Review

“Viel Rauch um nichts”

Man nehme ein Sammelsurium schräger, durchgeknallter Typen, lege diesen eine Reihe komisch-bizarrer Dialoge in den Mund, streue dazwischen ein paar bleihaltige und auf jeden Fall äußerst blutige Shootouts und siedle das ganze schließlich im Gangstermilieu an. Fertig ist der neue Trashkultstreifen a la Pulp Fiction. So oder ähnlich hat sich das wohl auch Regisseur Joe Carnahan (Narc) gedacht. Leider ging der gut gemeinte Versuch so gründlich in die Hosen wie bei kaum einem Genrevertreter zuvor.
Smokin´ Aces ist ein unglaublich dummer, extrem langweiliger Ballerfilm, der sämtliche Zutaten die zumindest Tarantinos erste drei Filme (Reservoir Dogs, Pulp Fiction, Jackie Brown) auszeichnen gänzlich vermissen lässt. Dabei hat Carnahan so schön gespickt. Die schrägen Figuren bekommen allesamt Subplots, die sich am Ende zusammenfügen sollen, das Finale wartet mit einem überraschenden Twist auf und die eingestreuten Brutalitäten kommen so unvermittelt wie explizit.
Auch die Zusammenstellung des Darstellerensembles scheint direkt dem imaginären Standartwerk “Tarantions Leitfaden zum perfekten Casting” entsprungen. Leider bietet der zusammen gewürfelte Haufen eine biedere, teilweise gar unterirdische Vorstellung. Das fängt bereits bei den alten Genrehasen Andy Garcia (Der Pate III, Ocean´s Eleven) und Ray Liotta (Good Fellas, Cop Land) an, die ihre zugegebenermaßen klischeehaften Rollen zwar routiniert, aber auffallend lustlos und uninspiriert herunterspulen.
Die gegen den Strich besetzten “Castingcoups” Alicia Keys und Jeremy Pliven schaffen nicht einmal das. Vor allem der R´n´B-Star Alicia Keys erweist sich in ihrer ersten - und hoffentlich auch letzten - Filmrolle als gänzlich talentfreie Zone. Dass die Hollywoodproduzenten aus diesen Desastern nicht schlau werden, zeigen die ebenfalls lachhaften Schauspielversuche Justin Timberlakes. Aber das ist ein anderes Thema. Jeremy Pliven als titelgebender “Buddy “Aces” Israel” ist zumindest ein Schauspieler der diesen Namen auch verdient. Der als sympathischer Loser aus diversen Komödien bekannte Pliven (u.a. Miami Rhapsody 1995, Family Man 2000, Weil es dich gibt 2001) müht sich redlich, dem schmierigen Mafiakronzeugen “Israel” Profil zu verleihen. Zu keinem Zeitpunkt ist er allerdings in der Lage, die dunklen Facetten seiner Figur auszuloten. Er wirkt permanent wie der nette, erfolglose Junge von Nebenan - eine kapitale Fehlbesetzung.
Der übrige Cast will dann auch nicht mehr positiv aus dem Rahmen fallen. Ben Affleck bleibt als Ex-Cop gewohnt blass und hat einen zwar überflüssigen aber immerhin erfreulich kurzen Auftritt. Der von der Filmzeitschrift “cinema” schon als kommender Action-Star gefeierte Kevin Reynolds (Blade: Trinity) kann diese Vorschusslorbeeren nicht einmal ansatzweise rechtfertigen. Er erinnert in Mimik und darstellerischem Potential an den oben genannten Affleck, was keinesfalls als Kompliment zu werten ist.
Alle Figuren sind trotz ihrer Eigenheiten und teilweise prominenten Darsteller völlig uninteressant und bieten keinerlei Identifikationsflächen. Als Zuschauer ist es einem völlig egal, wer bei dieser öden Gangsterfarce letztendlich ins Gras beißt. Spätesten ab der Hälfte des Films wünscht man dieses Schicksal beinahe jedem.

