Review

Kriminalfall, Widerstand im Dritten Reich und eine Liebesgeschichte – 15.10.2007

Genervt durch den vortäglichen „Genuß“ des dritten Teils um Jason Bourne hab eich mir die Zeit genommen, einen ruhigen Film anzusehen, der sich Zeit nimmt, gerne auch mal nicht wackelnde Großaufnahmen von Gesichtern und Landschaften zeigt, der eine intelligente und packende Geschichte erzählt, dabei trotz des ernsten Hintergrunds nicht auf Actionsequenzen verzichtet, ein Film also, der nur rundherum als gelungen bezeichnet werden darf. Und mal wieder, wie dereinst bei „Lucky Number Slevin“, wunderte ich mich, warum es dieser Film nicht auf die deutschen Leinwände geschafft hat…liegt es am Szenario zum Ende des zweiten Weltkriegs? Am immer noch schwelenden Ressentiment gegenüber Regisseur Verhoeven? Man weiß es nicht, und darf aber gerade deshalb ein leises „schade“ hauchen…denn es ist wirklich ein Jammer, daß in Zeiten nur noch hektischen Filmtreibens ein ruhiges Stück Spannungskino keine Chance hat.

Sicher ist die Handlung gerade im Kinojahr 2007 nicht mehr up to date, aber Geschichten des Krieges haben einen zeitlosen Reiz…Festgemacht ist der Streifen an den Erlebnissen der Jüdin Rachel, die sich stets vor den Nazis verbirgt, dann mitsamt ihrer Familie eine angeblich sichere Passage nach Brüssel bucht, auf dem Weg dahin jedoch alle Lieben verliert, gemeuchelt von der SS. Rachel überlebt und schließt sich Widerstandskämpfern an, tritt unter dem Namen Ellis ins Gefolge des deutschen Sicherheitsdienstchefs Müntze, in den sie sich verliebt, ein, und versucht, wichtige Informationen an die Resistance weiterzugeben. Doch in den eigenen Reihen lauert ein Verräter, der nur seinen eigenen finanziellen Vorteil im Sinn hat und daher gemeinsame Sache mit einem Deutschen macht…und erst nach Ende des Krieges kann sich Rachel an ihrem Erzfeind rächen, doch leicht fällt ihr dies nicht, obwohl sie doch ihren neuen Liebsten auch wegen dieses Feindes verloren hat.

Paul Verhoeven ist eigentlich ein Mann des Krawallkinos. Daher verwundert es sehr, daß gerade dieser Regisseur sich eines an sich unaktuellen Themas widmet. Schauspielerisch ist das Treiben fein gemacht, und es empfiehlt sich, denn Film im Original anzusehen – die Version von Tartan Video ist sicher die beste Wahl. Behutsam werden die Personen gezeichnet, wirklich böse ist keiner, nicht einmal die Nazis sind durch und durch schlecht, was sich in der Figur des Müntze gut ablesen läßt. Selbst die Schurken haben noch positive Eigenschaften, auf reine Schwarz-Weiß-Malerei wird gottlob verzichtet. Verzichtet aber wird nicht auf Action, hier und da ein Gefecht, da fließt Blut, so kennt man es bei Verhoeven. Doch der Film ist kein Actionreißer, eher ein Film Noir rund um eine Femme Fatale, deren Motive auch abseits von Religionszugehörigkeiten gut nachvollziehbar sind. Zum Ende hin ist der Film ein klein wenig zu lang, doch er ist nie langweilig, stets fesselnd und in sich rund und stimmig. Ein feines Stück Kino abseits der momentanen Gepflogenheiten - 9/10.

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