Review

Seelenlose Comicverfilmung aka Hulk trifft Elektra ohne Seele

Begeht man in der heutigen Zeit einen Fehler, wenn man sich vor dem Kinobesuch auf einen Film freut?
Ist es zuviel verlangt dass ein Film wenigstens annähernd so gut wie seine Vorlage oder wenigstens sein Trailer ist?
Die Antwort auf diese Fragen lautet in viel zu vielen Fällen JA.

„Ghost Rider“ ist die lang erwartete und geplante Verfilmung (man dachte schon 2000 laut über eine Realisierung mit Johnny Depp nach) eines kultigen Marvelcomics, rund um den Stuntfahrer Johnny Blaze, der ähnlich wie Faust einen Pakt mit dem Teufel schließt und als Belohnung zum persönlichen Kopfgeldjäger von Mephisto befördert wird.
Die Ghost Rider Comics sind bekannter Weise keine Innovationshochburgen, bieten mit Johnny Blaze aka Ghost Rider aber einen tollen Antihelden und mit ihren düsteren Rachegeschichten eine angenehme Abwechslung zum ansonsten oft recht öden Marvelsuperhelden-einheitsbrei.

Die gefühlskalte Verfilmung schafft es jedoch weder sich der Stärke des (Anti-)helden, noch der Geschichten rund um ihn zu bedienen.

Regisseur und Drehbuch Mitverstümmler Mark Steven Johnson („Daredevil“) hat nämlich vergessen dem Film Spannung, einen roten Faden, interessante Gegner und eine stringente Erzählung zu verpassen.
Obwohl er vor dem Filmstart großmäulig behauptet hat, ein großer Ghost Rider Fan zu sein und sein ganzes Herzblut in den Film zu stecken, ist ihm lediglich eine blutarme, seelenlose und langweilige Farce gelungen. Ich kann für ihn nur hoffen, dass dieser Film nicht wirklich das ist, was dabei herauskommt, wenn er sich mit ganzem Herzen für etwas einsetzt. Denn gefühlskälter und glatt polierter kann man eine Rachegeschichte nicht mehr inszenieren.

Durch die eher mangelhafte Bekanntheit der Comicvorlage ist es verwunderlich (und eigentlich bewundernswert) dass man sich in Hollywood an eine Big Budget Verfilmung gewagt hat, anstatt Ghost Rider als B-Movie direct to DVD zu vermarkten. Das ändert nur leider gar nichts daran, dass „Ghost Rider“ in keiner Weise die Klasse der „X-Men“ Trilogie oder der beiden „Spiderman“ Streifen hat und vermutlich von einem weniger überambitionierten B-Movie Regisseur oder einem echten Comicfreak (wie z.B.: Kevin Smith) besser umgesetzt worden wäre.

Als Hauptdarsteller konnte man den passionierten Comicfan Nicholas Cage, der auch schon Superman werden wollte und Eva Mendes, eine mittelmäßige Schauspielerin aus Filmen wie „2fast 2furious“ und „Irgendwann in Mexiko“ gewinnen. Ihnen zur Seite stellte man Peter Fonda („Easy Rider“, „Flucht aus L.A.“) als Mephistopheles und Sam Elliott („Hulk“) als Mentor. Die gefallenen Engel rund um Blackheart, den Sohn des Teufels sind meiner Meinung nach keinen Pfifferling wert und somit in meiner Kritik uncredited.

Die Darsteller agieren durch die Bank so gefühllos und laienhaft als würden sie zu Hause vor dem Spiegel ihr allererstes Casting vorbereiten und vor allem Eva Mendes und die überschminkten Gegner des Riders spielen so schlecht, dass man sie sogar von einer Dorftheaterbühne prügeln würde.
Nicholas Cage setzt seinen berühmten Heul-Hundeblick auf und spielt bemüht, aber gefühlskalt, übertrieben und emotionslos einen Ghost Rider, wie man ihn bei Uwe Boll erwarten würde (bei diesem würden sich die Schauspieler aber wenigstens nicht so Bierernst nehmen).

