1888: Das Auffinden der toten Prostituierten Polly Nichols in dem heruntergekommenen Londoner Slum-Viertel Whitechapel ist nur der Auftakt für eine beispiellose Mordserie, die die ganze Stadt in Aufruhr versetzen wird. Die Journalistin Josephine Butler, eine der wenigen emanzipierten Frauen ihrer Zeit, übernimmt die Berichterstattung in dem Fall, der Scotland Yard eine ganz schön harte Nuss zu knacken gibt, denn "Jack the Ripper" scheint gewitzter zu sein als seine Verfolger. Catherine Winwood, die Nichte des angesehenen Arztes Malcolm Mead, hat ebenfalls berufliche Ambitionen, die über ein Dasein als Hausfrau hinausgehen, und heuert bei Josephines Zeitung an. Je weiter sie in die "Jack the Ripper"-Morde involviert wird, desto mehr leidet darunter ihr Privatleben mit ihrem Verlobten, dem Arzt Jonathan. Als sich der Verdacht erhärtet, dass es sich bei dem Killer ebenfalls um einen Chirurgen handelt, schwant Catherine Schlimmes... Im Grunde genommen handelt es sich bei "Jack the Ripper lebt" lediglich um die weiß-der-Geier-wievielte filmische Aufarbeitung des Ripper-Mythos in B-Movie-Form, der für findige Drehbuch-Schreiberlinge augenscheinlich immer noch genügend Stoff hergibt, um daraus eine gepflegte Slasher-Story zu basteln... doch bei genauerer Betrachtung dürften einem einige originelle Details innerhalb der Geschichte ins Auge springen, die William Tannens Film ein wenig von der inhaltsgleichen Konkurrenz abheben und beinahe schon richtig sehenswert erscheinen lassen: Eine gewisse beachtenswerte, sozialkritische Note erhält das Ganze nämlich schon ganz einfach dadurch, dass die bekannten Eckpunkte der Ripper-Mordserie sowie die polizeilichen Ermittlungen dieses Mal aus der Erzähl-Perspektive der Reporterinnen Catherine Winwood und Josephine Butler geschildert werden und der Zuschauer auf diese Weise einen fast schon proto-feministischen Blick auf das Geschehen werfen kann, was dem Streifen zwischen x anderen Ripper-Thrillern durchaus als Alleinstellungsmerkmal taugt. Genau das rettet "Jack the Ripper lebt" (der im Original übrigens viel poetischer und passender "Love Lies Bleeding" betitelt ist) dann auch über das nur unzureichend eingefangene Zeit- und Lokalkolorit eines Londons des ausgehenden 19. Jahrhunderts hinweg, das von den tschechischen Drehorten allenfalls zwiespältig gedoubelt wird. Nun ja, immerhin kann man William Tannen aber zugestehen, die Angelegenheit besser gehändelt zu haben als seinen 1988er-Genre-Zwitter "Hero - Der Supercop", der ja als unentschlossenes Mittelding aus Actionfilm und Serienkiller-Streifen mit Slasher-Touch viel zu sehr auf seinen Star Chuck Norris zugeschnitten gewesen ist und darüber vergessen hatte, die Spannung ein wenig zu forcieren. Mit seinen blutigen Morden und einigen splatterigen Moment-Aufnahmen, die da fast schon ein wenig aus dem Rahmen fallen, geht "Jack the Ripper lebt" dagegen schon sehr viel stärker in Richtung harter Horror, was ihm nicht schlecht zu Gesicht steht. Den realistischeren Grusel-Effekt birgt da jedoch die ausführliche Schilderung des damaligen Mediziner-Alltags in einem Londoner Hospital inklusive so mancher kruder Behandlungs-Methode. Ach ja, dass das recht niederschmetternde Ende da sogar noch mit einem Aha-Moment aufwartet, wenn da schlussendlich doch nicht derjenige als Killer entlarvt wird, den man beim Blick auf die Besetzungsliste eigentlich die ganze Zeit über in Verdacht hatte, ist irgendwie schon nett... und alleine deswegen ist "Jack the Ripper lebt" bereits besser als der überkandidelte Hollywood-Blödsinn "From Hell" oder das 1997er-Fernsehfilmchen "Ripper - Der Schlitzer", auch wenn er die historisch verbürgten Fakten ja ebenso nach eigenem Gutdünken verwurschtelt und dadurch gerade mal einen rein fiktionalen Anspruch erheben kann. Fazit: Stößt weder Bob Clarks "Mord an der Themse", noch den britischen TV-Zweiteiler "Jack the Ripper - Das Ungeheuer von London" mit Michael Caine oder Jess Francos "Jack the Ripper - Der Dirnenmörder von London" mit dem bekloppten Klaus Kinski (in dieser Reihenfolge) vom Treppchen aller Ripper-Streifen, ist aber gutes Beiprogramm!
6/10