Aber damit nicht genug. Die Story ist ein hohles Nichts von der Gangsterfilm-Stange. Ein Mafia-Boss setzt eine Million Dollar Lösegeld auf Kopf (und Herz) des abtrünnig gewordenen Buddy “Aces” Israel aus. Während das FBI versucht ihren Kronzeugen in Sicherheit zu bringen, zieht das Kopfgeld diverse Kopfgeldjäger und Killerkommandos an. Zum bleihaltigen Showdown treffen schließlich sämtliche Parteien in einem Hotel-Casino zusammen. Dass man dieses Szenario schon hundertmal gesehen hat, muss noch nichts Schlechtes bedeuten. Das Problem ist hier vielmehr, dass dieses altbackene Storygerüst noch nie schlechter umgesetzt worden ist.
Da der Film zu allem Überfluss auch noch (fast) ausnahmslos ironiefrei daherkommt, fällt dieses Defizit umso stärker ins Gewicht. Wer ein solches Sammelsurium schrägster Gestalten und überzogener Brutalitäten ohne einen Anflug ironischer Brechung serviert, braucht sich nicht zu wundern, wenn das zusammen gemanschte Menü als ungenießbar abgelehnt wird.
Apropos Humor. Von einem Film der derart penetrant bei Tarantino klaut, erwartet man zumindest witzige Wortgefechte. Auch diese glänzen durch völlige Abwesenheit. Ermüden und langweilen die bemüht komischen Dialoge zunächst, so macht sich im Verlauf des zu langen Films ein Gefühl heftigen Ärgers ob der Unfähigkeit des Drehbuchautors breit.
Mit der Figurenzeichnung wird dieser Eindruck keinesfalls abgemildert. Im Gegenteil. Das direkt aus einer Freakshow entflohene Soziotop durchgeknallter Killer und spleeniger Nebenfiguren wirkt wie am Reißbrett für “coole Gangsterfilme“ entworfen. Neben einer grenzdebilen ultrabrutalen Nazi-Punk-Gang nervt dabei vor allem das Duo zweier schwer bewaffneter Kampflesben. Natürlich darf weder der sadistische Folterknecht noch die unvermeidliche Kettensäge fehlen. Abgeschmackt, fade und letztendlich nur noch peinlich.
Der wohl als geniale Storyidee geplante Schlusstwist schlägt dann dem (ohnehin bereits wurmstichigen und morschen) Fass endgültig den Boden aus. Wer auf die bescheuerte Idee gekommen ist, die sinnfreie Ballerorgie plötzlich in ein ernsthaftes Drama gepaart mit (unglaubwürdigen) Verschwörungsthesen einmünden zu lassen, sollte mit mindestens fünf Jahren Schreibverbot belegt werden. Dafür dass der “finale Clou” sich mit Donnerhall und hauswandgroßen Hinweistafeln ankündigt und selbst von Schnellspannern bereits ab dem letzten Drittel mühelos entschlüsselt werden kann, gibt es noch einmal zwei Jahre ohne Bewährung gratis dazu.
Als ich vor wenigen Wochen Der gute Hirte als den schlechtesten Film des noch jungen Kinojahres 2007 bezeichnete, konnte ich nicht ahnen, dass De Niros Regiearbeit so schnell (und eindeutig) unterboten werden würde. Im Nachhinein bin ich froh, diesem Film noch 2 Punkte gegeben zu haben, denn wenigstens ist er nicht dumm. Ein Zertifikat das man Smokin´ Aces leider nicht ausstellen kann.

Fazit:
Smokin´ Aces ist eine sinnentleerte, hirnlose und unglaublich langweilige Ballerorgie aus dem Universum der Tarantino-Plagiate. So offensichtlich geklaut und dabei so dilettantisch versagt hat allerdings noch kein vergleichbarer Film zuvor. Der zum Teil prominente Cast schafft es zu keinem Zeitpunkt den freakhaften Charakteren Leben einzuhauchen, geschweige denn diese auch nur ansatzweise interessant zu gestalten. Besonders negativ fällt die völlige Abwesenheit von Ironie und Humor ins Gewicht. Ein miserabler Genrevertreter, bei dem auch das Warten auf die DVD keinesfalls lohnt.

(1/ 10 Punkten)

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