Ich möchte natürlich niemandem den Inhalt vorenthalten:
Um seinen krebskranken Vater zu retten, verkauft der junge Motorradfahrer Johnny Blaze seine Seele Mephistopheles (Peter Fonda), wird aber von jenem betrogen und von seiner Liebsten Roxanne getrennt. Jahre später ist Johnny (Nicholas Cage) zum gefeierten Stuntfahrer aufgestiegen und Roxanne (Eva Mendes), inzwischen Reporterin tritt wieder in sein Leben.
Mephistopheles offenbart ihm justament einen Auftrag, durch dessen Erfüllung er seinen Vertrag auflösen und seine Seele zurückgewinnen könnte. Er soll als Ghost Rider gegen den machthungrigen Sohn des Teufels, Blackheart antreten und ihn zurück in die Hölle schaffen.

Zu Beginn des Streifens hatte ich zumindest noch das Gefühl mir, wenn der Streifen schon keine X-Men Konkurrenz wird, wenigstens eine echte Trashgranate anzusehen.
Aber die langweilige pseudo- Charakterbetonte Augenauswischerei die Stevenson hier fabriziert hat, ist weder thrashige Comicverfilmung noch Drama mit Tiefgang, noch die angestrebte Verbindung von beidem.
Nach 30 Minuten ist bei mir eine akute Gefühls- bzw. Leichenstarre eingetreten und diese wurde bis zum Ende nicht mehr durchbrochen.

Ich habe mich wirklich bemüht den Film zu mögen; habe mir immer wieder eingeredet wie witzig er ist, dass die Effekte nostalgisch anmuten, ich Nicholas Cage mag und mir die Grundgeschichte gefällt.
Aber das half alles nichts.
Wenn man auch nur zehn Minuten über den Film nachdenkt fallen einem auf Anhieb hundert Gründe ein, ihn nicht zu mögen und Eva Mendes’ zwei üppige, in etlichen Kleidern gut in Szene gesetzte, Freundinnen (ich konnte ihr oft gar nicht in die Augen sehen) reichen auch nicht aus, um den Film über die Distanz von 110 Minuten (gefühlte 180) zu retten. Da kann ich mir auch die neueste Maxim zulegen.

Der Film krankt noch zusätzlich an einigen Standardfehlern unserer Zeit:

  • Nebendarsteller sterben wieder einmal sang und klanglos, ohne dass es irgendeinen anderen Darsteller berühren oder belasten würde. Sogar Johny Blaze’s bester Freund stirbt am Rande ohne ersichtlichen dramaturgischen Sinn dahinter. Tolle Einstellung gegenüber der Welt.
  • Die Frau wird dem Mann wieder einmal deutlich untergeordnet und das sicher nicht nur aus Gründen der Originaltreue. Nicholas Cage fährt am Ende von „Ghost Rider“ einfach davon und Eva (und ihre beiden Freundinnen) akzeptieren das einfach so. Es gibt eine Kussszene und alles ist bestens.
  • Des Weiteren werden die Gegner lediglich als Anschauungsobjekte für die Kräfte des Helden verwendet. Denn trotz ihrer Fähigkeiten, die sie anscheinend nur zur Freude der Effektspezialisten haben, und ihrer jahrhunderte langen Erfahrung lassen sie sich von einem gerade eben erst mit Superheldenkräften ausgestatteten Stuntfahrer, ohne ersichtliche Gegenwehr, in einigen Minuten besiegen (außerdem lassen sie sich lächerlich schminken und wirken wie falsch gepolte Vampire). Mark Steven Johnson bemüht sich noch nicht einmal eine Kampfszene zu heucheln; es wird einfach die Kette geschwungen oder der Gegner gewürgt und schon ist alles vorbei. Somit sind Blackheart und Konsorten die wohl miesesten Gegner die es seit längerem auf die Leinwand geschafft haben. Sogar ärger als bei „Elektra“, wo eine Armee an Superbösewichtern nicht einmal gegen eine Frau mit Armbrust bestehen konnte. Vor Mephistopheles, angelehnt an die gleichnamige Figur aus Goethes Faust hätte ich ebenfalls keine Angst, denn er kann nicht einmal sein Bubi, dass sich von einem totalen Kräfteneuling wie dem Ghost Rider in 2 Minuten besiegen lässt, in die Hölle zurück bringen oder Blaze seine, ihm selbst verliehenen Kräfte wieder entziehen.
  • Außerdem hat der Ghost Rider die so genannte Supermankrankheit. Er ist absolut unbesiegbar, zeigt keine Schwächen und seine Gegner sind zu blöd eine Achillesferse zu finden. Das wiederum macht das Geschehen rund um den Hauptcharakter extrem langweilig.
Die musikalische Untermahlung ist passabel, aber einen Deut zu klischeehaft. Dramatisch bei den Verwandlungen, ein Chor in der Kirche und Rock beim Teufel.

