Kann man sich für ca. 30 € ein Stück seiner Jugend zurückkaufen? Zusammen mit dem wohligen Gefühl in seiner Magengegend, das durch alte Bekannte hervorgerufen wird, die man schon lang nicht mehr gesehen hat? Bekannte, bei denen man erst bemerkt, dass man sie vermisst hat, wenn man sie wiedersieht?
Schon diese Einleitung sollte klar machen, dass es sich um keine objektive Kritik handelt. Denn meine Antwort auf die eingangs gestellten Fragen kann ich persönlich nur mit Ja beantworten. Wie ein kleines Kind habe ich mich über die DVD-Veröffentlichung der einzigen Staffel dieser Serie von 1985 gefreut und schnon als ich die ersten Szenen des Piloten sah, fühlte ich mich zurückversetzt in eine andere Zeit. In dieser Zeit war so vieles noch viel einfacher. Die alten Freunde waren wieder da, die mich dank Videorekorder und RTL Plus (ja, so hieß der Sender damals) ziemlich oft besucht hatten.
Dabei ist die Idee dieser Serie eine mutige und fortschrittliche, denn sie nahm vieles vorweg, dass später einigen Erfolg haben sollte. Ein Team aus Wissenschaftlern und „Andersartigen“ (spätestens nach „X-Men“ wäre der passende Terminus wohl Mutanten gwesen) erleben wilde und haarsträubende Abenteuer. Da wäre der Wissenschaftler Billy Hayes (Dean Paul Martin), der in einer kleinen Abteilung bei Humanidyne arbeitet und dort die skurrilsten Phänomene untersucht. Im Original heißt die Serie übrigens „Misfits of Science“, was man mit „Außenseiter der Wissenschaft“ übersetzen kann. Genau das zeichnet die Arbeit von Hayes aus. Nicht ganz ernst genommen, widmet er sich der Erforschung paranormaler Phänomene und wird von anderen Wissenschaftlern nur müde belächelt. Sein Kollege ist Dr. Elvin Lincoln, ein 2,24m großer Wissenschaftler, der so sehr unter seiner Größe gelitten hat, dass er sich in einem Selbstversuch ein Schrumpfserum verabreicht hat, das ihm die Möglichkeit gibt, für 10 Minuten auf Barbie- bzw. Ken-Größe zu schrumpfen. Verstärkt werden die beiden Wissenschaftler durch John Bukowski (Mark Thomas Miller), kurz B-Man, einem Rockmusiker, der bei einem Konzert einen riesigen Schlag bekam und seitdem Blitze abfeuern kann, die Elektrizität seiner Umgebung anzieht und zudem superschnell laufen kann. Die Vierte im Bunde ist Gloria Dinallo (Courteney Cox), die, obwohl noch nicht volljährig, über mächtige telekinetische Kräfte verfügt, die es ihr ermöglichen Gegenstände durch den reinen Willen zu bewegen. Zusammen sind sie die „Spezialisten“!
Das sind also die Freunde, die ich schon lang nicht mehr zu Gesicht bekommen habe, die ich aber dennoch beim ersten Sehen sofort wiedererkannt habe. Schon diese Zusammenstellung unterschiedlicher Charaktere zeichnet die Serie aus, ermöglichen diese doch viele ungewöhnliche Situationen. In jeder Folge hat jeder dieses ungleichen Teams seinen großen Auftritt: Lincoln hat fast immer einen Grund sich zu schrumpfen, um kleine Öffnungen zu nutzen, oder sich unbemerkt heranzuschleichen. Glorias Fähigkeiten finden auch fast immer Verwendung, vor allem, wenn es darum geht, bewaffnete böse Buben an der Decke kreisen zu lassen. Doch wohl jeder pubertierende Anhänger der Serie hatte einen ganz bestimmten Favoriten: den B-Man. Er verband die Coolness eines Rockmusikers mit den optisch beeindruckendsten Fähigkeiten des Blitzeschießens. Wenn Not am Mann war, war auf den B-Man Verlass. Aus einem fahrenden Eiswagen (das „Spezialisten-Mobil“) feuerte er seine Energiestöße auf Verfolger, notfalls setzte er einen ganzen Bagger unter Strom, um eine herannahende Nuklear-Rakete abzulenken. Dies beweist zwei Dinge:
Erstens, dass man als Jugendlicher schon recht leicht zu beeindrucken war und zweitens, dass die Abenteuer, die die Spezialisten erlebten, sehr ungewöhnlich und abwechslungsreich waren.
