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Will Smith auf dem Weg zum dramatischen Darsteller ? - Der Garant für coole Unterhaltung, der sonst mindestens die Welt retten mußte, in einer Alltagsgeschichte ? - Funktioniert das oder driftet das in eine kitschige Belanglosigkeit ab mit dem Etikett der "wahren Geschichte" ?

Zumindest hat sich Will Smith sehr für diesen Film engagiert. Er hat ihn produziert und für dieses Projekt einen jungen italienischen Regisseur genommen, der in kleinen europäischen Filmen durch genau beobachtete Sozialdramen auffiel. Und er hat wie schon oft die Hauptrolle gespielt. Doch bisher spielte Will Smith immer Will Smith. Einen Typen, dessen Selbstbewußtsein durch nichts zu erschüttern ist, der auch den fiesesten Aliens noch mit einem lockeren Spruch einen überbrät ,der nie um eine Antwort verlegen ist und an dessen Erfolg schon von vornherein nicht gezweifelt werden darf.

Wie läßt sich dieser Charakter mit einem Mann vereinbaren, der in die sozialen Abgründe der amerikanischen Gesellschaft gerät ? - Erstaunlicherweise sehr gut, weil Will Smith sich zwar treu bleibt, aber dabei das Erfolgsgen auszublenden in der Lage ist. Dadurch gelingt ihm die Charakterisierung eines intelligenten und fähigen Mannes, der ständig mit sich kämpfen muß, um nach außen Selbstbewußtsein und gute Laune demonstrieren zu können, während ihn innerlich Selbstzweifel und Ängste quälen. Gerade durch Will Smith gleitet diese Figur weder in eine überdimensionale Tragik ab noch wirkt es unglaubwürdig, daß er Fähigkeiten hat, um aus dem Schlamassel wieder heraus zu kommen.

Der Beginn seines Scheiterns wird nicht genau dargestellt. Nur in einer kurzen Rückblende können wir erkennen, daß er mit seiner Geschäftsidee ,ärztliche Spezialgeräte zu verkaufen, aufs falsche Pferd gesetzt hat. Dabei wird schnell offensichtlich, daß Chris Gardner sehr gut verkaufen kann mit seiner kontaktfreudigen und freundlichen Art, aber die Geräte sind einfach zu teuer und für die meisten Arztpraxen nicht dringend erforderlich.

In dieser Ausgangsposition liegt für mich die eigentliche Qualität des Films, denn sie macht deutlich, daß Fähigkeiten und Engagement alleine nicht genügen, um zu verhindern, daß man auf das soziale Abstellgleis gerät. Besonders wenn man dann sukzessive das Vertrauen seiner Umgebung verliert, hier in der Person seiner Frau Linda (Thandie Newton). Die Beziehung verdeutlicht ,daß Beide auf Grund der materiellen Sorgen jegliche Fähigkeit verloren haben, noch konstruktiv miteinander zu kommunizieren und auch seine Durchhalteparolen und positiven Motivationen haben jegliche Wirkung verloren - die Kette der Enttäuschung ist einfach zu lang.
Hier wirken seine Fähigkeiten, die ihm sonst als Vertreter so nutzen, nur noch unglaubwürdig.

Regisseur Muccino vermeidet in diesen Auseinandersetzungen eine Dramatisierung oder Parteinahme. Die Konsequenzen ergeben sich zwangsläufig und dabei profitiert der Film von seiner sehr genauen Beobachtung. Denn die eigentliche Geschichte zeigt nur einen sehr privaten Ausschnitt - wir erleben einen normalen Alltag, bestehend aus dem Hinbringen des 5-jährigen Sohnes zum Kindergarten, der Arbeit als Vertreter und späteren Ausbildung, dem Abholen des Sohnes mit anschließender gemeinsamer Freizeit. Es existieren keine Freunde, keine Parties oder Feiern, keine Hobbies oder sonstige Aktivitäten in diesem Film. Diese im Grunde profanen Abläufe leben von ihren Details und zeigen sehr genau, wie Einem schon kleinste Unglücke den Boden unter den Füßen wegreißen können.

Im gesamten Film finden keinerlei Schicksalsschläge statt, es passiert nichts Extremes oder Außergewöhnliches. Dadurch das Chris Gardner seine Strafzettel nicht bezahlen konnte, hat er kein Auto mehr und ist so gezwungen, ständig den medizinischen Apparat mit den Ausmaßen einer Nähmaschine mit sich herum zu schleppen. Als er spontan in ein Bewerbungsbüro gehen muß, möchte er nicht mit dem fetten Apparat an der Hand einen schlechten Eindruck machen und bittet ein Gitarre spielendes Hippiemädchen darauf aufzupassen - er gibt ihr sogar Geld dafür. Man möchte glauben, daß man ihr vertrauen kann, doch sie läuft prompt mit dem Gerät davon.