Die Effekte sind großteils in Ordnung und ich mag mich an dieser Stelle auch gar nicht darüber auslassen, dass sie teilweise wie die Animationen zu PacMan Zeiten wirken, da es sicherlich schwierig ist eine ständig brennende Person auf einem brennenden Motorrad darzustellen. Obwohl ich zugeben muss, dass man in Zeiten von Fantastic Four doch bessere Menschliche Fackeln gewohnt ist.
Aber wie gesagt, ich habe auch nichts gegen Thrash.
Zugegebenerweise haben mir die herrlich billigen Effekte rund um den Rider noch den meisten Spaß bereitet, denn man muss eine besondere Begabung haben um mit kolportierten 120 Millionen einen solchen C-Moviestreifen zu drehen.

Des Weiteren werden überflüssige Szenen, nur um noch einige Effektshots, die noch dazu nicht gerade Auszeichnungsreif sind zu zeigen, eingefügt.
Ein Beispiel dafür wäre die Szene in der der aktuelle Ghost Rider und der Vorherige (wer das ist wird an dieser Stelle nicht verraten, obwohl es von der ersten Begegnung an klar ist) in die Wüste reiten. Die Szene sah gut aus, hatte aber überhaupt keinen Sinn oder Zusammenhang mit dem Filmgeschehen.

Ein roter Faden scheint so oder so eine Unbekannte für Johnson zu sein, denn dieser hat durchwegs gefehlt.
Die Geschichte ist weiters nur extrem langsam in Fahrt gekommen und hat vor möglichen Höhepunkten immer locker einen Gang zurückgeschaltet, um die Langeweile zu erhalten.

Die Lovestory ist unglaubwürdig und das Wort knisternd in diesem Zusammenhang zu erwähnen sollte mit sofortiger Flagellation bestraft werden.
Zu allem Überfluss wählte man auch noch zwei Laiendarsteller für die jungen Varianten von Johnny und Roxanne. Jung Johnny versucht vergeblich Cages Schmachterblick aufzusetzen und Little Roxanne ihre Oberweite größer erscheinen zu lassen als sie ist.

Die Dialoge grenzen, so ganz nebenbei, an Kindergartenpalaver und heben Bolls berüchtigte Oneliner in höhere Sphären.

Fazit:
Mephistopheles hat anscheinend in „Ghost Rider“ nicht genug Seelen sammeln können und sich darum die Seele des Films geschnappt.
Somit ein gefühlsarmer Film, der den Comics nicht im Entferntesten gerecht wird und auf der ganzen Linie gescheitert ist. So als ob man einige toll schmeckende Gerichte, falsch zubereitet zusammenstellt, ohne näher darüber nachzudenken und hofft das ein 5 Sterne Menu, dass seinem Koch/Regisseur so ganz nebenbei eine Haube einbringt, herauskommt.

Ein Film der zwanghaft mehr als durchschnittliche Unterhaltung sein will und daran kläglich scheitert

All jene die „Elektra“ restlos begeistert hat, werden bei „Ghost Rider“ durchschnittlich unterhalten werden.
Der Rest sollte eine Kiste Bier und Muntermacher zum Kinobesuch mitbringen.

Nachsatz:
Nichts desto trotz hat „Ghost Rider“ in den USA 52 Millionen an nur 3 Tagen eingespielt und sich somit eindeutig für eine Fortsetzung empfohlen. Ich freu mich schon darauf. (Achtung Ironie)

Große Angst bereitet mir auch die Information, dass sich Mark Steven Johnson an eine TV Serie der ultraharten Preacher Reihe von Comicgenie Garth Ennis heranwagen will. In diesem Fall darf man schon fast von Blasphemie sprechen.

Details
Ähnliche Filme