Überaus fantasievolle Plots konnten den Zuschauer überzeugen. Diese waren zudem sehr zitierfreudig. Es wurden Filmklassiker und TV-Serien gleich massenweise zitiert und persifliert: Indiana Jones, Miami Vice oder James Bond sind da nur die auffälligsten Zitate. Viele weitere Feinheiten (freilich tief verwurzelt in den Achtzigern) fallen dem TV- und kinokennenden Zuseher auf.
All dies, zusammen mit den sympathischen Darstellern, den flotten Sprüchen (zumindest in der deutschen Synchronisation) und der einzigartigen Atmosphäre, führt dazu, dass das angesprochene Nostalgiegefühl am Ende nicht schal schmeckt. Man hat nicht das Bedürfnis, sich zu schämen, was für einen Mist man als Kind so toll gefunden hat (zumindest mir ging es nicht so). Im Gegenteil: Ich war erstaunt, wie gut ich die Folgen noch im Hinterkopf hatte (obwohl die Serie im Gegensatz zu „Knight Rider“ oder „A-Team“ sehr selten ausgestrahlt wurde und zu Unrecht in Vergessenheit geraten ist) und war dennoch von der Qualität der erzählten Geschichten überrascht. Klar entsprach der Look und die Musik den Achtzigern, doch die erlebten Abenteuer wirken fast immer zeitlos, auch wenn sie z.B den Kalten Krieg thematisieren.
Allerdings gibt es auch nachdenkliche Momente beim Betrachten dieser Serie. Dies gilt zumindest für mich. Dies liegt nicht an dem Gezeigten, sondern, wenn man sich mit den Geschehnisse nach der Ausstrahlung dieser einzigen Staffel ins Gedächtnis ruft. „Die Spezialisten unterwegs“ stand unter wahrlich keinem guten Stern. Der TV-Sender NBC ließ die Serie gegen den TV-Blockbuster „Der Denver-Clan“ antreten. „Die Spezialisten unterwegs“ hatten keine Chance. Die Quoten waren dementsprechend schlecht, was dazu führte, dass die erste Staffel die einzige blieb. Hauptdarsteller Dean Paul Martin, Sohn von Schauspiellegende Dean Martin war nicht nur Schauspieler, sondern auch Musiker und Pilot. Bei einem Flug im Jahre 1987 stürzte er ab und starb. Auch der andere Hauptdarsteller Kevin Peter Hall, der außerhalb der Serie nur als „Predator“ von sich reden machen konnte, verstarb tragisch. Zwar überlebte der Hüne einen schweren Autounfall, doch bei dem folgenden Krankenhausaufenthalt wurde er mit eine verseuchten Blutkonserve behandelt und verstarb an AIDS. Komponist Basil Poledouris starb 2006 an Krebs und um Max Wright, der nach den Spezialisten als Willie Tanner in der Serie „Alf“ zu großer Bekanntheit gelangte, herrschen die wildesten Gerüchte, die an dieser Stelle nicht wiederholt werden sollen. Einzig Courteney Cox erging es in der Zeit nach „Die Spezialisten“ gut, hatte sie doch einen Megaerfolg als Monica in der Serie „Friends“ und dadurch auch einige interessante Filmrollen.
Wenn man sich seine alten Freunde ins Haus holt und darüber nachdenkt, was aus ihnen geworden ist, dann kann das schon zu einem Anflug von Melancholie beim Betrachter führen. Doch spätestens, wenn der Vorspann mit seinem Klaviergeklimper beginnt, die unbekannte Hand versucht den Sender zu wechseln, dann auf das Gerät einschlägt, dann der passende Fuß den Fernseher vollends von seinem Tischchen tritt und dann der Synthezizer-Soundtrack loslegt, dann ist alle Nachdenklichkeit weggewischt, denn dann geht man wieder auf Tour mit seinen Freunden, die nie so wirklich weg waren. Ich kann sagen, dass die Eingangs gestellte Frage nach der Sinnhaftigkeit der Investition von 30 € für mich zweifelsfrei ist. Ich habe mich bestens unterhalten gefühlt. Ich habe doofe Sprüche wiedergehört, die ich schon fast vergessen hatte, habe Szenen wiedergesehen, die ich als 12-jähriger geliebt habe und das Schönste: ich kann dank meiner erworbenen DVD-Box immer wieder in die Vergangenheit reisen. Für 45 Minuten den Alltag vergessen und abtauchen in die Welt der Spezialisten. Was sich schmalzig und gefühlduselig anhört, ist es auch. Trotz der beschriebenen tatsächlich und objektiv vorhandenen Qualität der Serie, weiß ich nicht, wie es Erstsehern geht, die damals nicht das Vergnügen hatten. Das kann und will ich mir aber auch gar nicht vorstellen. Daher kann es von meiner Seite auch nur eine Wertung geben:
Fazit:
10 / 10