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"Ich wollte einmal testen, wie weit man in einer amerikanischen Produktion in Bezug auf Sex gehen kann", formulierte William Friedkin nach den Dreharbeiten zu "Jade". Wenn Stanley Kubrick so etwas in Hinblick auf "Eyes Wide Shut" gesagt hätte, wäre es nachvollziehbar gewesen. In diesem Falle wird allerdings nicht deutlich, was Friedkin damit wohl gemeint haben wird. Da scheint es, als war er sich selbst nicht ganz im Klaren, was er da überhaupt drehte. Einen Erotikthriller zumindest nicht, nicht einmal ansatzweise.

Ein mit einem antiken Beil begangener Mord an einem Millionär aus der High Society San Franciscos - das ist jedenfalls nicht mehr als der Auftakt für handelsüblichen Krimistandard. Symbolträchtig aufgebauscht ist die Tat zwar, doch will sie wie jene andere nur eines: aufgeklärt werden. Sexuelle Grenzen, die lotet Friedkin dabei nicht aus. Andeutungsweise zeigt er lediglich Jade, die unter Mordverdacht stehende Unbekannte, eine mysteriöse Femme Fatale, deren Fatalität im Verborgenen bleibt. Die Kunst der Verführung, das Verhängnisvolle, ist hier nicht relevant. Denn Jade ist ein Callgirl, eine Edelprostituierte, deren Dienste auf Bestellung in Anspruch genommen werden. Im Kerne der Geschichte steht zum einen die Auflösung ihrer Identität und zum anderen die Frage nach ihrer Schuld. Bei diesem nicht berührenden Dickicht aus ermüdenden Intrigen (am Rande ist mal wieder ein hoher Politiker in den Fall verwickelt) bleibt kein Platz für die erotische Spannung. Daran ändert auch Trina Gavin (Linda Fiorentino) nichts, die als Jade verdächtigte alte Liebe des ermittelnden Staatsanwalts David Corelli (David Caruso), die es vorzieht, nackt zu telefonieren.

Joe Eszterhas, Drehbuchautor von "Basic Instinct", nicht zu verschweigen aber auch von "Showgirls", hat eine austauschbare, zum Gähnen animierende Story entworfen, deren Potenzial mit dem eines beliebigen TV-Krimis konkurriert. Kinoformat besitzt dieses Werk von Friedkin beileibe nicht, diese Erkenntnis vermag auch sein Renommee als Regisseur des Horrorklassikers "Der Exorzist" nicht zu übertünchen. Dass er außerdem nicht imstande ist, glaubhafte Action zu filmen, stellt Friedkin bei den Verfolgungsjagden unter Beweis. Das bergige San Francisco ist dafür bekanntlich sehr beliebt, so auch hier: Die Wagen fliegen meterweit durch die Lüfte und Corellis Fahrzeug vollführt sichtlich unter Zuhilfenahme einer Rampe einen dilettantischen Stunt. Eine irgendwie symptomatische Sequenz für "Jade", einen Film, der zu Recht floppte.

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