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Nach dem beiden (künstlerischen wie kommerziellen) Flops „Another Day in Paradise“ und „Teenage Caveman“ versuchte sich Clark wieder mehr an den Stil seines Debüt-Werkes zu halte, diesmal lag seinem Film ein erfolgreiches Buch zu Grunde, der berühmte gleichnamige True Crime Roman von Jim Schutze. 

Warum aus „Bully“ nicht ein ähnlich schockierendes Meisterwerk wie „Kids“ geworden ist lässt sich sehr leicht beschreiben: Der Umgang mit den Tatsachen ist sehr konfus und obwohl sich Clark weitestgehend an die Realität hält, so wirkt alles trotzdem überspitzt und fast schon satirisch.

Während Clarks Stärke darin liegt Banalitäten zu inszenieren und provokativ in Szene zu setzen, ist die Story von „Bully“ einfach zu reißerisch und durch den realen Hintergrund einem realen Vorbild verpflichtet. Die Charaktere in Clarks letztem Werk „Wassup Rockers“ sind absolut beliebig und stellen exemplarische Beispiele dar. Trotzdem erweist sich Clark als guter Regisseur und schafft es das Drehbuch gekonnt zu visualisieren.

Die Schauspieler sind allesamt überzeugend und auch Nick Stahl geht in der sadistischen Hauptrolle voll auf, die Laiendarsteller in „Kids“, „Ken Park“ oder auch in „Wassup Rockers“ strahlen aber mehr Authentizität aus, gerade wegen ihrer fehlenden schauspielerischen Techniken. So wirkt „Bully“ nicht so dokumentarisch und intensiv wie Clarks beste Werke.

Einige Vergewaltigungs-Szenen und der finale Mord (welcher wahrhaft dreckig und verstörend eingefangen wurde) machen noch keinen Skandalfilm, das junge Alter der Charaktere und die subtil vorgetragene Gesellschaftskritik werden leider vom Publikum und Kritikern oftmals mit ungehaltenen Äußerungen über den Regisseur abgetan und nicht weiter hinterfragt.

Die beobachtende und authentische Kameraführung ist aber auch hier vorhanden und macht, gemeinsam mit zahlreichen Sex-Szenen und einem üblen Gewalt-Ausbruch am Ende, den typischen Eindruck eines Clark-Films. Die lineare Story spricht gegen seinen eigentlichen Stil, von dem er optisch allerdings sehr viel mitbringt. Der Soundtrack besticht durch eine stimmige Songauswahl, eine weitere Stärke des Regisseurs.

Homosexualität spielt eine Rolle, wenn auch nur angedeutet, präsent ist die Thematik den ganzen Film über, ähnlich wie in Gus van Sants Werk „Elephant“. Larry Clark als stumpfen Voyeuristen abzutun der mit seinen Provokationen mangelndes Talent übertünchen will, zeugt von großem Unverständnis und von fehlender Information über die Person selbst.

Er portraitiert seit Anbeginn seiner Karriere nun mal die verfallene und hoffnungslose Seite der Jugend und seine neueren Werke wie „Ken Park“ oder „Wassup Rockers“ strahlen mit ihren überzeugenden Emotionen die hohe Sensibilität des Machers aus.

In „Bully“ herrschen noch kalte Emotionen vor und die Perspektivlosigkeit der Teenager wird mehr oder weniger unkommentiert stehen gelassen, wovon sich Clark in seinen folgenden Filmen ein wenig (aber ganz und gar nicht vollständig) lösen sollte um mehr Platz für zärtliche Emotionen einzuräumen.

Fazit: Letztlich hinterlässt „Bully“ einen sehr zwiespältigen Eindruck und kann nicht die Klasse von „Kids“ oder „Ken Park“ erreichen. Trotzdem noch sehenswert und besser als viel vom üblichen Mainstream-Kram, nur wesentlich konventioneller und unbedeutender als Clarks andere radikale Werke.

5,5 / 10

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