“Sieben” (1995), “The Game” (1997), “Fight Club” (1999) - nach 3 meisterhaften Filmen durfte man sich ernsthaft fragen, wie lange David Fincher diese Qualität noch halten kann. Mit dem zwar guten, aber nicht genialen “Panic Room” (2002) setzte die Erfolgsgeschichte dann kurz aus - diese “Flaute” hielt jedoch nicht lange an: Im Jahr 2007 legte Fincher mit “Zodiac” einen auf Tatsachen basierenden Krimi vor, der allen voran aufgrund seiner unerwarteten Machart an Klasse gewinnt.
Ende der 60er Jahre mordet sich ein Serienkiller scheinbar wahllos durch den Westen der USA. Der Fall des selbstbetitelten Zodiac-Killers wird von den Polizisten Dave Toschi (Mark Ruffalo) und Bill Armstrong (Anthony Edwards) bearbeitet. Deren Ermittlungen werden nicht unwesentlich dadurch beeinflusst, dass sich der Zodiac mit Vorliebe an die lokalen Zeitungen wendet und sich so zunehmend zum medialen Monster entwickelt. Ebenfalls darunter zu leiden haben der Reporter Paul Avery (Robert Downey Jr.), welcher selbst in die Schusslinie des Killers gerät, sowie der Karikaturist Robert Graysmith (Jake Gyllenhaal), welcher eine schwerwiegende Obsession für die Aufklärung der Verbrechen entwickelt. Das Leben all dieser Menschen soll in den nächsten Jahren von den Taten des Zodiac-Killers geprägt sein…
Über 2 ½ Stunden: In dieser epischen Länge erzählt Fincher nicht etwa die Geschichte des Zodiac, sondern viel mehr die der Ermittler und Zeitungsmitarbeiter. Der Killer selbst bleibt den Film über ein Gespenst, ein gesichtsloses Phantom, das abgesehen von einer handvoll prägnanten Mordszenen nicht weiter in Erscheinung tritt. Ist der Zodiac nun ein Idiot, oder doch ein perfekt durchgeplanter Killer? Was sind seine Motive? Und wer ist schlussendlich der Täter? Der Zuschauer erhält genauso wenig wie die Ermittler ein klares Profil des Mörders - was auch gar nicht nötig ist, da nicht die Ergebnisse selbst, sondern die verbissene Suche nach eben jenen das zentrale Thema darstellt.
Mit penibelster Genauigkeit werden die sich über mehrere Jahre erstreckenden Ermittlungsarbeiten bis in kleinste Detail nachgestellt. Der sehr dialoglastige Film erhält dadurch ein gedrosseltes Tempo, dürfte für den ein oder anderen gar zu langsam und trocken wirken. Der riesige Schwall an Informationen über Indizien, Hinweise und Verdächtige erfordert zudem eine durchgehend hohe Konzentration, um der Handlung folgen zu können. Wer das nötige Interesse sowie die Aufmerksamkeit aufzubringen vermag, wird jedoch mit einem zutiefst atmosphärischen sowie klasse gespielten und ausgestatteten Krimi belohnt.
Im Mittelpunkt des Geschehens stehen dabei Mark Ruffalos Polizist sowie der von Jake Gyllenhaal verkörperte Karikaturist. Beide verleihen ihren Figuren das nötige Maß an Entschlossenheit, welche später die Grenze zur zwanghaften Abhängigkeit überschreitet. Das mit der Sucht verbundene Leiden kommt drehbuchbedingt allen voran bei Gyllenhaal gut zur Geltung. Bei den zahlreichen Nebencharakteren sticht ganz klar Robert Downey Jr. heraus, der seinen trinkenden Reporter mit Hingabe spielt.
Bei all der Ruhe in der Erzählung lässt sich schon vermuten, dass Fincher hier weder eine deutliche Bildsprache und Farbgebung wie in “Sieben” noch einen hyperaktiven Bilderrausch wie in “Fight Club” abliefern kann bzw. will. Stattdessen setzt er auf eine präzise und größtenteils schnörkellose Regie, die sich dem beinahe schon dokumentarischen Grundton des Films anpasst. Gerade die Mordszenen profitieren von diesem reduzierten Stil; wenn der Zodiac bspw. bei starrer Kamera und ohne jegliche stimmungsmachende Musik auf seine Opfer einsticht, wirkt dies durch seine Klarheit viel verstörender, als es mithilfe gewöhnlicher, neumodischer Regiestandards möglich gewesen wäre. Dennoch verziert Fincher hin und wieder seinen Film mit ein paar schönen inszenatorischen Kniffen, die sich allen voran in Form von extremen und ungewohnten Kamerawinkeln und -fahrten äußern.
Fazit: Fincher rekonstruiert auf geniale Weise die ausufernden Ermittlungsarbeiten eines bis heute ungeklärten Falls. Der ruhige Ton des Films führt zu einer sehr detaillierten Betrachtung der Ereignisse, die sich allen voran auf die ermittelnden Parteien konzentriert. Eben jene werden durch Ruffalo und Gyllenhaal gekonnt dargestellt. Kein Film für einen launigen Abend - wer jedoch die nötige Zeit und Mühe mitbringt, den erwartet ein atmosphärisches Meisterwerk.
10/10