahn zu werfen, aber man kann sich ein wenig Mühe geben, diese auch schlüssig zu vermitteln. So gibt es für den Unfall keine wirkliche Erklärung, da Carden keineswegs gestresst oder zumindest in Eile wirkte - er passierte einfach so. Damit die Pyromanen unter den Technikern etwas zu tun hatten, kracht es dabei auch schön und der Unfallgegner geht in Flammen auf - nur Carden ist zwar bewußtlos, überlebt den Unfall aber so unverletzt, daß er kurz danach als über 60jähriger tagelang problemlos im Gebirge herumkraxeln kann.
Und die Szene, in der er teilweise ans Krankenbett gefesselt der Krankenschwester unbemerkt das Handy aus der Tasche stiehlt, um sein Team zu informieren ,ist geradezu lächerlich. Nicht nur das Handys im Krankenhaus streng verboten sind und die Krankenschwester nichts davon bemerkt, auch der Fakt, daß man zwar ständig ein paar Mann zur Bewachung an seiner Seite läßt, die dann aber sein Telefonat nicht mitkriegen, ist völlig an den Haaren herbeigezogen.
Es kommt, wie es in diesem völlig konstruierten Werk kommen muß. Cardens Team überfällt den Gefangenentransport, kann aber nicht verhindern ,daß der Wagen über einen Hang hinunter in den Gebirgsbach rollt. Carden kann sich gemeinsam mit dem angeschossenen Polizisten, dem er per Handschelle verbunden ist, aus dem Auto befreien, wird aber flussabwärts getrieben. Die inzwischen dort wandernden Ray und Chris sehen die im Fluß Treibenden und holen sie raus. Der Polizist kann noch gerade so lange leben, um Ray darüber aufzuklären, daß es sich bei Carden um einen Verbrecher handelt, dann stirbt er. Jetzt haben Ray und Chris den Killer am Hals, dessen Team, daß kaltblütig jeden Zeugen tötet, auf den Fersen und unwegsames Gelände vor sich.
Trotz der klischeehaften und wenig ausgestalteten Charaktere, der konstruierten Story und der teilweise hanebüchenen Logikfehler, hätte man aus "Contract" mit dieser Ausgangssituation noch einen ordentlich adrenalin verströmenden Action-Thriller machen können. Die Wälder sind dicht und dunkel, das Wetter wird schlechter, die Killer sind skrupellose, schwerbewaffnete Profis und Vater und Sohn haben den Oberprofi am Hals - wen interessieren da noch Charakterisierungen und Logikfehler ? - Dazu hat der Film mit Cusack und Freeman zwei charismatische Hauptdarsteller, die schon allein mit intelligenten, konfliktreichen Dialogen überzeugen könnten.
Das "Contract" daraus nichts macht, ist der größte Schwachpunkt des Films. Denn trotz der immer mal vorkommenden Schießereien und auch tödlich endenden Konflikte, verströmt der Film keinerlei Spannung. Kaltblütig erschossen werden immer nur unbekannte Charaktere und Personen, die dick "Bauernopfer" auf der Stirn stehen haben. Sobald mal einer der Protagonisten ins Visier kommt, kommt immer eine kleine Windböe auf, scheint dem Killer Licht ins Gesicht und ähnlich "zufällige" Ereignisse.
Die Verfolgungsjagd durch die Wälder erinnert dadurch eher an "Räuber und Gendarm"-Spiele, wenn auch hier mit umgekehrten Vorzeichen. Weder spürt man bei den Flüchtenden Panik oder Ängste, die sie zur Eile antreiben würden, noch merkt man den Verfolgern eine besondere Hast an. Auch Cusack bleibt merkwürdig blass, ohne Wortwitz und Esprit. Einzig Morgan Freeman ist überzeugend als geheimnisvoller Killer, der trotzdem noch über eine moralische Haltung verfügt. Doch der Konflikt zwischen den beiden Protagonisten gibt nicht viel her, schon gar nicht als eine gehemnisvolle Staatsanwältin ,Cardens Tötung durch Einen der vier Teammitglieder befiehlt. Dadurch wird Carden selbst zum Verfolgten und der Gemeinsamkeit zwischen den Hauptdarstellern steht nichts mehr im Wege - der frühe Mord an dem unschuldigen Mann ist da schon fast vergessen...
Doch trotz dieser gesamten Schwächen könnte der Film immer noch als durchschnittlicher Actionfilm durchgehen, wenn er wüßte was er wollte. So gibt er sich zum Einen ernst und dramatisch, in dem er dem Ganzen einen paranoiden Überbau gibt, mit durch den amerikanischen Staat gelenkten Morden, einem FBI, daß auch vor Kindestötung nicht zurückschreckt und einem im Raum stehenden Attentat auf den Präsidenten. Andererseits ist er fast comicartig unwirklich und komisch, so als drei Teammitglieder mit dem Hubschrauber abstürzen, mit Karacho dabei jeden Baumwipfel mitnehmen und den Hubschrauber in seine Einzelteile zerlegen. Danach aber mit einem lockeren Spruch auf den Lippen völlig unversehrt aussteigen, als wären sie gerade mit der U-Bahn angekommen. Und die Nummer mit dem Love-Interest für Cusack, deren unsympathischer und (wie später heraus kommt) ehemaliger Lover mal schnell beseitigt wird, stammt aus der trivialsten Mottenkiste.
Als Betrachter dieses C-Machwerks bleibt nur das Erstaunen zurück, daß man sich tatsächlich bei diesem uneinheitlichen, vorhersehbaren, teilweise menschenverachtenden und ohne jegliche charakterliche Tiefe gekennzeichneten Film leidlich unterhält. Irgendwie hat dieses Sammelsurium an zu vielen Ideen, die man alle schon woanders besser gesehen hat, etwas Faszinierendes - allerdings nur beim ersten Mal.
Fazit: Zwischen C- und B-Picture angesiedelter seelenlos konstruierter Actionfilm, dessen schöne Optik und teilweise guten Darsteller auch nichts mehr bewirken können. Man fragt sich ernsthaft, warum so rennomierte Mimen wie Cusack und Freeman bei einem solchen Machwerk mitmachen, dessen einzige Faszination im gnadenlosen Räubern verschiedenster Plottwists liegt, deren verquere zwischen Slapstick und paranoidem Verschwörungsdrama zusammengesetzte Anordnung, eine gewisse neugierige Faszination erzeugen kann.
Oberflächlich betrachtet für eine sehr geistlose Unterhaltung geeignet, aber nicht empfehlenswert(4/10).