Review

Filmkritik ohne Bezug zum Buch, da nicht gelesen.Dreck. Gestank. Geschrei. 18. Jahrhundert. Mittendrin: Jean-Baptiste Grenouille. Sein Darsteller: Ben Wishaw, ein unbeschriebenes Blatt und damit völlig überzeugend als der wortkarge Grenouille. In sich gekehrt und Gefühle suchend.

Beginnen tut der Film (in meinen Augen eine Tragödie) mit der Geburt. Die eklige, traurige Geburt. Umgeben von abstoßenden Bildern. Genial und realistisch ausgestattet wirken sie überzeugend und man fühlt sich mittendrin. Als ob der Film direkt aus dem 18. Jahrhundert in Paris stammt. Bravo, Produzent Bernd Eichinger. Bravo, Regisseur Tom Tykwer. Ihr versteht es, die Bilder gekonnt auf die Story abzustimmen. Dunkel und Dreckig. Wie das Paris aus dem 18. Jahrhundert.

Was passiert nun mit Grenouille? Traurig. Er kommt auf ein Internat mit Kinderhandel. Er ist aber fleißig. Seine anderen Charakterzüge? Scheu, beobachtend, bekommt noch sehr wenig von der Welt mit. Ihm wird keine Liebe gegeben. All das wird hervorragend von Ben Wishaw mit Leben versehen. Klasse.

Die Personen, denen Grenouille auf seinem Lebensweg begegnet, erleiden stets tödliche Schicksale. Allein unsere Hauptperson entkommt. Die Gabe. Mit der Zeit benutzt er sie immer mehr. Er kann nämlich unglaublich gut Düfte unterscheiden, wahrnehmen und deuten. Alles in seiner Umwelt wird durch das Riechen bezeichnet. Menschen, Tiere, Blumen, Felsen, Wasser, ...und Jungfrauen. Der Duft von Frauen. Für ihn etwas wundervolles. Etwas, womit er sich verzaubern lassen kann. Er will diese Düfte einfangen und für immer konservieren. Aber wie?

Wie entwickeln sich nun seine weiteren Wesenszüge? Gibt ihm jemand die Antwort auf seine Frage? Das Schicksal des jungen Grenouille, ein scheuer Junge, sagt dazu: Ja. In Person eines Parfümiers. Dustin Hoffman. Er sieht die Gabe des Jungen. Er spürt seine Chance, wieder der beste Parfümier Paris' zu sein. Er nutzt sie. Er weiht das Talent Grenouille in die Lehre des Parfümierens ein. Immer mit einem komischen Spruch kommt er dabei herüber. Das passt sehr gut zu Dustin Hoffman.
Doch auch er merkt: In dem Jungen steckt viel mehr drin. Grenouille ist für ihn unglaublich. Er spielt und experimentiert mit den Düften so, als hätte er das schon immer getan. Als bestünde das ganze Leben des Grenouille aus der Zusammensetzungen von einzelnen Düften. Stimmt auch. In der Parfümerie reift er zu einem Mann heran, der langsam die Bausteine seines Lebens und der restlichen Welt zusammensetzt. Ohne das Ziel zu ahnen. Und die ersten negativen Entwicklungen sieht man auch bereits. Er wird fortgeschickt. Nach der legendären Duftstadt in Frankreich.Dustin Hoffman? Nun, auch der Altmeister erleidet ein grausames Schicksal.

Der Weg zur Stadt ist für Grenouille Augen und Herz öffnend. Entkommen von dem Gestank Paris' überquert er die duftneutrale Gegenden Frankreichs. Die Provence. Frische Luft war im 18. Jahrhundert nur auf dem Lande und auf dem Meer zu finden. Was nun passiert ist selbsterklärend. Grenouille kommt alles sehr unbekannt vor. Alles so neutral und gefühllos. Und er erkennt: Mit der Zeit hat auch er kein Geruch mehr. Er kann sich selbst nicht identifizieren. Alles bricht für ihn zusammen. Tolle Landschaftsaufnahmen, mittendrin wieder Grenouille. Orientierungslos. In einer Höhle verweilt er. Innerlich zerrissen. Nach außen hin schon immer schüchtern und wortkarg, aber im Innern, da brodelt es. Gier und Neugierde. Nach dem besonderen, perfekten Duft. Er meint, ihn an den Jungfrauen gefunden zu haben. Somit kommen Ansätze auf, wie man mit Hilfe der Duftkonservierung diese tollen Düfte einfangen, mischen und daraus anschließend ein Superduft entwickeln kann. Diese Gier ist für den jungen Parfümier unerträglich. Schließlich zieht er doch weiter. Zur Stadt.

Dort eine Begegnung. Mit einem für ihn tollen Mädchen. Das fehlende Puzzleteil zur Perfektion.

Jean-Baptiste Grenouille findet in der Stadt eine Stelle in einer Werkstatt. Er arbeitet stets fleißig, gehorsam und effektiv, wie immer. Er hat ja auch Talent. Doch nebenbei hat er ja noch seinen Plan. Der perfekte Duft. Die jungen Frauen der Stadt müssen daran glauben.
Das Gesetz ist hinter ihm her. Findet aber nicht den Hauch eines Beweises.
Das ist leider recht unglaubwürdig.

Und das Ende? Nur eins sei gesagt: Grenouille schafft es nicht, sein wirkliches Ziel, wovon er doch die ganze Zeit besessen war, zu erreichen. Die Liebe eines Menschen zu ihm. Nein.
Und: Tykwer und Eichinger schaffen es nicht, das Ende dem Rest des Films anzupassen. Zu übertrieben, zu unglaubwürdig. Schade. Wird doch der Film vorher perfekt mit allen schönen (und auch wiederum nicht so schönen) Details aufgebaut. Tolle Bilder, exzellente Darsteller (bekannte, sowie nicht bekannte), der Charakter des Grenouille wird meiner Meinung nach super eingefangen und kommt gut rüber. Sehr gut sogar. Die Story ist gut strukturiert. Nie kam bei mir Langeweile auf, die Abschnitte des Lebens wurden wie schon beschrieben gut dargestellt. Und die Nase des Grenouille (heimlicher Hauptdarsteller des Films) wirkt wie eine Waffe. Tom Tykwer baut diese, gegen alle meine Erwartungen, genial in den Film ein.
Spannung entsteht schon allein durch den Inhalt der Bilder. Schöne wie hässliche.
Was fehlt?Nun, ein tolles, realistisches Ende und der Geruch im Kino.

4/5 oder 8/10 Punkten.

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