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Die Filmwelt hat John Carpenter einiges zu verdanken. Vor allem in seiner Frühphase, also etwa bis 1980, hat er mit Filmen wie ASSAULT – ANSCHLAG BEI NACHT, HALLOWEEN oder DIE KLAPPERSCHLANGE definitive Kinogeschichte geschrieben. Auch THE FOG ist in solchen Auflistungen zu finden, aber gehört er wirklich dorthin?

Die Geschichte um die Seeleute, die 100 Jahre, nachdem sie durch ein falsches Leuchtfeuer in den Tod gesegelt sind, wiederkommen um Rache zu nehmen an den Urenkeln der Missetäter, die Geschichte ist einfach genug um durch alle Zeiten zu fesseln. Aber trotz des vernünftigen Casts, trotz hoher Spannung und mitreißender visueller Einfälle, trotzdem wollte der Film bei der Sichtung 40 Jahre nach seiner Entstehung nur zum Teil zünden. Woran kann das liegen?

Ich würde den Großteil der Schuld auf ein Drehbuch schieben, das es nicht schafft, den Figuren Leben einzuhauchen. Darwin Joston als Napoleon Wilson in ASSAULT, Jamie Lee Curtis in HALLOWEEN, oder Kurt Russells Snake Plissken in DIE KLAPPERSCHLANGE (Ups, der ist ja erst nach THE FOG entstanden) sind Charaktere, die mit wenigen und einfachen Pinselstrichen zum Leben erweckt werden. Die Interesse wecken, und mit denen man mitfiebern kann. Die lebendig wirken. Aber was bietet THE FOG? Uninteressante Gestalten wie Nick Castle (Tom Atkins bleibt komplett blass, wie vom Nebel verschluckt …), Schema F-Figuren wie Father Malone oder Kathy Williams (die nur zum Leben erweckt wird, weil Janet Leigh so gnadenlos überagiert, dass an diesem Punkt aus jeder Figur Leben sprühen würde), oder gleich vollkommen überflüssige Langweiler wie Jamie Lee Curtis‘ Figur, deren Sinn innerhalb der Story sich mir in keiner Sekunde erschließt. Mag ja sein, dass nach all der Zeit solche Charaktere zu oft gesehen wurden, aber ich stelle jetzt trotzdem einfach mal die Behauptung in den Raum, dass in dieser Menage auch nicht eine einzige Person ist, zu welcher der Zuschauer eine Bindung aufbauen kann. Doch, eine: Adrienne Barbeau, die als Radio-DJane Stevie Wayne als einzige mehr macht als entweder dumpf vor sich hin zu starren, oder eben zu viel Darstellung zu bieten. Die nämlich einer Filmfigur eine Persönlichkeit, und damit dem Zuschauer eine Identifikationsfigur, gibt.

Da die Figuren fade bleiben, fällt auch auf, wie schlicht die Story tatsächlich gestrickt ist. Bin ich ursprünglich noch von der 08/15-Handlung mit den Stadtoberen ausgegangen, die nicht wollen dass die Feier ins Wasser fällt (wie es beim WEISSEN HAI so hübsch vorgemacht und hundertmal kopiert wurde), so verlässt sich John Carpenter hier ausschließlich auf die Macht seiner visuellen Ideen. Die allerdings zugegeben wirklich gut sind! Die Toten im Nebel, und überhaupt der von innen heraus leuchtende Nebel, der mit einem Affenzahn das Land überflutet, das imponiert auch heute noch. Ich vermute mal ganz schwer, dass THE FOG auf der großen Leinwand erheblich intensiver wirkt als auf dem Fernsehbildschirm, und all die oben genannten Mängel im Kino einfach verpuffen. In der Macht des leuchtenden Nebels verschwinden, und von den eindrucksvollen Toten in Stücke zerhackt werden.

Auf dem Fernseher allerdings zeigt sich, dass THE FOG gealtert ist. Nicht mehr und nicht weniger, als vom Zug der Zeit ein wenig überrollt wurde, und außer von den letzten 20 Minuten, in denen Stimmung, Effekte und Musik zu einem überwältigenden Ganzen zusammenfinden, nur ein Gefühl übrigbleibt, welches zwar gefangennimmt, aber nicht lange vorhält. THE FOG ist kein Film mehr, der einem noch tagelang im Kopf herumspukt. Er ist spannend, er ist gut – aber ein Meisterwerk, wie so viele andere Filme aus dieser Schaffensphase Carpenters, ist er nicht. Mehr.

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