Review

300 ist großes Kino, nie langweilig und beeindruckend in Bezug auf Bilder und Kampfszenen. Tatsächlich wird neben all dem Blut und Eisen sogar noch eine Geschichte erzählt. Darin geht es um Leonidas, den König von Sparta in der Zeit von 488 bis 480 v. Chr.. Er erhält Besuch von einem Abgesandten des persischen Königs Xerxes. Xerxes verlangt die Unterwerfung von Sparta, doch Leonidas will lieber kämpfen. Da ihm die heimischen Priester die Unterstützung versagen, kann er dem Gesetz zufolge nicht mit dem heimischen Heer antreten. Doch statt sich zu beugen, rekrutiert er 300 Freiwillige, mit denen er das 100.000 Mann starke Heer (so historische Schätzungen) von Xerxes schlagen will ...

Ein 100-prozentiges Himmelfahrtskommando also, man kann sich das in etwa so vorstellen, als wenn Bremen (Sparta war auch nur ein Stadtstaat) von der spanischen Armee bedroht wird. Der Oberbürgermeister will kämpfen, aber der Bremer Senat hält die Wehrpflichtigen unter Verschluss. Weil der Chef aber genauso entschlossen - wie unbeirrbar ist - stapft er schließlich mit der freiwilligen Feuerwehr los um die spanische Armee zu besiegen.

Ein Held?

Im Film wird er jedenfalls ohne jeglichen Anklang von Ironie als letzter und einzig echter Mann in einer Welt der Korruption gefeiert. Schnell fragt man sich, wie er so werden konnte? Ganz einfach: Frühzeitig (also mit sieben Jahren) bekam er schon systematisch auf die Schnauze. Im schlimmsten Winter hat man ihn ausgesetzt und er musste sich in der Natur gegen Wölfe und andere Ungeheuer behaupten. Als diese Prüfungen bestanden waren, ist er der König von Sparta geworden.

Toll und unbestechlich! Sollte man also nicht auch heute noch seine Landesfürsten und Könige auf diese Weise selektieren? Wäre dann nicht endlich Schluss mit den korrupten Politikern, die sich von Industriellen schmieren lassen und die im Prinzip stets nur ihre eigenen finanziellen Interessen im Sinn haben?

Also sollte man vielleicht Merkel, Beck und Müntefering in den Dschungel schicken und wer nach 2 Jahren zu Fuß wieder rauskommt, darf Deutschland regieren?
Man darf zweifeln, ob dabei wirklich die beste Auswahl getroffen wird.
Denn selbstbewusst und mutig dürfte derjenige schon sein, der so etwas überlebt. Aber wieso um alles in der Welt soll man glauben, dass dieser jemand in irgendeiner Weise in der Lage ist, seine Mitmenschen zu führen?
Auch in einer Armee haben solche Leute nur eingeschränkte Einsatzmöglichkeiten. Perfekt als Pionier und Agent – aber hohe Dienstränge wie General oder Hauptmann? Undenkbar! Denn den wichtigsten Grundsatz: Bring the Boys back! Kennt so ein Held nicht. Geschweige denn Mitgefühl mit den Familien. Für solche Leute Ist jede gesellschaftliche Verantwortung nur eine lästige Fessel.

Aber warum will man solchen A-sozialen (also: nicht-gesellschaftsfähigen Menschen) in "300" ein Denkmal bauen? Sind die Zeiten wirklich so schlecht? Sind alle nur korrupt? Brauchen wir einen neuen starken Mann? Einen, dem man blind vertrauen muss? Der aber tatsächlich alle ihm Anvertrauten ins offene Messer laufen lässt?

Nein, von der Aussage her ist der Film erbärmlich. Dazu zählt auch der Griff in die tiefste Mottenkiste der Demagogie. Beispielsweise ist der Feind einfach nur schlecht und böse. Er hat kein Gesicht, will immer nur Unterwerfung und Unterdrückung und kein einziger seiner Soldaten hat eine Geschichte. Im Prinzip, genau wie bei den alten Cowboy-Filmen. Da waren die Indianer auch einfach nur die Bösen und jeder, der eine Rothaut abknallte - ein Held. Yippie Ay Yeah!

Auf derselben Schiene funktioniert „300“. Hier wollen die edlen Spartaner einfach nur ihre Heimat verteidigen. Und die Perser haben überhaupt keinen Grund, weshalb sie angreifen. Das macht die Entscheidungen für die Spartianer äußerst einfach: Tötet alle Fremden! Und das ist dann auch noch äußerst bedenklich umgesetzt, weil in den ersten Szenen alle Perser schwarz sind und insofern auch jeder Schwarze mit Genugtuung erledigt werden darf.

Jedenfalls rasselt es an allen Ecken und Enden im Film und wenn man innerlich mitgeht, fragt man sich unweigerlich, warum es eigentlich schon so lange her ist, dass uns ein Krieg reingewaschen hat? Man merkt, dass es uns verweichlichten Menschen schon lange an einer echten Herausforderung fehlt – also eine, in der richtige Männer gebraucht werden! Männer, die keine Angst vor dem Sterben haben! Und mal nebenbei gefragt: Sollte nicht jeder echte Mann auf dem Schlachtfeld sterben?

Jedenfalls sind das die Gedanken, die Regisseur Zack Snyder mit seinem Film ans Publikum weitergibt. Zwar sehen wir am Ende des Films kein „Join the Armee“ oder „eine starke Truppe“ Slogan. Aber zu den Werten des Films würde das inhaltlich sehr passen.
Und das ist eigentlich das Erbärmlichste an „300“.

Denn hier wird in beängstigend schönen Bildern der „gerechte“ Krieg gefeiert. … Dabei weiß doch seit dem Ersten und Zweiten Weltkrieg jeder, dass nach einem Krieg für viele das Leid erst richtig beginnt. Frauen, die ohne Ehemann und mit den allerwenigsten Mitteln drei Kinder durchbringen müssen. Mütter, die ihre Söhne nie wiedersehen. Kinder, die ihren Vater nie kennengelernt haben … Trösten die sich wirklich mit der Zeile: Ist als Held gestorben?
Hinzu kommt, dass in der heutigen Zeit wirklich kein Krieg mehr „gerecht“ sein kann. Man denke nur zuletzt an den Irak Krieg – hat das Eingreifen der Armee die Region befriedet?

Nein, heute weiß man das sogar noch viel besser als zu Zeiten des Eisernen Vorhangs. Mit Krieg kann man keine Probleme lösen. Man bringt nichts als Leid.

Dass jemand heutzutage diese Erkenntnis umdeuten möchte, ist schon ganz schön schwerer Tobak. Im Prinzip hätte Leonid auch fragen können: „Wollt ihr den totalen Krieg“? Sehen so die neuen Helden aus?

Also nein. Da ist mir die Merkel lieber. Auch wenn sie kein so schickes Sixpack hat.

Wirklich empfehlen kann man den Film deshalb nur der selbstironischen Gay-Community. Die kriegt hier gleich eine ganze Heerschar von Sixpacks in schwarzen Lederunterhosen mit wallendem rotem Umhang geboten … in dieser konzentrierten Form wirklich einmalig. Sogar die Frauen gehorchen der Ästhetik und sind flachbrüstig und dunkelhaarig. Dem schwulen Getue setzt schließlich Xerxes als Dragqueen mit typischen Bewegungen die Krone auf. Auf diese Art gesehen macht der Film sogar Sinn. Aber auch hier bleibt eine Frage übrig: Ist das eigentlich alles echt oder hat Zack Snyder die Muskeln mit einem Computerprogramm erzeugt?

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