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David Fincher ist ganz klar ein überdurchschnittlicher Regisseur. Immerhin hat er es geschafft, in seinem Werk bisher ausschließlich gute Filme und überragende Filme zu erschaffen. Das Problem ist einfach, dass man ihn sicherlich an den überragenden Filmen misst, die dann die guten Produktionen in den Schatten stellen. „Sieben“ und „Fight Club“ sind zweifellos die absolut überragenden Produktionen, die dann Finchers andere Filme, wie „The Game“ oder „Panic Room“ überstrahlen. Wenn man nun „Zodiac“ in das Schaffen Finchers einordnet, merkt man schnell, dass man es mit einer der guten Produktionen zu tun hat, die leider nicht, wie ein monumentaler Eisberg aus seinem Oeuvre ragt.

„Zodiac“ basiert auf einem wahren Kriminalfall, in dem ein Serienkiller die amerikanische Polizei, die Presse und die Öffentlichkeit an der Nase herumgeführt hat. Scheinbar wahllose Morde wurden begangen, angekündigt und dubiose Rätsel an die Presse verschickt. Der Thriller hält sich an die Aufzeichnungen des Journalisten Graysmith (Jake Gyllenhall), der zudem den Film als Hauptperson anführt. Fincher standen für „Zodiac“ viele interessante Fakten zur Verfügung. Das Hauptproblem bestand darin, die ganzen Fakten zu einem interessanten Film zusammenzufügen, der immerhin einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren zu überbrücken hat. Fincher arbeitet genau. Im Stile eines Dokumentarfilmes reiht er Situationen aneinander, die immer durch eine Einblendung in den zeitlichen und geographischen Kontext gesetzt werden. Dies hat zur Folge, dass einer ca. 20-sekündigen Einstellung die nächste folgt, die wieder 3 Jahre später spielt. Fincher ist hoch anzurechnen, dass er aus diesen fragmentarischen Puzzlestücken einen zusammenhängenden Thriller erschaffen hat. Allerdings ist der Zuschauer aufgrund der Länge und der Faktenvielfalt leicht überfordert. An einigen Stellen wünscht man sich, dass der Film schneller voranschreitet. Dies hätte sicherlich eine Reduktion an Präzision und Gewissenhaftigkeit zur Konsequenz gehabt, wäre aber dem filmischen Rhythmus zugute gekommen. Fincher entschied sich für eine detailgetreue Rekonstruktion des Falles. Dies ist natürlich zu respektieren. Dass er mit diesem Unterfangen nicht Schiffbruch erleidet liegt zu einem großen Teil an den vorzüglichen Darstellern, die sich realen Vorbildern anpassen mussten.

An erster Stelle ist dabei Jake Gyllenhall hervorzuheben, der eine wunderbar differenzierte Leistung bietet. Anfangs ein schüchterner Cartoonist bei der Zeitung, entwickelt er immer mehr Leidenschaft für den Fall, die letztlich für dessen Klärung sorgt. Dabei schafft es Gyllenhall eine Darbietung abzuliefern, die nie aufdringlich, aber dennoch erinnerungswürdig ist. Robert Downey jr. geht da einen ganz anderen Weg. Seine Figur arbeitet ebenfalls bei der Zeitung und ist ein großmäuliger Lebemann mit Herz und (gar nicht mal so) kleinen Fehlern. Dabei vereint er einige lakonische Sprüche und lockert mit diesen die Handlung schön auf. Zwar hat man Downey jr. schon oft in ähnlichen Rollen gesehen, aber wohl gerade deshalb ist er wohl die ideale Besetzung des Journalisten Avery. Insgesamt betrachtet ist „Zodiac“ absolut hochklassig besetzt. Auch die weiteren Darsteller können vollkommen überzeugen. Neben den beiden Polizisten Anthony Edwards und Mark Ruffalo, die absolut glaubwürdige Leistungen weitab von irgendwelchen Cop-Klischees abliefern, gibt es zudem viele Darsteller in kleinen Nebenrollen, die man zumindest vom Sehen her kennt. Ständig hat man als Zuschauer einen „aha“-Effekt. Auch dies trägt dazu bei, dass der Film fast über die gesamte Spielzeit die Spannung halten kann.

Auch inszenatorisch kann „Zodiac“ überzeugen. Dass Fincher sein Handwerk versteht, hat er ja schon oft bewiesen. Andere Regisseure hätten sich an dem Projekt wohl schwer verhoben, Fincher umgeht dies, indem er immer wieder interessante Details einbaut. So ist z.B. die Montage wunderschön, in der Fincher die gezeichneten Rätsel des Zodiac-Killers mit einer Realfilmmontage verbindet. Diese Szenen sind es, die es dem Zuschauer leichter machen den Faktenoverkill des Filmes zu überstehen. Obwohl das Vorbild ein realer Fall ist, erschafft Fincher immer wieder unheimliche Momente, die den Zuschauer zum Einen bei der Stange halten und auf die falsche Fährte führen. Neben den beschriebenen Momenten und der kunstvollen Montage stehen bei „Zodiac“ die Darsteller im Vordergrund. Dementsprechend nimmt sich Fincher mit Ausnahme der oben erwähnten Szenen zurück. Zwar hat man als Zuschauer nie wirklich das Gefühl einem wirklichen Dokumentarfilm zu folgen, doch manche Einstellungen sind so „einfach“ und „simpel“, wie man es aus Dukumentationen gewohnt ist. Mit diesem Tanz auf der Rasierklinge zwischen kunstvoller Montage und zurückhaltender sowie zweckmäßiger Inszenierung erschafft Fincher eine der Thematik absolut angemessene Atmosphäre.

Wie es aussieht, wenn ein Regisseur sich des Zodiac-Falles als Vorbild für einen Actionkrimi annimmt, hat man in „Dirty Harry“ gesehen. Passenderweise wird auf diesen Klassiker des Thrillers auch in „Zodiac“ Bezug genommen. Fincher hatte mit „Zodiac“ allerdings mehr vor. Ziel war es den Fall möglichst detailgetreu zu rekonstruieren und dem Zuschauer näherzubringen. Unter dieser Prämisse ist ihm dies sehr gut gelungen. Aus rein filmsicher Hinsicht, hätte es dem Film gutgetan, die Story zugunsten erhöhter Übersichtlichkeit und Dynamik zu verfälschen. Fincher ist es hoch anzurechnen, dass er trotz der hohen Anzahl an Informationen, die er unterbringt, immer noch einen unterhaltsamen Film geschaffen hat. Wie schon oben beschrieben, wäre aus diesem ehrgeizigen Projekt unter anderen Regisseuren ein wohl unkonsumierbarer Brocken Zelluloid geworden. Dafür ist Fincher, wie eingangs beschrieben ein überdurchschnittlicher Regisseur, dessen Schaffen insgesamt weit über dem üblichen Hollywood-Durchschnitt liegt. Gemessen an seinen Highlights ist „Zodiac“ allerdings nur durchschnittlich... Alles klar?

Fazit:

7 / 10

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