Ein anfangs noch recht atmosphärisches Stück Low-Budget Horror verliert sich nach gut einer Dreiviertelstunde in den üblichen Genrekonventionen und wird zu einer inhaltlich und dramaturgisch verquasten Standard-Monsterjagd, die den Film unbefriedigend werden läßt, den vollständigen Absturz aber dankbar vermeidet.
Man muß ja heute für einigermaßen einfallsreichen Horror im Kino ja dankbar sein und so bestätigt "Jeepers Creepers" seine Vorschußlorbeeren zumindest die erste halbe Stunde lang voll und ganz, wenn im Stile von "TCM" ein Geschwisterpärchen im grünen amerikanischen Hinterländle auf eine düstere Gestalt in einem monströsen Truck stoßen, der Leichen unterhalb einer verfallenen Kirche verklappt, weil er mit seinen Ideen auf jeder Innenarchitektenschule aufgefallen wäre. Nach längerer Abstinenz läßt sich Regisseur Victor Salva zu Beginn ausgiebig Zeit, um die Atmosphäre der verlassenen Gegend und die Morbidität der Situation auf den Zuschauer wirken zu lassen, um kurz vor der jeweiligen Entspannung flotte Schockmomente zu setzen, die einen im Sessel hüpfen lassen. Gleichzeitig kann man sich so richtig schön in die beiden (von Unbekannten dargestellten) Hauptdarsteller einfühlen, damit es nicht nur Abziehbilder bleiben.
Und während man noch im Kribbeln schwelgt, begeht Salva plötzlich einen Kardinalfehler nach dem anderen. Denn dramaturgisches Gespür stammt bei ihm aus der Mottenkiste alter Meister.
Wieder und wieder blockiert die verquere Gangschaltung, verharrt die Kamera auf den schreckgeweihten Augen der Protagonisten, zögert immer die entscheidenden fünf Sekunden zu lange und zerstört so den Horrorgehalt und verzieht so völlig Sequenzen, in denen ein wenig Action oder zumindest Geschwindigkeit nötig gewesen wäre. Plötzlich fällt die Lahmarschigkeit der Hauptcharaktere störend ins Gewicht und dabei soll es nicht bleiben, denn die Klischees kommen jetzt ganz dicke.
In einem Truck Stop regieren die geistig unterbelichteten Ami-Landeier, die Polizei glaubt mal wieder gar nichts, bis das Grauen sie in den Arsch beißt und die Aufklärung über den "Creeper" erfolgt durch eine halb durchgeknallte und für den weiteren Verlauf völlig unbrauchbare "Übersinnliche", die ihr Wissen um die Phasen des Creepers aus ihren Visionen hat. So möchte man mit einem "Jawoll!" auf den Tisch schlagen, wenn das Pärchen sie in Panik anschreit, ob sie nicht einmal was Produktives beisteuern möchte, daß ihnen weiterhilft, anstatt nur düstere Todesdrohungen auszustoßen.
Dementsprechend interessiert in der zweiten Hälfte bald auch nicht mehr, ob man das fiese Monster irgendwie vernichten kann, sondern nur die Frage, wer von den beiden Geschwistern denn am Ende dran glauben muß. Und die wird denn auch ohne Überraschungen abgearbeitet.
Ferner ist es natürlich nicht sonderlich geschickt, zunächst auf reichlich Atmosphäre zu bauen und den düsteren Riesen nur umrißhaft zu zeigen, um nach gut der Hälfte umzuschwenken und ihn komplett zu zeigen und das auch noch dauerhaft und mehrfach und immer wieder, bis es nur noch eine recht ordentlich gelungene Maske ist. So bleibt das Mystisch-Unheimliche natürlich auf der Strecke und wird so zu einer simplen und noch dazu uneffektiven Monsterjagd, bei dem sich die Beteiligten zwar nicht gerade ungeschickt anstellen, das Verhältnis aber dermaßen unausgewogen ist, daß sich Unzufriedenheit einstellt.
Das titelgebende Liedchen, ein Klassiker ohne Gleichen, ist übrigens für den Film nicht von Bedeutung, so schwach wird es in die Handlung eingebaut (es ist einfach das Lieblingslied des Creepers), daß es nur den Titel rechtfertigen sollte.
Deshalb gilt für "Jeepers Creepers", daß in dem Film eine Menge Talent erkennbar ist, man sich das nächste Mal jedoch für einen Stil entscheiden sollte, um ihn auch durchzuhalten, so daß es nicht zu einer gleichermaßen furchterregenden (kein Spoiler), wie lächerlichen (der "nackte" Creeper steigt von einer Art Barhocker) Schlußeinstellung kommen muß.
Übrigens ist so gut wie nichts hier innovativ, aber streckenweise immerhin inspiriert.
Ach so, und das schreit natürlich nach einer Fortsetzung. Will jemand wetten? (6/10)