Zwei Cops, ein Mafiaboss und der große Coup. Täuschung, Verrat, Loyalität, Ambivalenz - es verwundert nicht, dass Martin Scorsese Interesse an "Infernal Affairs" hatte. Das Original aus Hong Kong bietet ein Sujet, das in die Welt des italoamerikanischen Regisseurs passt.
Der Pate, eine "Ratte" und ein polizeilicher Verbündeter. Das ist die Ausgangslage für Mafiosi Frank Costello (Jack Nicholson), dem die Bostoner Cops im Nacken sitzen und Beweise für eine Verurteilung sammeln möchte. Das alte Problem und die altbekannte Geschichte. Traue niemanden. "Departed - Unter Feinden" beleuchtet beide Seiten der Medaille. Ein Verräter jeweils im anderen Lager.
Das Spiel funktioniert, man ist mittendrin und die Charaktere wirken interessant. Boston bietet mit tristen Gassen und den kontrastreichen alten und neuen Gebilden den atmosphärischen Nährboden, um die Welt der Mafia und Cops verschmelzen zu lassen. Das Produkt daraus ist komplex, verstrickt mitunter undurchsichtig - und mit einer Lauflänge von knapp zweieinhalb Stunden auch länger als das Original. Ein Problem, wie sich am Ende herauskristallisiert.
Die Protagonisten sind zweifelsohne plastisch - ihre Motive, persönlichen Hintergründe und allgemeinen Eigenschaften werden klar ersichtlich. DiCaprio und Matt Damon geben der "Ratte" und dem polizeiinternen Spitzel Ausdrucksstärke und Glaubwürdigkeit. Man spürt die Dekadenz in ihrer Aura. Was ist gut und was ist böse? Ambivalente Spannung.
Zentral steht Jack Nicholson, als Mafiaboss in markant lässig infernaler Art. Man spürt die Macht und das Anrüchige, es liegt etwas in der Luft. Die Cops kleben ihm am Rücken, aber in beiden Lagern befinden sich Kuckuckseier. Katz und Maus - wer ist wer? Undercover vs. Spitzel. Jede Seite ahnt die Situation, man belauert sich gegenseitig, wartet auf den entscheidenden Fehler - aber wer setzt sich letztendlich durch? Hier liegt die Spannungsquelle.
Das Blatt wendet sich mehrmals, aber zu lange und oft. Temporäre Längen entstehen, weil die Story mitunter zu sehr ausgedehnt wird. Manches wirkt in der Retroperspektive unnötig. Klischeehaft steht zwischen good und bad Cop eine Frau (Vera Farmiga) - wie könnte es anders sein. Eine plumpe festgefahrene Vorstellung wird dabei letztendlich zur uneffektiven Staffage, die nicht viel Neues transportiert.
Irgendwann verglüht der Funken und man dreht sich im Kreis. Nachdem das Pointenspektakel verblasst wird die Notbremse der Rohheit gezogen. Es wird brutaler, explizite Kopfschüsse zielen auf den Effekt ab. Leider wirkt diese Anhäufung wie eine Überzeichnung, ganz im Gegensatz zum ursprünglichen Feingefühl bei der Charakterzeichnung. Nebensächlich vergisst man dabei fast die Moral der Geschichte. Dekadenz - das Gute obsiegt - oder verlieren doch alle? Kann man wirklich von Gewinner sprechen.
Aus der Doppelwertigkeit schöpft "Departed" seine Kraft. Zwei Personen leben die Intention - leider ein wenig zu lange, um den Film als Meisterwerk bezeichnen zu können. (7/10)