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Der sich „Zodiac“ nennende Serienmörder verrichtete sein feiges, unheilvolles Werk Ende der 1960er in den USA und nahm Kontakt zur Presse auf, schickte kryptische Botschaften und behauptete, weit mehr als die ihm offiziell zugeordneten Opfer zu verantworten zu haben. Dass der Täter nie gefasst wurde und seine Identität bis heute unbekannt ist, verursachte eines von so vielen US-amerikanischen Traumata, geht doch seither die Angst um, Privatpersonen besäßen durchaus die Chance, mit zigfachem eiskaltem Mord durchzukommen. Dieser Fall beschäftigte auch manch Filmemacher. Don Siegels Polizeifilm- und Selbstjustiz-Klassiker „Dirty Harry“ mit Clint Eastwood in der Hauptrolle erschien 1971 und war vom Zodiac-Killer inspiriert. Im gleichen Jahr wurde mit „The Zodiac Killer“ die erste halb- oder pseudodokumentarische Verfilmung veröffentlicht, offenbar eine niedrigst budgetierte Schnellschussproduktion. 2005 floppte dann Alexander Bulkleys „Der Zodiac Killer“ massivst an der Kinokasse, was US-Ausnahmeregisseur David Fincher, der mit Filmen wie „Sieben“ und „Fight Club“ in den 1990ern Kinogeschichte schrieb, nach seinem für seine Verhältnisse überraschend konventionell ausgefallenen „Panic Room“ mit Jodie Foster nicht davon abhielt, zwei Jahre später mit „Zodiac – Die Spur des Killers“ aufzuwarten. Finchers Film basiert auf den (mir unbekannten) Romanen „Zodiac“ und „Zodiac Unmasked“ von Robert Graysmith, der im Film von Jake Gyllenhaal („Donnie Darko“) gespielt wird.

Der explizit auf die wahren Hintergründe hinweisende Film startet mit einem Prolog am 4. Juli 1969, bevor er vier Wochen später mit der eigentlichen Handlung beginnt: „Zodiac“ kontaktiert nach einigen Morden die Presse mit verschlüsselten Botschaften, die schnell entschlüsselt werden. Die Inspektoren Toschi (Mark Ruffalo, „The Dentist“) und Armstrong (Anthony Edwards, „Die Rache der Eierköpfe“) kommen dennoch nur schleppend mit ihren Ermittlungen voran. Es gibt Spuren, die letztlich im Sande verlaufen, es gibt einen Schwerverdächtigen, dem jedoch nichts nachgewiesen werden kann – und es gibt Widersprüche, die sich auftun, je tiefer man gräbt. „Zodiac“ führt derweil Polizei und Öffentlichkeit an der Nase herum. Journalist Avery (Robert Downey jr., „Natural Born Killers“) avanciert zum Presse-Ansprechpartner für „Zodiac“; Zeitungs-Karikaturist Graysmith entwickelt ebenfalls ein ausgeprägtes Interesse an diesem Fall und vertieft sich in eigene Ermittlungen. Nach Jahren ohne einen wirklichen Ermittlungserfolg haben Armstrong und Toschi längst ihren Dienst quittiert, ist Avery ausgebrannt und der Alkohol-/Drogensucht verfallen, doch Graysmith nach wie vor Feuer und Flamme, obwohl er die Beziehung zu seiner Frau und schließlich sich und seine Familie gefährdet...