So entstehen Abhängigkeiten und zusätzliche Probleme aus der Notlage heraus. Schon kleinste Ereignisse, als etwas sein Chef sich bei ihm 5 Euro leihen will oder ein Anderer vergißt sein Taxi, in dem Gardner noch sitzt, zu bezahlen ,bringen ihn schon in größte Schwierigkeiten. Das führt dazu, daß man Gardner ständig rennen sieht - immer muß er fliehen , noch gerade den Bus erreichen oder rechtzeitig zu einem Termin kommen.

Natürlich handelt es sich hier um die klassische amerikanische Erfolgs-Geschichte eines Menschen ,der tief fällt und sich dann am eigenen Schopfe wieder aus dem Dreck heraus zieht. Aber wer hier seine Vorurteile gegenüber solchen Stories einmal beiseite läßt, kann erkennen, daß sie ganz anders erzählt wird , nämlich viel einfacher und kleiner dimensioniert.

Das was Chris Gardner hier passiert, kann Jedem passieren - so wie heute alteingesessene Unternehmer pleite gehen, einfach weil der Geschäftserfolg zurück geht, so ergeht es auch Chris Gardner. Dann kommt noch die Polizei und das Finanzamt in die Quere und schon ist der knapp gestrickte Haushalt über den Haufen geworfen - jede Zusatzausgabe wird zur Katastrophe. Auch sein Bemühen wieder daraus zu entkommen, hat nichts überirdisches oder heroisches. Er versucht seine schon vorhandenen Fähigkeiten besser zu nutzen und hofft auf sein Glück und wir Zuschauer mit ihm.

Dabei bleibt der Film die gesamte Zeit über sehr ernsthaft, einzig der Umgang und die Gespräche mit seinem Sohn (sehr authentisch, da dieser auch von Will Smiths echtem Sohn gespielt wird) haben etwas leichtes, manchmal scherzhaftes. Aber dabei spürt man die Anstrengung, die dahinter steckt, und die daher rührt, daß Gardner seinem Sohn wenigstens ein bißchen unbeschwerte Kindheit in der offensichtlichen Malaise vermitteln will.

Doch so ganz traut "Das Streben nach Glück" dieser einfachen und überzeugenden Struktur nicht und so schwächen einige Hollywood-typische Stilmittel den sonst sehr guten Eindruck ab. Zum Einen wirkt die Musik oft deplaziert süßlich oder traurig und konterkariert damit den lakonischen Erzählton, zum Anderen wird recht unreflektiert die reiche Gegenwelt mit ihren Luxusgütern als begehrenswertes Ziel aufgebaut. Dabei zeigt ja gerade die intensive völlig unkitschige Vater-Sohn-Beziehung ,worauf es wirklich ankommt.

Fazit : lakonisch und detailliert erzählte Geschichte über den wirtschaftlichen und sozialen Niedergang eines jungen Familienvaters, von Will Smith in vertrauter Form dargestellt ohne die sonst üblichen Egoismen und Selbstüberschätzungen. Dabei bleibt der Film immer sehr nah am Geschehen und zeigt die engen Lebensverhältnisse ohne Freizeitvergnügen, Freunde und sonstige Unterhaltung. Er verdeutlicht, wie sehr eine finanzielle Notlage einen Teufelskreis in Gang bringt, aus dem es kein Entkommen zu geben scheint.

Übertriebene Dramatisierungen und klischeehaft überzogene Typen gibt es genauso wenig wie echte Schicksalsschläge. Alles ist in eine nachvollziehbare Normalität eingebettet, selbst Chris Gardners Versuch, diesem Schicksal zu entkommen, sieht man immer seine harte Arbeit an.

Mit dieser kleine Geschichte spricht man nur eine kleine Zielgruppe an, denn der Film setzt auf keinerlei Showwerte, überraschende Wendungen oder Dramatisierungen - selbst polarisierende Gegenüberstellungen oder Gesellschaftskritik wird hier nicht betrieben, zumindest nicht plakativ. Alles ist wie es ist, selbst die Übernachtung in einem Obdachlosenheim.

Vielleicht verwendet "Das Streben nach Glück" deshalb diverse Stilmittel, um es doch etwas massenkompatibler zu machen. Dazu gehört auch der völlig verfälschende Trailer. Doch glücklicherweise erhalten sich viele Qualitäten, an denen vor allen Dingen diejenigen eine Freude haben, die detaillierte Beschreibungen und genaue soziale Beobachtungen mögen und sich ein paar Stilblüten wegdenken können.

Letztendlich ein schöner und anrührender Film (7,5/10).

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