Als Freund des Romans von Patrick Süskind habe ich es mir nicht nehmen lassen die filmische Adaption seines Bestsellers anzuschauen. Zwar dürfte die Handlung vielen schon geläufig sein, für die, die nicht so gerne lesen, reiße ich sie hier trotzdem noch einmal an. Paris im 18. Jahrhundert. Die Gesellschaft geht an ihrer eigenen Hochnäsigkeit unter. Die Bürger der Stadt Paris leben in einer Kloake und um ihre Gesundheit steht es nicht gut. Im Jahre 1738 wird der Protagonist Jean-Baptiste Grenouille von einer Fischverkäuferin unter deren eigenem Verkaufsstand geboren. Durch einen Zufall entgeht er dem Tod und wird in ein Heim gebracht, in dem er auch aufwächst. Das besondere an Grenouille ist sein übernatürlicher Geruchssinn, der ihn zu etwas besonderem macht, auch wenn er sonst nicht durch Intelligenz beeindruckt. Durch sein leidvolles Leben als Gerbergehilfe kommt er schließlich in Verbindung mit dem Parfumeur Giuseppe Baldini, der ihm die Kunst der Düfte beibringt.
Die Schauspieler in Das Parfum bewegen sich alle auf höchstem Niveau. Während der Hauptdarsteller Grenouille vom noch recht unbekannten Ben Whishaw gespielt wird, kommen auch Hollywoods Größen wie zum Beispiel Dustin Hoffman als Grenouilles Lehrmeister Guiseppe Baldini zum Zuge. Jeder versucht dem Film mit seiner Kraft ein Stück Leben einzuhauchen und dieses Unterfangen funktioniert tadellos. Den jungen Schauspielern merkt man ihre mögliche Nervösität nicht an und die alten Hasen stellen sich mit ihrer besten Seite dar. Diese Leistung muss vorallem deshalb gebührend gelobt werden, weil der Cast sehr international gehalten wurde. Schauspieler aus Deutschland, Frankreich und den USA sind dabei und versuchen ihre jeweilige Nation hochzuhalten. Aus deutscher Sicht ist hier vorallem Karoline Herfurth zu nennen, die nach mehreren Komödien (Mädchen Mädchen, Crazy) bewiesen hätte, das ihr ernste Rollen mindestens genauso gut liegen wie die spaßigen Teeniefilmrollen.
Das die Schauspieler ihre Arbeit so gut machen konnten, verdanken sie aber nicht nur ihrem eigenen Können. Besonders die Tricktechniker und Bühnenbildner müssen hier erwähnt werden. Das damalige Paris beziehungsweise Frankreich wurde bis ins letzte Detail nachgebildet. Während sich in den Großstädten die Menschen in ihrem eigenen Dreck suhlen wird die Natur wunderschön dargestellt, Menschen, die der höheren Schicht angehören wirken wie Clowns, Menschen aus der Gosse zwar dreckig aber "schöner" als der Adel. Dass es mit der Gesundheit damals nicht zum Besten bestellt war, zeigen die Maskenbildner eindrucksvoll. Faulige Zähne, offen geplatzte, eitrige Wunden, Geschwüre, alles was man an Krankheiten kennt findet man in den Straßen von Paris wieder. Das hört sich schlimm an und wird auch genauso schlimm dargestellt. Schwache Gemüter werden bei dem Film (bei dem Buch übrigens auch) häufiger Schlucken müssen. Aber gerade durch diese Bilder gewinnt der Film an Realitätsnähe und wirkt nicht wie eine schöngeredete Geschichte, sondern wie der bittere Ernst des 18. Jahrhunderts. Wie schon erwähnt haben auch die Tricktechniker einiges dazu beigetragen. Ganze Städte wurden dem Original nachempfunden und Special Effects und Kameraeffekte versuchen ebenfalls das Ambiente der damaligen Zeit einzufangen.
Den einen Freud den anderen Leid ist wohl die Geschichte von Das Parfum. Während die Zuschauer, welche den Roman schon verschlungen haben, sich häufiger über die abgehackten Szenen (vorallem in der Jugend, welche in den Büchern viel ausführlicher beschrieben wurde) wundert oder auch gerne etwas tiefer in die Gedanken von Grenouille eingeschaut hätten, wirkt die Story für den Erstzuschauer wie ein Hammerschlag auf den Kopf, im positiven Sinne natürlich. Die Geschichte beinhaltet viel harten Tobak, an dem das Publikum zu kauen hat aber dadurch auch bei Laune gehalten wird. Die Motive von Grenouille werden dem Zuschauer mehrmals präsentiert und häufig wiederholt. Jedoch immer auf eine andere Art und Weise. Vor allem im Mittelteil des Films wird die Handlung immer fesselnder und man kann sich an Grenouilles Verstand irgendwie vorstellen, wie krankhaft man an Ideen und an Hoffnungen festhält. Hier spielt der Film alle Trümpfe des Buches aus, auch wenn genauere Darstellungen der Gerüche und deren Auswirkungen auf Grenouille schwer rüber zu bringen sind. Zum Ende hin wird der Film für meinen Geschmack etwas zu extrem, was Nacktheit und Erotik angeht(ich muss gestehen, die Szenen haben mir auch im Buch nicht wirklich zugesagt). Den ganzen Film über gibt es nacktes Fleisch zu begutachten, aber zu diesem Zeitpunkt werden die Frauen noch etwas dezenter dargestellt. Später hingegen werden alle Hüllen fallen gelassen und dem Treiben wird erst sehr spät ein Ende gesetzt. Zwar kann man dieses Phänomen als moderne Kunst servieren, aber ich persönlich komme damit nicht ganz klar und frage mich ob diese obzönen Bilder wirklich sein müssen.
Das Parfum ist eine gelungene Buchadaption, die es nicht ganz schafft, die seelischen Probleme des Grenouille einzufangen, dafür aber durch solide Schauspieler und sehr gute Effekte glänzen kann.
Fazit:
+gute Schauspieler
+technisch sehr gut inszeniert
+Spannende Geschichte
-teils sehr stark übertrieben
-wenige Gedankenseindrücke von Grenouille
GESAMT: 6/10