Das Leben ist hart und ungerecht und jeder kämpft am Ende für sich allein. Von wegen. Die Sitcom Full House aus den späten 80ern/frühen 90ern straft all diese Weltansichten Lügen. Verehrte Zuschauer, setzen Sie sich Ihre rosaroten Brillen auf, kleistern sie sich den Mund mit pappsüßer Zuckerwatte zu und tränken Sie Ihr Hirn mit einem Liter Weichspülkonzentrat. Und los geht's.
Full House ist eine Comedy-Serie wie sie harmloser, klebriger und konstruierter wohl nie gedreht wurde. Drei Männer, nämlich der Saubermann und leibliche Vater Danny Tanner (Bob Saget), Stimmenimitator Joey (Dave Coulier) und Rocker Jesse (John Stamos), sind dazu gezwungen, drei kleine blonde Mädchen großzuziehen, nachdem deren Mutter gestorben ist. Da wäre die Älteste, D.J. (Candace Cameron Bure), die mittlere Tochter Stephanie (Jodie Sweetin) und das Baby Michelle (Mary-Kate und Ashley Olsen).
Das Zusammenleben ist anfangs nicht leicht, da die erzieherischen Vorstellungen der frisch zusammengezogenen Männer weit auseinandergehen und sie mit der Erziehung sowieso völlig überfordert sind. Nachdem aber alle auch ihr Privatleben umgekrempelt bzw. ganz an den Nagel gehängt haben, um den Mädchen eine Familie zu sein, wächst man schnell zusammen. Friede, Freude, Eierkuchen. Und das viele Jahre lang, in einer Folgenanzahl, die gut ins Dreistellige reicht und das auch noch ziemlich erfolgreich!
Nur warum? Weil kleine süße Kinder Freches herunterleiern, das ihnen das Drehbuch in den Mund gelegt hat? Weil alles, was diese süßen kleinen Kinder tun und sagen, automatisch mit lustig gleichgesetzt wird? Weil der unerträglich klebrige Schmalz, der aus jeder Szene tropft, so wunderbar herzerwärmend ist? Wie man sieht, lässt sich alles schönreden. Denn lustig ist Full House kaum. Eine ungewöhnliche Familiensituation wie bei dieser Sitcom schafft es trotz allem nicht, mit guten Witzen zu unterhalten. Da die Serie vor allem natürlich von den drei Mädchen lebt, liegt der Fokus auch auf diesen, so dass Kinder beim Gucken sicherlich Spaß haben, die Älteren aber eigentlich nur über die unrealistisch und aufgesetzt agierenden Kinder den Kopf schütteln sollten. Probleme, die meistens keine sind, werden in jeder Folge erneut zu etwas Großem aufgeblasen, man streitet ein bisschen, reißt vielleicht sogar einmal aus oder denkt ans Ausziehen. Und am Ende haben sich doch alle wieder lieb.
Mit dem Größerwerden der Kinder ändern sich natürlich auch die Probleme. Es folgt der erste Liebeskummer, Problemchen in der Schule—und auch Rocker Jesse wird plötzlich ganz brav und gründet mit Dannys Kollegin irgendwann seine eigene unerträglich kitschige Familie im ausgebauten Dachboden, nachdem sich der Zuschauer durch etliche Folgen nervtötender Schwangerschaftsstimmungsschwankungen gequält hat. Nach jeder Folge gibt es ein Happy End, nach jedem Streit eine Versöhnung mit schwülstigen Dialogen und noch pappigerer musikalischer Untermalung.
Full House ist durch und durch harmlos und belanglos. Es ist freundlich, es ist lieb und niemals zynisch oder böse. Es ist, als würde man in einer Umarmung festgehalten, die man sich niemals gewünscht hat. Es tut zwar keinem weh, aber schadet trotzdem, wenn man es sich öfters ansieht. Nachdem RTL die Serie an RTL II abgetreten hat, konnte der Tochtersender von Full House ja scheinbar nicht genug bekommen und sendete zeitweise täglich mehrere Folgen hintereinander. Das sollte dann auch die geneigten Zuschauer zu potentiellen späteren Amokläufern werden lassen.
Zwar besitzt Full House zugegeben einen gewissen Unterhaltungswert, aber nur, wenn man es wirklich wohldosiert konsumiert und sich am besten nur so nebenbei davon berieseln lässt. Full House ist seichte Comedy ohne Komik, dafür mit oftmals nervenden Kindern, verklemmten Männerrollen, konstruierten Situationen und jede Menge Klischees und klebrigem Pathos.
Warum die Serie einstmals so erfolgreich war, liegt in den Sternen. Sich diese des Nachts zu betrachten ist wahrscheinlich sogar gehaltvoller als die Serie zu gucken.