Ja, ich weiß, ich bin ständig hinterher, was die Aktualität der Filme angeht, die ich mir so anschaue. So hat's bei „300“ mal wieder gute vier Jahre gedauert, bis ich einen Film gesehen habe, der fast überall in den Himmel gelobt wurde. Das hat zum einen den Vorteil, dass mir dieses Naja-Filmchen bisher erspart blieb, zum anderen aber auch den Nachteil, dass meine große Erwartungen, hervorgerufen durch die überwiegend positiven Reviews, die im Internet zu finden sind, enttäuscht wurden.
Die Geschichte von „300“ ist so schnell wie einfach erzählt: König Leonidas von Sparta tritt bei den Thermopylen mit seinen 300 Elitesoldaten gegen die Armee des persischen Herrschers Xerxes an, die größte Streitmacht, die die Menschheit bis dahin gesehen hatte. Zwischendurch gibt es dann noch Nebengeschichten um Korruption und natürlich wäre „300“ keine Frank-Miller-Verfilmung, wenn es nicht auch ein paar Titten und eine Vergewaltigung gäbe.
Man könnte jetzt anfangen und „300“ als politisch und gesellschaftlich mehr als bedenklichen Film kritisieren – schließlich verprügeln über nahezu die gesamte Spielzeit 300 arisch anmutende Elitemenschen eine Übermacht an als transsexuell und extravagant dargestellte Perser-Schwuchteln. Ein Deutungsansatz wäre natürlich auch der, dass hier George W. Bush a.k.a. Leonidas gegen den bösen Urananreicherer Xerxes antritt. Dünnes Eis also. Da jedoch weder Regisseur Zack Snyder noch Frank Miller, Autor des Comics, der als Vorlage diente, in Interviews oder Audiokommentaren den Eindruck machen, nationalsozialistisch oder besonders republikanisch eingestellt zu sein, wollen wir dem Film mal nicht absichtliche politische Messages unterstellen und ihm sein Publikum vorwerfen. Es sei nur darauf hingewiesen: Wer gerne versteckte politische Botschaften in allem und jedem sieht, könnte bei „300“ das ein oder andere Mal aufstoßen.
Ich persönlich könnte ja darüber wegsehen, wenn der Film denn ansonsten gut unterhalten würde. Doch leider Fehlanzeige: Nach der durchaus gelungenen Exposition geht Zack Snyder dann relativ schnell dazu über, Kampf an Kampf, Gemetzel an Gemetzel zu reihen, die Charaktere werden nur soweit gezeichnet, wie für die „Handlung“ des Films (ha ha ha) unbedingt notwendig, da hätte ich vom Regisseur des sehr gut strukturierten „Dawn Of The Dead“-Remakes (2004) oder des tiefgehenden Anti-Superhero-Films „Watchmen“ (2009) eigentlich mehr erwartet. So entsteht eine Aneinanderreihung von Schlachten, die im Ausmaß, in der Intensität nicht einmal gesteigert werden, sondern es wird über weite Strecken einfach nur ein gleichwertiges Kampfgetümmel an das andere gereiht. Überflüssig zu sagen, dass das für jeden Freund von Story, Charakterspiel und durchdachten Filmen langweilig ist. Gähnend langweilig.
Immerhin kann „300“ optisch überzeugen, die CGIs, welche praktisch 90 Prozent des Films ausmachen (gedreht wurde ausschließlich vor dem Bluescreen) zeigen (fast) ausnahmslos, was der Stand der Dinge ist, etwas billig sieht lediglich der Wolf im Prolog aus. Auch ansonsten ist „300“ technisch gesehen durch und durch überzeugend, Kamera, Ton, Schnitt, Musik, Special Effects, das alles kann was und sorgt dafür, dass der Film technisch so ziemlich das Beste ist, was in den letzten Jahren so gedreht wurde. Wem das reicht, der sollte unbedingt zugreifen. Mir reicht's aber nicht. Ich mag gute Geschichten, über die sich jemand Gedanken gemacht hat – Fehlanzeige! Die Handlung von „300“ ist unstrukturiert, einfach, eintönig und klischeebeladen, die Dialoge sind auf ein Minimum heruntergefahren und im Großen und Ganzen eh eher blechern; die Schauspieler, die man verpflichtet hat, könnten dadurch überwiegend eigentlich mehr, als sie hier leisten müssen, was dazu führt, dass in den Reihen der Darsteller soweit kein Totalausfall zu verzeichnen ist.
Oder, um es auf den Punkt zu bringen: „300“ ist optisch grandios, inhaltlich dünn, strukturell eine Katastrophe. Unter'm Strich bleibt absolute, tiefste Mittelmäßigkeit. Zack Snyder und Frank Miller (ohne den Original-Comic zu kennen, aber der Film scheint ja wie man liest eine 1:1-Verfilmung zu sein) – das könnt ihr beide besser!