Zwei Frauen, getrieben von ihren Dämonen in einer unheiligen Abhängigkeit voneinander – das sind die Zutaten aus denen man ein intimes, kraftvolles Drama schneidert, wie auch im Fall von „Notes on a scandal“, dem neuesten Film von Richard Eyre, dem Regisseur von „Iris“ und „Stage Beauty“.
Ein starkes und gut aufgelegtes Ensemble ist die solide Basis, auf die Eyre für sein sexuell aufgeladenes Kammerspiel bauen kann, Judy Dench und Cate Blanchett bieten dem Zuschauer ein verhängnisvolles Höllenballet durch die Abgründe des menschlichen Verlangens.
Dench brilliert einmal mehr als die verbitterte alte Jungfer, die ihre sozialen Kontakte ebenso hat einfrieren lassen, wie ihren Enthusiasmus als Lehrerin an einer staatlichen Schule. Ihre Gedanken teilt sie nur ihren Tagebüchern mit – und fokussiert all ihr Verlangen nach und nach auf eine neue und jüngere Kollegin, Blanchett, die mehr einer Künstlerin gleicht und, als Antipode zu der verknöcherten Kollegin, porzellanhaft-zerbrechlich wirkt.
Denchs Barbara ist dabei nur auf den ersten Blick ein zurückgezogenes Ding, mutiert aber mit jeder Filmminute mehr zu einer Art besitzergreifendem dämonischem Oktopus, dessen brachliegendes Triebleben neuen Schwung bekommt – besonders als sich herausstellt, dass das Objekt ihrer Begierde neben einem älteren Ehemann auch noch ein Verhältnis mit einem minderjährigen Schüler hat.
Das versetzt sie bald in eine ungeheure Machtposition, mit der sie sich in das Leben der Kollegin hineindrängt. Doch Barbara hat selbst schon längst die Kontrolle über sich verloren, ihre indirekt-direkte Annäherung wird durchaus unangenehm registriert.
In so einem Drama kann die finale Katastrophe nicht ausbleiben und auch hier nimmt das unheilvolle Schicksal bald seinen Lauf.
Das ist jetzt erzählerisch vielleicht nicht so überraschend und wendungsreich, aber Eyre inszeniert auch am äußeren Effekt vorbei und konzentriert sich nach Kräften auf die abgründigen Figuren, die beide ihrem kranken Verlangen unterliegen.
Dench ist das schwarze Herzstück des Films, die die große Aufgabe erfüllen muß, die Ablehnung des Publikums durch mitleiderregende Faszination aufzuheben und nicht komplett zum „bad girl“ zu werden – schließlich sind beide nur Sklave ihrer Leidenschaften.
In einigen Sequenzen treibt es Eyre auch folglich bis zur Unerträglichkeit, etwa wenn Barbara Sheba in ihrer Gier nach Berührung eine Streichelübung abverlangt und das Unbehagen Blanchetts sich aufs Publikum überträgt. Das ist für viele schon zuviel Realismus eines Themas, um das sich viele nicht kümmern mögen.
Neben den Protagonistinnen bleibt nur ein wenig Raum für andere, vor allem der für gewöhnlich launige Bill Nighy hat hier nur eine leise Katalysatornebenrolle.
Viel Lob auch für den noch jugendlichen Andrew Simpson als Blanchetts „love interest“, der seine Texte tatsächlich so authentisch irgendwo zwischen jugendlicher Unschuld, aufgesetztem Machogehabe und pubertärem Sexualtrieb anlegt, dass sie dem Publikum peinlich vorkommen, weil sie so natürlich wirken.
„Notes on a Scandal“ ist kein leichter Film (den Plot kennt man in leicht abgewandelter Form auch schon aus Robin Williams „One Hour Photo“) und die schmerzende Intensität macht ihn mit Sicherheit nicht massenkompatibel durch alle Schichten; wer sich darauf einlässt, bekommt jedoch aufwühlendes Kino, wie es die Megaplexe heute nicht mehr liefern.
Ein reiferes und erwachsenes Publikum, vorwiegend weiblich, wird jedoch seine Freude daran haben, falls der Verleih darauf setzen sollte. (8/10)