Bei Filmen, die zu Zeiten des 3.Reiches spielen, ist der Grat zwischen Anspruch und Unterhaltung meistens sehr schmal. Es wird auch oft genauer als bei anderen Zeitepochen auf die Gut-Böse-Verteilung geguckt. Und gute Filme über dieses dunkle deutsche Kapitel sind meist mehr anspruchsvoll denn Popcorn-Entertainment. Ausnahmen bilden da z.B. Filme wie die Indiana-Jones-Trilogie, wobei man aber sagen muss, dass da einerseits die Nazis und deren politischen Absichten nur als Bösewichte am Rande fungieren und andererseits diese Filme mehr als Actionkomödie durchgehen, denn als Dokument über das Grauen dieser Zeit.
Paul Verhoeven hat es mit "Zwartboek" geschafft, seinem Stil treu zu bleiben und mehr noch, eine Art Thriller zu kreieren, der trotz hohem Unterhaltungswert anspruchsvoll bleibt. Die Rückkehr des Enfant Terribles nach Europa hat dem Film sehr gut getan. Ähnlich thematisiert wie sein Frühwerk "Soldat van Oranje", kann Verhoeven nun auf Erfahrungen zurückgreifen, die ihm fast 20 Jahre Hollywood gebracht haben.
Die Geschichte von der jüdischen Sängerin Rachel ( später Ellis ) ist trotz der langen Laufzeit von ca. 140 Minuten spannend erzählt und der moralische Zeigefinder bleibt im Gegensatz zu vielen trockenen europäischen Geschichtslehrstunden in der Tasche. Den emotionalen Anker liefert dabei Hauptdarstellerin Carice van Houten, die sowohl optisch als auch schauspielerisch überzeugen kann. Ihr folgt man gern durch die Wirren Hollands während der Besetzung durch die Deutschen. Der Rest des Casts ist durchweg europäisch und agiert solide. Das bekanntestes Gesicht dürfte dabei Sebastian Koch haben, der wie auch schon in "Das Leben der Anderen" eine sehr gute Vorstellung abgibt.
Dass Black Book ( so der internationale Titel ) ein echter Verhoeven ist, merkt man an fast jeder Einstellung. So wie im Review von "Grüne Spritze" treffend bemerkt, kombiniert er Geschichte, Exploitation mit Thriller-Elementen und einer Prise Romantik. Dabei verliert er aber nicht den Grundfaden und fesselt somit den Zuschauer. Dass eine Geschichtsstunde a la Verhoeven rauskommen musste, war Liebhabern und Verachter seiner Werke eigentlich klar. Die typischen Versatzstücke, die sich durch seine komplette Karriere ziehen, finden wir auch hier. Ob es nun Färbung der Schamhaare, viel nackte Haut, eine Fäkal-Dusche, kleinere blutige Einlagen oder eine Full-Nuditiy-Szene eines SS-Offiziers ist, Verhoeven bleibt sich treu und macht das, was er am besten kann. Er erzählt auf seine typische Art eine Geschichte. Lediglich die vielen Twists, die das Drehbuch schlägt, wirbeln den Fluss ein wenig durcheinander und auch die Darstellungen von (man-sieht-es-ihm-ja-schon-an) sehr bösen Nazideutschen und dem doch-gar-nicht-so-bösen-Deutschen ist ein wenig blauäugig und plakativ. Da fehlt es ein bisschen an Subtilität. Der böseste aller bösen Offiziere wirkt manchmal wie eine Mischung aus Dr.Giggles und dem Fiesling Durant aus Darkman. ( in beiden Fällen Larry Drake )
Es ist definitv nicht der beste Film von ihm, aber dennoch um Längen besser als "Hollow Man". Und schockierend oder skandalös ist Black Book auch nicht. Diskussionen, die Paul Verhoeven mit Filmen wie "Basic Instinkt", "Starship Troopers" oder "Robocop" ausgelöst hat, werden hier nicht entstehen. Der Film ist trotz Vermischung von Gut und Böse auf BEIDEN Seiten nicht kontrovers genug. Auch findet man hier keine wirkliche Überspitzung der Gewalt oder eine fragwürdige moralische Haltung gegenüber faschistoiden Systemen, die Kritiker irrtümlich UND dümmlich bei seinem bestem Film "Starship Troopers" festgestellt haben wollten. Black Book ist europäisches Unterhaltungskino par Exzellenz, ohne den Blick für das Wesentliche zu verlieren und die einzelnen Zutaten ordnen sich der erzählten Geschichte der Rachel/Ellis unter. Trotzdem kann man nicht sagen, dass Verhoeven brav oder zahm geworden ist.
Fazit:
Zwei Stunden kurzweilige Unterhaltung! Und da Paul Verhoeven schon zwei neue Filme plant, kann man nur hoffen, dass es nicht wieder 6 Jahre dauert, bis er sich zurückmeldet.