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Kurz vor Ausbruch der sexuellen Revolution debütierte der in Mannheim geborene Regisseur Roger Fritz, der dem Neuen Deutschen Film zugerechnet werden kann, mit dem Liebesdrama „Mädchen Mädchen“ nach einem Drehbuch Eckhart Schmidts, das im Januar 1967 in die westdeutschen Kinos kam.

Der minderjährige Backfisch Andrea (Helga Anders, „Das Rasthaus der grausamen Puppen“) hatte eine Affäre mit ihrem Chef (Hellmut Lange, „Im Nest der gelben Viper“), einem Fabrikbesitzer, woraufhin sie ins Erziehungsheim und er ins Gefängnis gesteckt wurde. Einige Tage vor dessen Entlassung befindet sich Andrea bereits wieder auf freiem Fuß und lernt alsbald den Sohn (Jürgen Jung, „Bübchen“) ihres Liebhabers kennen. Beide verlieben sich ineinander…

Nach einer den Film eröffnenden Texteinblendung des sexuellen Missbrauchsparagraphen wird man Zeuge der Annäherungen zwischen den jungen Menschen und ihren daraus resultierenden Versuchen, so etwas wie eine Beziehung miteinander aufzubauen. Fritz und Schmidt wählten dafür solch kontrastreiche Handlungsorte wie graue Fabrikanlagen, Naturidylle und eine Münchener Discothek. Andrea erweckt dabei den Eindruck eines orientierungslosen, jedoch charakterlich weitestgehend unverdorbenen Findelkinds aus prekären familiären Verhältnissen, während ihr Freund aufgrund ihrer Affäre mit seinem Vater von innerer Wut und Zweifeln geplagt ist.

Die Liebesszenen sind mitnichten aufreizend oder gar sexploitativ umgesetzt worden, sondern mit einem ausgeprägten Sinn für geschmackvolle Bildästhetik. Mehrmals lässt sich der Film Zeit für schwelgerische Szenen jugendlicher Unbekümmertheit in malerischem Ambiente. Ein gutes Ende nimmt die Geschichte jedoch nicht, denn nach der Haftentlassung des Fabrikchefs fügt sich sein Sohn seiner Autorität und ordnet sich ihm wieder unter. Unter diesen Umständen hat die Beziehung zwischen Andrea und dem Junior keine Zukunft. Die Haushälterin (Renate Grosser, „Eine hübscher als die andere“), die das „Eindringen“ Andreas in die Familie von vornherein argwöhnisch betrachtet hatte und ihre Rolle als Frau des Hauses in allen erdenklichen Rollen für beide Männer gefährdet sah, freut sich über die Wiederherstellung des Status quo, über dessen Hüterin sie zu werden scheint, wenn sie grinsend am Ende die Türe schließt.

Der vollkommen unaufgeregt erzählte „Mädchen Mädchen“ ist aus heutiger Sicht langatmig und unspektakulär inszeniert, zudem noch in Schwarzweiß, seine Spannungsversprechen bzw. vielmehr dramaturgischen Suggestionen hinsichtlich einer expressiven Eskalation bleiben uneingelöst. Er entwirft aber ein Sittenbild der damaligen konservativen Gesellschaft, deutet einen Generationskonflikt an bzw. kritisiert dessen Ausbleiben und thematisiert familiäre, patriarchale Zwänge. Ferner wirkt sein Inhalt wie eine Parabel auf die Klassengesellschaft, wenn die vermögende obere Mittel- oder Oberschicht in Person des Vaters die unterprivilegierte Unterschicht in Person Andreas ausnutzt und deren sich in der Entwicklung begriffenes Aufstreben und die damit einhergehende Einflussnahme auf den eigenen Herrschaftsbereich unterbindet. Die angestellte Haushälterin wird dabei zur Klassenverräterin, da sie mit dafür sorgt, dass alles so bleibt und sich in ihre Rolle einfügt, sich mit ihr zufrieden gibt, statt sich mit Andrea und dem, was sie verkörpert oder symbolisiert, zu solidarisieren. Fritz und Schmidt zeichnen damit ein Gesellschaftsbild, das zurecht kurz darauf erschüttert und kräftig durchgerüttelt wurde

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