Review
von c.funke
Dog Bite Dog
(Legend Home Entertainment)
Es gab vor nicht all zu langer Zeit eine Phase in der Filmlandschaft Hong Kong, wo der geneigte Zuschauer meinen konnte, dass die besten Zeiten für Filme aus dieser Region vorbei seien. Selbst bekannte Schauspieler wie Donnie Yen sprachen von einer großen Krise, der man nur mit einer Frischzellenkur entgegentreten könne. Erste Erfolge werden nun dank eines konsequent verfolgten neuen Weges geliefert. Ansprechende Drehbücher, gepaart mit guten Schauspielern und einer rasanten und sehr modernen Filmform präsentieren neue Highlights wie die beiden Election – Filme, oder Exiled (ebenfalls von Johnny To) so wie der neue Jet Li namens Fearless.
Interessant ist an dieser Stelle, dass die neue Welle guter Filme von alten und geschätzten Bekannten des asiatischen Filmes geliefert wird. Sei es Johnny To, Ronnie Yu oder eben Soi Cheang, der nach einer Reihe eher belangloser Filmchen mit Home Sweet Home und Love Battlefield bewiesen hat, das viel mehr in ihm steckt.
Sein neuster Film Dog Bite Dog ist nun das radikalste Werk, was mir seit langem unter die Augen gekommen ist! Die Geschichte, die Umsetzung, der Sound, alles ist so garstig und böse in Szene gesetzt, dass es einem als Zuschauer schmerzt! Hier hat das, manchmal arg strapazierte CAT III – Siegel seine volle Berechtigung!
Die Geschichte dreht sich um einen kambodschanischen Auftragskiller Pang, der emotionslos seine Aufträge auch unter schwierigsten Bedingungen ausführt. Als Kind unter extremsten Bedingungen herangewachsen (die Kinder mussten eine Art Hahnenkampf für Schaulustige veranstalten, der Gewinner bekam dann die Nahrung), nahm ihm das die Fähigkeit, Emotionen zu fühlen. Erst als er, den Mord an eine Staatsanwältin ausführend, dabei recht schnell von der Polizei gefasst, und unter den Beamten und unschuldig Anwesenden ein Blutbad veranstaltend, auf der Flucht ist, lernt er auf einer Müllkippe ein junges Mädchen kennen, welches regelmäßig von ihrem Vater vergewaltigt wird. Diesen beseitigt er sofort, um dann gemeinsam mit dem Mädchen zu fliehen. Dabei wird er von einem manischen Polizisten gejagt, dessen Kollegen er auf dem Gewissen hat. Es entwickelt sich ein Katze und Maus – Spiel, welches in seiner Dramatik und Rasanz selten so zu sehen war.
Der Schauspieler Edison Chen (bekannt aus The Grudge 2, Infernal Affairs oder The Twin Effect) liefert als Auftragskiller ebenso eine hervorragende Leistung wie sein Kollege Sam Lee als manischer Cop (gerne gesehen in Gen - X Cop, Bio Zombie, Beast Cop oder One Nite in Mongkok). Aber der wahre Schauwert ist die Inszenierung. Dreckige, braun-graue Färbung, trostlose Umgebung, deprimierte Menschen mit verstörenden Biografien, alles unterlegt mit einem passenden Soundtrack der zwischen Industrialklängen, Soundcollagen und Gitarrenspiel wechselt! Grandios auch die ungewöhnlichen Kamerafahrten, die einem verstörende Perspektiven liefert, und so dem Zuschauer visuell den Boden unter den Füssen wegzieht in dem er ihn seiner Orientierung beraubt.
Dog Bite Dog ist so angenehm wie ein fester Tritt in den Bauch! Trotzdem ist es faszinierend, die Charaktere zu ergründen und ihren wirklich fesselnden Weg nach ganz unten zu verfolgen. Für mich jetzt schon eines der absoluten Highlights in diesem Jahr!!!
Die Veröffentlichung aus dem Hause Legend Home Entertainment glänzt durch eine perfekte Umsetzung. Sound und Bild sind hervorragend abgemischt, die druckvolle und wuchtige DTS – Tonspur liefert den passenden Druck für dieses verstörende Klanggebilde. Selten war eine so perfekte Mischung aus Bild und Ton in einem Film zu sehen.
An Bonusmaterial liegt der hier genutzten Verleihversion nur eine Reihe von Trailern vor (zwei selbst laufende vor dem Hauptfilm, dazu noch eine umfangreichere Programmschau), während die Kaufversion zusätzlich noch einen Blick hinter die Kulissen wirft, dazu Interviews mit Cast und Crew liefert, oder nicht verwendete oder geschnittene Szenen und einen Audiokommentar vorweisen kann.
Dog Bite Dog wimmelt von genialen Ideen. Etwa, als der Vermittler der Polizei den Killer in ein Gespräch verwickeln will, um ihn zur Aufgabe zu überreden, dieser aber kein Wort versteht, da er dieser Sprache nicht mächtig ist, oder die Momente, wo in all der Hektik und Brutalität die anrührende Fürsorge für das junge Mädchen den sonst kalt reagierenden Killer menschlich erscheinen lassen. Die Kunst, Emotion und Gewalt unter einen Hut zu bekommen, und dabei ein faszinierendes Gesamtwerk hinzubekommen, zeigt, dass die wahre Filmkunst mittlerweile vorwiegend aus Asien kommt!
Ein zwar meistens trüber und zynischer, aber durchweg faszinierender und mitreißender Film aus dem modernen, neue Filmtrends setzenden Hong Kong.
CFS