Review

Und sie hätte doch den OSCAR verdient gehabt!

Handlung
Barbara Covett (die für den OSCAR nominierte Judi Dench) ist eine Geschichtslehrerin kurz vor dem Ruhestand, die von Schülern und Kollegen ob ihres Zynismus gefürchtet wird, aber aufgrund ihrer Erfahrung auch respektiert zu werden scheint.
Sie gibt von ihrem Privatleben wenig preis, sondern teilt dieses nur mit ihrer Katze und ihrem Tagebuch.
Ihr Gefühlsleben gerät aus der Bahn, als die neue Kunstlehrerin Sheba Hart (Cate Blanchett) an die Schule kommt.
Zuerst findet sie etliches an der Kollegin auszusetzen, so den Kleidungsstil oder die lockere Art.
Sheba erhofft sich eine Freundschaft auf kollegialer Basis, indem sie die Ältere recht freundlich behandelt und unbedarft zu sich nach Hause einlädt.
Die homoerotisch angehauchte Menschenfeindin Barbara missversteht diesen Zug jedoch und erhofft sich ihrerseits zumindest eine Schullandheimbeziehung.
Leider ist die Enttäuschung groß, als sie erkennen muss, dass Sheba mit einem zwanzig Jahre älteren Mann (Bill Nighy) verheiratet ist und zudem 2 Kinder hat – eine pubertierende 16-jährige Tochter und einen mit Down-Syndrom geborenen Sohn.
Sie gibt sich der Illusion hin, dass Sheba aus dem langweiligen Ehe- und Mutterleben ausbrechen wird, sobald sie nur die Richtige oder die richtige Gelegenheit findet.
Sheba will zwar mehr vom Leben, doch steht ihr der Sinn lieber nach dem 15-jährigen Steven, einer ihrer Schüler.
Barbara entdeckt diese Liaison, will jedoch schweigen, solange sich Sheba vom Bengel trennt.
Dabei hat sie den Hintergedanken, Sheba im Zweifelsfall erpressen zu können, falls diese nicht nach ihrer Liebespfeife tanzt.
Erst außer sich vor Freude, aber nicht in der Lage, die Gedankenwelt von frühreifen Knaben zu durchschauen, merkt Sheba dann, dass mit der maßlos enttäuschten Barbara nicht zu spaßen ist…

Kritik
Eines vorweg: Judi Dench spielt brillant und hätte den OSCAR für die beste Hauptdarstellerin verdient gehabt.
Zwar ist ein Teil ihres Charakters auch über den Kleidungsstil und das Aussehen auszumachen, der größere Teil wird aber über Mimik, Verhalten und nicht zuletzt die dem Zuschauer zu Gehör gebrachten Tagebucheinträge erkennbar gemacht.
Dabei kann man Einblick in eine Gedankenwelt bekommen, die Verständnis, aber auch Beklemmung weckt.
Man erlebt praktisch die Gefühlskette einer gescheiterten Beziehung aus erster Hand: Distanz – Interesse – Zuneigung – Hass.
Sollte man dieses Schema noch nicht am eigenen Leib erfahren haben, bekommt man es durch das Spiel von Judi Dench dennoch so glaubwürdig serviert, dass es keinen Anlass zum Zweifeln gibt.

Bei der Performance von Cate Blanchett ist dies aber durchaus der Fall:
Auch wenn nicht selten die Diskrepanz von Lebenswunsch und Lebensrealität ab einem bestimmten Punkt im Leben zu seltsamen Aktionen führt, nimmt man es der Kunstlehrerin nicht recht ab, dass ihr gerade dieses Jüngelchen den Kopf verdreht.
Andererseits zweifelt man sowieso etwas an den amourösen Entscheidungen der Frau, wenn man ihren Ehemann betrachtet:
Bill Nighy kann spielen, was er will, trotzdem erinnert er immer an den kaputten Altrocker aus „Still Crazy“.
Man muss Cate Blanchett zudem zu Gute halten, dass man ihre Gefühle und die Gefühle des Jungen nicht unmittelbar kennt, was bei der Alten durch die Tagebucheinträge sehr wohl der Fall ist.

Fast schon körperlich schmerzend ist dann die Szene, in der Sheba die sexuelle Ausrichtung ihrer älteren Kollegin am eigenen Leib erfährt und psychisch aufreibend, als es zum Bruch zwischen den Frauen kommt, weil Sheba im Endeffekt nicht die Revolution, sondern nur die Reform ihres Lebens erreichen möchte.
Die daraus folgenden Konsequenzen führen den Film zum Höhepunkt, wonach eigentlich wenigstens das Leben einer der Frauen total zerstört ist.
Sehr schön ist das Ende, das Hoffnung auf einen Neubeginn macht, obwohl es kein wirkliches Happy-End gibt.

Fazit
Wenn das Spiel von Judi Dench als alleiniger Maßstab zur Bewertung dieses Films genügen würde, wäre die Höchstnote angebracht.
Die Geschichte an sich fällt da etwas ab, spielt aber auch in derselben Liga.
Mit ein paar besseren Schauspielern und Schauspielleistungen wäre das ein Film für den Ernstfilmolymp, so ist er „nur“ gut.

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