Blut, Schweiß und Tränen. Seit Ridley Scott mit „Gladiator“ diese Sehnsucht wieder aufleben ließ, blieb man lange im Trockenen. Jetzt spritzt das Blut wieder aus ehrenvollen Motiven, Frank Miller erlebt nach „Sin City“ Hochkonjunktur. Er lässt 300 Spartaner gegen die Millionenarmee der Perser kämpfen.
Mutige Männer, die schon als Kinder zu patriotisch kompromisslosen Kampfmaschinen herangezüchtet wurden, stellen sich den Feinden aus dem Osten. Die Hochkultur Sparta wird von den Tyrannen unter der Führung von König Xerxes (Rodrigo Santoro) bedroht. Millionen Perser greifen an, König Leonidas (Gerard Butler) proklamiert den Widerstand, der nicht von allen unterstützt wird. Er zieht mit seinen mutigsten Kriegern, den Spartanern, alleine los, um die minderwertigen aber zahlenmäßig überlegenen Wesen an strategischen vorteilhaften Punkten zu zerstören. Gebt ihnen nichts, nehmt ihnen alles. Für Sparta!
Nicht wenige erkennen in dem Film Gefahrenpotenzial und schrammen damit herrlich am Thema vorbei. Natürlich ist das Werk faschistoid, selbstverständlich feiert man das Heldentum und zweifelsohne wird hier Geschichte verfälscht. Doch wen interessiert es, wenn man den Kontext betrachtet? Wer die Hommage, das comichaft Urkomische an der Sache nicht erkennt, der bläht sich hier genau so auf, wie der Film selbst. Frank Miller ist weder Moralist noch Historiker. Er macht Comics, die in Blut getränkt sind und auf amoralischem Nährboden gedeihen.
Aus Millers Grundlage resultiert Unterhaltung, die auf Überzeichnung und Action basiert. Regisseur Zack Snyder bedient beides, lässt lachen und reißerisch genießen. Geschichtsdarstellung ist schön und gut, in diesem Fall aber nur Staffage, die zu mehr oder weniger bedeutungsschwangeren Sätzen führt und ein Gerüst bildet. Nebenbei schenkt man der Religion und Politik noch ordentlich sauren Wein mit einem Augenzwinkern ein.
Die Spartaner kämpfen herrlich anarchisch für Freiheit im straff militärisch organisierten Rudel, um die eigenen autoritären Strukturen zu verteidigen. Die Gegner sind Tyrannen, ein demokratiefeindliches Pack. Deren Anführer Xerxes ist eine goldbeschmückte, drei Meter große Klischeeschwuchtel – mit schön aufgesetzt düsterer Stimmlage, nicht zu vergessen. Überall tummeln sich „gollumartige“ Wesen. Dazwischen mutige Krieger, mit blitzsauberem Sixpack und jede Menge Mut. Heldentugenden und Skrupellosigkeit. Da spricht der König noch von Manieren, wenn er ganz lässig auf einem Leichenberg seinen Apfel verspeist. So viel zum Thema Overkill. Da braucht niemand die Moralkeule auspacken, geprügelt wird in „300“ genug.
Das Blut spritzt, die Spannung steigt im Sinne des ästhetischen Rausches, den Snyder verursacht. Farbfilter und Lichtspiele versüßen das Geschehen. Graue, blaue, gelbe oder braune Töne verschwimmen zu einem Moloch, das die Pforte zum Comic öffnet. Pfeile verdunkeln die Sonne. Feuer erhellt die Dunkelheit. Es ist kurzum ein Spektakel, das die Sinne pulverisiert. Lanzen dringen in das menschliche Fleisch, Sperre durchdringen Mark und Bein. Es folgt das rote Etwas, das comichaft an Blutströme erinnert. Miller zeichnet mit dem Lebenssaft, der literweise in unseren Körpern fließt.
So hält sich die Waage im Gleichgewicht. Der Comic bleibt Fiktion, die man in dieser Art als Entertainment genießen kann. Natürlich hält man zu Sparta und dessen mutige Kämpfer, die in die Geschichte eingehen werden. Man hört Schreie, Schlachtrufe und lakonische Sprüche, die einen einstimmen auf das Geschehen und fesseln. Ein Spartaner wird man trotzdem nicht. Die Warnung, dass hier nicht alles Gold ist, was glänzt, braucht kein Mensch. Jeder spielt mit, ob Snyder, Butler oder die restlichen Krieger. Ein Comic gedeiht nach „Sin City“ wieder einmal im filmischen Mikrokosmos.
Millers literarische Amoral wird lebendig. „300“ gründet im Kontext von Blut, Schweiß und Tränen, die ein Spartaner natürlich nie vergießen würde, nahezu ein Subgenre. Fiktionale Historie bringt reißerische Action und viel Humor. Für Sparta und alle, die sich nicht engstirnig echauffieren wollen. (8/10)