Zack Snyders 300 nimmt für mich - soviel möchte ich direkt ohne breite Einleitungen feststellen - eine Sonderstellung unter den Filmen der letzten Jahre ein. Gar nicht mal deshalb, weil der auf bestimmte Art und Weise inszeniert wurde, sondern weil kaum ein anderer Streifen jemals derart interessante Kritiken nach sich gezogen hat (hier sei besonders ein Blick auf die Zuschauerrezensionen auf filmstarts.de empfohlen).
Was haben wir hier nun vor Augen? Eine opulente Comicverfilmung mit dezentem Bezug zu historischen Ereignissen? Einen CGI-Streifen, der sich dreist bei Star Wars und Herr der Ringe bedient? Oder ein faschistoides Machwerk, an dem ein gewisser Adolf seine Freude gehabt hätte, auf die Welt losgelassen, um die Jugend zu vergiften, das eigentlich in die Mühlen des Schmutz- und Schundgesetzes gehört?
Letztendlich muß diese Fragen jeder selbst beantworten, für mich ist der Streifen jedoch der bisherige Höhepunkt einer Tendenz der letzten Zeit, einen künstlerischen Schlußstrich unter die Herrschaft politisch korrekter Gutmenschen und Moralapostel über die Filmwirtschaft zu ziehen, die sich einbilden, sie müßten ungefragt erzieherisch auf den Zuschauer einwirken, indem sie mit Gewalt familienfreundliche Unterhaltung präsentieren. Letzten Endes dürfte jedem klar sein, daß nicht Jugendschutz oder eine andere Lokusparole, sondern lediglich Gewinnmaximierung durch das Ansprechen einer möglichst großen Zielgruppe im Sinne der Produzenten solcher Filme liegt.
Was mußten wir in letzter Zeit für verlogenen Mist ertragen, wobei diese "letzte Zeit" bereits in den Achtziger Jahren begonnen hat. Actionfilme, die nach dem A-Team-Schema gedreht wurden, in denen Hunderttausende von Schüssen abgegeben wurden, die aber keine Toten und schon gar kein Blut zeigten, Zensur im Übermaß, Filme, in denen alles gesagt werden durfte außer "Scheiße", die Entfernung solch "rassistischer" Ausdrücke wie "Negerkuß" aus dem täglichen Sprachgebrauch und vieles mehr, was die Jugend oder auch die ganze Bevölkerung, auf jeden Fall aber "andere" vor Verrohung, Niedergang, Feindseligkeit und Intoleranz bewahren sollte.
Was zeichnet "300" vor diesem Hintergrund aus? Zum einen, daß er so deutlich polarisiert, daß man hier zielgerichtetes Vorgehen unterstellen kann, und zum anderen, daß er relativistische Tendenzen nicht kritisiert, sondern schlicht ignoriert. In diesem Film wird, im Gegensatz zur Realität, nicht diskutiert, sondern amputiert, für mich persönlich ist dies gleichzusetzen mit so etwas wie frischer Luft.
Für viele andere ist es eine Gelegenheit, mal wieder die Moralkeule auszupacken, um damit auf alle intoleranten Deppen einzuprügeln, deren IQ nicht über den einer Scheibe Brot hinauskommt. Ich denke, daß "300" all diesen Humanisten zeigt, wo sie sich ihre Belehrungen hinstecken können, und das reicht mir durchaus, da brauche ich gar keine Charakterzeichnungen mehr, die dem Zuschauer bis zum Abwinken irgendwelche Motivationen der Handelnden klarmachen sollen. Wer hier ernsthaft meint, daß "die Jugendlichen" nach dem Genuss dieses "Riefenstahl-Machwerks" mit einem Schlag bis ins Mark verroht, im Sinne eines toten politischen Geistes mordend und plündernd durch die Lande ziehen, bringt damit nur zum Ausdruck, daß er selbst ein williges Opfer solcher Dinge sein könnte, und muß mit dem Verweis auf Riefenstahl-Ästhetik konsequenterweise auch den Stil eines jeden modernen Duschgel-Werbespots ablehnen.
Besonders interessant mutet auch an, daß der Film bereits als antiiranische Propaganda bezeichnet wurde. Unter Außerachtlassung der unwiderlegbaren Tatsache, daß dieser Streifen kein Historienfilm ist und sein will, wird darauf verwiesen, daß die Perser hier als Monster und Mutanten dargestellt würden. In dem oben genannten Forum sagte ein in Deutschland lebender Iraner gar, wir Deutschen sollten uns einmal überlegen, wie wir damit umgingen, würde man uns nur als depperte blutgierige Bestien darstellen. Ich kann's ihm sagen, wie wir damit umgehen: wir haben dazu beigetragen, daß die meisten amerikanischen Filme, die den zweiten Weltkrieg zum Gegenstand hatten, zu finanziellen Erfolgen wurden, indem wir brav Kinokarten kauften, und in politisch korrekten Zeiten nicht wagten, die Darstellung aller Deutschen als kritikloses, verblödetes, führergeiles Kanonenfutter zum Gegenstand einer Diskussion zu machen. Hoffentlich war "300" nur der erste Film einer Reihe, denn die Diskussion ist ja jetzt da.