Review

Ist er krank? Er sieht nicht gut aus.

Späte, vielleicht oder eher höchstwahrscheinlich zu spät gesetzte Wiederauferstehung bzw. bemühter Wiederaufbau der Olsenbande, die genau 30 Jahre zuvor ihren ersten (verfilmten, und damit gezeigten) Coup versucht haben und die nächsten zwei Dezennien dann auch regelmäßig für (das dänische) Volk und Vaterland unterwegs waren; und bis heute gleich mehrere der erfolgreichsten einheimischen Produktionen an der Kinokasse stellen:

Nach 17 Jahren im Institut für Theoretische Kriminalität, einer psychiatrischen Einrichtung für unheilbar kriminelle Personen untergebracht, wird Egon Olsen [ Ove Sprogøe ] zu einer Talkshow eingeladen, in der eine Psychologin mit ihm ein Gespräch vor laufender Kameras führen will; Olsen nutzt die einmalige Chance aber zum Entkommen, und im Bildschirm auch von seinen früheren Kumpanen Benny Frandsen [ Morten Grunwald ] und Kjeld Jensen [ Poul Bundgaard ] auch erkannt, wird er auf der Flucht auch von diesen 'eingefangen'. Allerdings wurde er auch im TV auch von Abteilungsleiter Hallandsen [ Bjørn Watt Boolsen ] vom Justizministerium gesehen, der seinen Expeditionssekretär Holm-Hansen [ Henrik Koefoed ] beauftragt, den Mann für einen ganz speziellen Auftrag ausfindig zu machen. Detektivassistent Jensen [ Axel Strøbye ] und Polizeiassistent Holm [ Ole Ernst ] sind bald ebenso unfreiwillig involviert.

Es gab Gründe, zwischendrin aufhören zu wollen und mit Der (voraussichtlich) letzte Streich der Olsenbande (1974) zu spielen, und es gab damals auch gute Gründe weiter zu machen, wurde die Nachfrage nach mehr Abenteuern innerlandes und auch im Ausland nicht kleiner, zusätzlich gutes Geschäft durch norwegische, da relativ getreue Adaptionen (auch von diesem Fall, mit “Der letzte Angriff der Olsenbande", 1999) und freiere schwedische Anpassungen namens Jönssonligan, der in Stockholm wirtschaftenden Jönsson-Bande getätigt. Hinzu kam das ganze umliegende Marketing, Comics, Bildbänder, Prequels mit Kinderdarstellern, Animationsfilme usw., auch Werbespots, was 1996 (mit einem Kurzfilm für den Energiesparrat) den entscheidenden Ausschlag für ein weiteres Projekt war, ein tatsächlicher Abschluss des ursprünglichen schauspielerischen Trios inklusive der Kreativen dahinter, Balling & Bahs ist vielleicht und extra zum Jubiläum nur folgerichtig; zumal auch dieser 14. Film (von 630.000 Zuschauern) gesehen wurde, nur waren die Besprechungen nicht mehr ganz so gnädig, “aber Vorfreude ist ja auch etwas, nicht wahr?

Die eingängige Melodie, die ohrwurmartige Musik bekannt, die Bilder dazu erstmal nicht, kein Gefängnis, dass sich öffnet und einen Mann in seine sicherlich wohlverdiente Freiheit entlässt; bloß ein alter, abgenutzter roter Koffer mit vielen verblassenden Aufklebern und einem Schriftzug namens “Wanderberg“, der auf dem Rollband durchs Flughafengelände, an den auf ihr Gepäck wartenden Passagieren entlang fährt. Wie war das noch mit dem Ende vom vorletzten Film Die Olsenbande über alle Berge (1981), lang ist es her, die Erinnerung trüb, aber selig, mit Lücken und Schleiern, aber verklärt und verklärend, nostalgisch vor allem, nur nichts erklärend. Der Koffer gehört dem Justizministerium Kopenhagen, soweit die Neuigkeiten, der Erzähler hellt auf (bzw. er übersetzt), im Außenministerium Zentralarchiv landet er zumindest, das rote Schmuckstück, die beste Zeit längst hinter sich, viele Meilen aber getragen worden oder gefahren oder geflogen, nun ist man wieder in der Heimat, fast zumindest. Keine gute Nachricht ist das für manche, hielt man den Inhalt des Koffers doch für vernichtet, andere wiederum wissen noch nichts von deren Existenz oder Bedeutung, die Handlung dreht sich dann darum.

