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Ein Anwalt im Kampf gegen eine technische Übermacht

Wir wissen es doch alle schon: „Die“ sind überall, bewachen jeden Meter des Planeten, haben Daten über alles und jeden, observieren, spionieren, wollen alles ganz genau wissen, beeinflussen Satelliten und sind doch in der Öffentlichkeit nicht präsent. Und hier reden wir nicht über irgendwelche seltsamen Geheimbünde oder Freimaurerlogen, sondern über staatliche Überwachungssysteme, von denen man als Normalbürger nichts weiß – was vielleicht sogar besser ist. In Amerika hat es davon so einige, Akronymkönige allesamt...DEA, NSA, CIA, ATF und noch viele mehr. Bach außen hin arbeiten all diese Organisationen, um das amerikanische Volk zu schützen und dessen Freiheit zu sichern – doch wer weiß das so genau? Allgemein bekannt ist die Tatsache, daß es beim Telefonieren nicht ratsam ist, Worte wie „Bombe“ oder „Allah“ auszusprechen, da speziell eingerichtete Computer nur darauf aus sind, diese Gespräche dann mitzuschneiden. Das ist beängstigend, doch sicher nur die Spitze des Überwachungseisbergs.

Mit diesem wird der Anwalt Robert Dean ( Will Smith ) ohne eigenes Verschulden konfrontiert. Ein hochrangiger Beamter der NSA läßt einen mißliebigen amerikanischen Politiker ermorden und wird dabei zufällig gefilmt. Das Tape gelangt in den Besitz des Anwalts, ohne daß dieser es merkt. Und umgehend beginnt dessen Leben in Bruchstücke zu zerfallen, er verliert seinen Job, Kreditkarten werden gesperrt, ein Mord wird ihm angelastet. Völlig verzweifelt wendet er sich an einen ehemaligen NSA-Mitarbeiter, schön wieder auf der Leinwand zu sehen: Gene Hackman, und nimmt zusammen mit diesem den Kampf gegen die scheinbare Übermacht auf. Es ist die typische Auseinandersetzung von David gegen Goliath, und auch hier gewinnt David. Dean kann sich von seinen Beschuldigungen reinwaschen und sein Leben wieder aufnehmen, die verbrecherischen Agenten überleben die finale Auseinandersetzung nicht.

Tony Scott als Regisseur ist mit seiner hektischen Bildersprache hervorragend geeignet, diese Geschichte auf die Leinwand zu bringen. Und die Story ist in der Tat faszinierend, denn sie gibt breiten Raum für die Darstellung aller nur technisch machbaren Überwachungsmöglichkeiten. Diese zu sehen ist beängstigend, denn was man sieht ist ganz sicher nicht das, was wirklich machbar ist und auch gemacht wird. Es ließe sich hier trefflich über den Überwachungsstaat und dessen Nutzen oder Schaden philosophieren, doch das würde den Bogen einer Filmkritik überspannen. Nur soviel sei gesagt: gerade durch die Übermacht der USA sind wir nicht mehr weit entfernt von einem Staat wie bei George Orwells 1984. Will Smith kann die Verzweiflung der Hauptperson auch prima verkörpern, er ist ein ganz normaler Mensch, der nicht ein noch aus weiß. Doch Mängel hat der Film dennoch, gerade der Showdown ist zum einen viel zu kurz, zum anderen aber direkt geklaut aus „True Romance“, ebenfalls von Tony Scott. Das muß doch auch nicht sein, diese Zweitverwertung von Ideen. Wenig gelungen auch die Szenen aus Deans Familienleben in der Mitte des Films, ebenfalls zu bemängeln ist die Tatsache, daß Deans Flucht vor der Übermacht auch nur sehr knapp auf Film gebannt wurde. Als Politthriller funktioniert der Streifen aber sehr gut, ein Lehrstück über die Willkür der Obrigkeit. Spannende Unterhaltung mit realem Anspruch und kleinen Mängeln – 8/10.

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