Nacho Cerdá dreht einen Geisterfilm, nun denn.
Vorweg muß ich sagen, daß ich von dem Mann, der uns vor vielen Jahren Aftermath bescherte, natürlich einiges an perversem Blutscheiß erwartete. Das kann man aber gleich mal knicken. Es gibt zwei mehr oder wenige harte Szenen im ganzen Film. Das macht aber gar nichts, da Cerdá mit wundervollen Aufnahmen und Stimmungen glänzt.
Die Story kann man kurz umschreiben: Marie erfährt, daß sie als Kind von einer amerikanischen Familie adoptiert wurde, und eigentlich gebürtige Russin ist. Sie reist zum geerbten elterlichen Gut nach Russland und trifft dort auf Nicolai, der angeblich aus den gleichen Gründen da ist, wie sie. Unheimliche Erscheinungen treten auf, kann Marie Nicolai trauen?
Ich muß zugeben, daß ich in der ersten halben Stunde überhaupt nicht gecheckt habe, wer jetzt von wem adoptiert wurde, wo wessen Familie ist usw., das ergibt sich aber irgendwann und man kann sich auf das restliche Erzählkonstrukt konzentrieren. Dieses ist recht nebulös, es gibt parallele Realitäten und verschiedene Zeitebenen, alles kommt sehr Mistery/Lynch-mäßig rüber. Am Ende des Films sollte man auch nicht zu viel hinterfragen, da sonst einige Ungereimtheiten, Logiklöcher und einfach Unsinniges hervorkriecht. Stattdessen also lieber an den wundervoll komponierten Bildern und gelungenen Schreckmomenten erfreuen.
Auch ist The Abandoned wirklich unvorhersehbar, was natürlich sehr zur Spannung beiträgt. Es sind zwar einige bekannte Versatzstücke zu finden, doch ist kaum zu erahnen, welche Entwicklung Story und Charaktere letztendlich nehmen.
Aus dem geringen Budget von ca. 3 Millionen Dollar hat Cerdá alles rausgeholt. Der Look des Films ist kühl und gespenstisch (wie passend). Es gibt sehr schöne Setdesigns und gelungene Computereffekte (Zeitsprung in der Küche). Die Schauspieler überzeugen (auch, wenn das Drehbuch sie manchmal etwas Blödsinn veranstalten läßt) und die Atmosphäre des Films ist durchweg gelungen.
Wer nicht unbedingt den tausendsten Asia-Geister-Aufguß sehen möchte, ist mit Nacho Cerdá's ersten Langfilm gut bedient. Natürlich wäre hier mit einem größeren Budget noch mehr zu machen gewesen, doch das vorliegende Resultat ist verdammt ordentlich und zum Glück nicht so 08/15 wie viele Spukhaus/Geister/Mistery-Gurken. Somit 7/10
MovieMadness