Manche der Darsteller sind jünger, sind frisch besetzt, saßen ursprünglich vielleicht selber im Kino oder vor dem Fernseher, manche, die Bekannten sind deutlich älter (und werden auch so eingesprochen), ein Skandal steht an, eine internationale Krise, eine globale Katastrophe steht bevor, das muss geändert werden, eine Beseitigung der Dokumente dringend notwendig und äußerst wichtig, es gehen erst die Amateure ran. Mit alten Methoden probiert man es hier, entsprechend ist das Ergebnis, ein erstes schnelles Scheitern, es werden die Profis, die Männer von “echtem Schrot und Korn“, das “alte Kroppzeug“ geholt. Bahs schreibt erneut, aber diesmal allein das Drehbuch, Balling macht nur die Beratung und einen Gastauftritt, eine neue Regieführung (durch den während der Dreharbeiten verstorbenen, durch u.a. Oh, diese Mieter mit Bahs und Balling bekannten Tom Hedegaard und die Übernahme durch Morten Arnfred) hier, ein schweres Erbe, ein Folgen von längst festgehaltenen Fußstapfen, man probiert es auch mit der Metaebene, ein Ausblick auf das Gelände der produzierenden Nordisk Film, ein Hauen auf die Illusion. Zum ersten und zum letzten Mal wird das Trio um Sprogøe, Grunwald, Bundgaard übrigens gleichzeitig genannt, sonst gab es eine Reihung, hier die längst verdiente Würdigung, wenn auch in allerletzter Beteiligung.

Manche kommen in stützender Begleitung aus dem Gefangenen/Krankentransport, Einer sitzt im Altersheim, im Rollstuhl gar, Einer muss tatsächlich noch arbeiten; im TV erzählt eine Psychologin etwas von Einsamkeit, Vergessensein und Verrat, macht das der Film mit seinem eigenen Publikum hier? Oder ist es ein Bedienen des Wunsches nach einem Wiedersehen, dass bloß anders ausfällt, als man es sich dies gedacht hat, der Mensch verändert sich, spätestens im Alter dann auch körperlich; aber siehe da, man bleibt ansonsten dieselben Leute, hier zumindest, und man macht sich auf den Weg, wieder zueinander zu finden. Abgeholt wird man demnach dennoch, Benny wartet, nicht vor dem Gefängnis, aber vor dem Filmstudio zumindest, auch Kjeld ist bald da, “Das kannst du glauben, Egon, du hast uns sehr gefehlt.“, wahre Worte, eingefangen (mit Absicht) aus der Ferne von der Kamera, erst später wird den Personen und Kulissen dichter gerückt, wird auch von fehlenden Figuren erzählt. Geschmollt wird auch ein bisschen, im Seniorenheim herrscht gar Gemütlichkeit, auch die Gebäude des Polizeipräsidiums und andere Schauplätze und Interieur bemüht sich wenigstens um Archaisches, darüber hinaus bleibt das Milieu weiterhin ärmlich, der Farbton vertraut, die Inszenierung hält sich gleichfalls zurück, man bebildert wie gewohnt und üblich, eine sexuell offensivere Szene etwas ungewohnt.

Flutscht doch gewaltig“ heißt es zwischendurch, zum Ende vom ersten Drittel hin, die Hälfte hat man fast geschafft, der Rest dann doch ein Kinderspiel, sollte man meinen; bisweilen hat man seine Aussetzer, dann wird wieder das eigene Dasein und die Wiederholung von Bekanntem gefeiert, eine seltsame Mischung, wie eine (normalerweise verdiente) Lobrede und Trauerrede bei der eigenen Beerdigung. Leicht hat man es als Dauergast der Filmreihe jedenfalls nicht, ein Abschied auf Raten, für neue Zuschauer ist es gleich gar nichts, zu alt die Pensionäre, zu groß die Referenzen, zu schlicht der Humor, in dem Fall wäre es eher so etwas wie ein Kriminalfilm, bzw. so etwas wie Der Scharfschütze (1976), zu nahe an der Realität.

Mittenbei arbeitet Egon dann doch wieder alleine, mit Ablenkung und Manipulation, geht es auch wieder gegen das eigene Land, ein Politikgewusel, wie früher schon, legale Verbrechen, ein unter den Teppich kehren, um Korruption und Leichen schaffen, um private Aufträge von staatlichen Stellen, von Alkohol im Dienst, von geheimen Fallen, von versteckten Kerkern, vom Entsorgen von Problemen, teilweise hausgemacht, vom “sozialverträglichen Frühableben“ wird gesprochen, und skrupellose Emporkömmlinge gibt es auch genug. Mittig ist man mal am Wasser, noch das schönste Bild des ganzen Filmes, eine kurze Erholungspause an der Marina, still ruht die See, die Sonne scheint, es wäre eine Szene zur Krönung. Doch das Skript von Bahs (welcher einige Ideen tatsächlich durch Lars von Trier bekam) steuert dann wieder einen Raubzug an, einen Einbruch in eine streng geheime, quasi semifuturistische Großanlage, mit Zubehör aus dem Haushaltsmarkt, plus Rückprojektionen aus der Mottenkiste, alles so wie gehabt und immer, mit einigen Ideen sogar, die selbst den Rollstuhl involvieren, und die Alterssenilität.









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