„Nicht so schnell, Dirty Harry!“

„Zodiac – Die Spur des Killers“ ist sozusagen ein „Anti-Thriller“, der die Regeln, nach denen ein Thriller gemeinhin funktioniert, quasi auf den Kopf stellt. Der nach jedem Szenenwechsel penibel Ort und Zeit angebende und dadurch seinen dokumentarischen Anspruch unterstreichende Film lässt eben nicht vorrangig die Schlinge um den Mörder immer enger werden, je mehr Ermittler mit fieberhaften Recherchen beschäftigt sind, sondern zeigt, wie die Luft für die vom Fall besessenen Inspektoren und Journalisten immer dünner weil, weil er immer größeren Besitz von ihrem Leben ergreift. „Zodiac“ lässt sich eben leider nicht in ein Raster pressen, nicht von Profilern genauestens charakterisieren, nicht wie ein logisches Puzzle nach und nach zu einem klaren Bild zusammenfügen. Immer dann, wenn man glaubt, man wäre soweit und wisse nun über ihn Bescheid, scheint sich das Blatt wieder zu wenden – was zermürbt und wahnsinnig macht. Dieser Gewichtung entsprechend finden die Auftritte des Killers eher untergeordnet statt, werden manche seiner Taten zwar erschreckend, jedoch nicht stilisiert oder ausgeschlachtet gezeigt. Die meist sachlich-distanzierte Handlung wirft mit einer Vielzahl von Namen um sich; durch alle Verbindungen durchzusteigen, erfordert viel Konzentration, zumal der Film mit seinen über zweieinhalb Stunden Laufzeit ohnehin nicht für eine kurze Aufmerksamkeitsspanne konzipiert wurde. Gut geschauspielert und mit augenscheinlich recht authentischem 1960er/-70er-Interieur versehen, erlaubt sich „Zodiac – Die Spur des Killers“ bisweilen gar eine nicht negativ ins Gewicht fallende komödiantische Note und protzt mit schönen Panoramen San Franciscos sowie atemberaubenden Luftaufnahmen der Golden-Gate-Bridge, als wolle Fincher beweisen, wozu eine HD-Digitalkamera fähig ist, die er statt analogem Material verwendete. Fincher lässt seine Protagonisten im Kino „Dirty Harry“ gucken und verarbeitet dadurch einerseits das Phänomen des kulturellen Einflusses des „Zodiacs“, verbeugt sich andererseits vor Siegels Klassiker. Interessant gestaltete er auch einen Vier-Jahres-Zeitsprung: Er lässt längere Zeit ein schwarzes Bild stehen und spielt Nachrichtenfetzen aus den vergangenen vier Jahren ein.

Weiß man von vornherein, dass einen ein gegen den Strich gebürsteter Thriller erwartet, wird man weniger vor den Kopf gestoßen als ein Publikum, das einen nach bekannten Regeln agierenden Spielfilm erwartet. Fincher gelingt es über weite Strecken, trotz dieser geänderten Voraussetzungen eine durchaus spannende Dramaturgie zu entwickeln, sofern man Freude an Details sowie an Indizien-Beweisführungen und den mit ihnen einhergehenden Problemen hat, die der Film aufzeigt und seine Charaktere an ihnen zerbrechen lässt. Ein gewisses Interesse am realen „Zodiac“-Fall kann natürlichen auch nicht schaden. Wer klassische Krimi-, Thriller- oder Actionkost erwartet, wird sich jedoch vermutlich mit „Zodiac – Die Spur des Killers“ und seinem unbefriedigenden, weil keine Katharsis erlaubenden Ende – Texteinblendungen beschreiben, was noch alles geschah und eben, dass „Zodiac“ nie gefasst wurde – schwertun. Ein jeder aufmerksamer Zuschauer dürfte sich indes in jedem Falle fragen, wie es sein kann, dass Arthur Leigh Allen (John Carroll Lynch, „Shutter Island“) gleich mehrfach als Hauptverdächtiger präsentiert wird, gegen den quasi alle Indizien sprechen, den jedoch eine posthume DNA-Analyse „freisprach“. Dies liegt daran, dass Fincher sich an Graysmith' Büchern orientierte und damit nicht zwingend an einer objektiven Quelle. Graysmith' Bücher waren es anscheinend, die sich sehr auf Allen als Täter versteiften. Und anscheinend verfügen diese über einen derart hohen Anteil an Fiktion, dass das, was einem hier im dokumentarischen Stil und unter Verzicht auf Genre-Regeln als authentische Aufarbeitung verkauft werden soll, als solche nicht mehr guten Gewissens bezeichnet werden kann. Fragwürdig erscheint mir auch, wem damit geholfen sein soll, auf einen anscheinend dann doch Unschuldigen auf diese Weise erneut den Verdacht zu lenken (um ihn dann am Ende durch Texteinblendungen wieder zu entlasten). Somit ist „Zodiac – Die Spur des Killers“ doch in erster Linie als Unterhaltungskino zu betrachten, dessen komplizierte Erzählweise dann fragwürdig erscheint.

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