Franco und Ciccio sind im ersten Weltkrieg vor einem Kriegsgericht gelandet. Ein entlaufener Irrer verteidigt sie (und plädiert auf ehrenvolle Exekution), und erzählt die Geschichte, wie die beiden auf die Anklagebank kamen. Wie der Ciccio den Franco gewissermaßen geerbt hat, wie Franco die Einnahmequelle Ciccios, einen alten Karren mit Lehmdingsbumsen, zerstört, und wie sich die beiden daraufhin unter die frischgebackenen Rekruten am Bahnhof mischen um Pakete vom Roten Kreuz zu bekommen. Geradezu logisch, dass sie schnurstracks an der Front landen, und beim Versuch sich abzusetzen aus Versehen in einem österreichischen Militärlager landen. Wo sich die beiden Italiener natürlich als Deutsche ausgeben müssen, um nicht als Spione erschossen zu werden. Die Situation wird für die beiden immer kritischer, als sie zuerst ein Minenfeld zu durchlaufen haben, danach als Helden gelten und dadurch dem superkorrekten Feldmarschall von Gassman das Abendessen servieren müssen. Was sie mangels Sprachkenntnissen natürlich nicht hinbekommen, und von Gassman dann Satisfaktion verlangt: Die beiden haben gefälligst Suizid zu begehen! Auf der Flucht vor dem eigenen Selbstmord begegnen sie dann der Varietésängerin Naja, die unbedingt als italienische Mata Hari in die Geschichte eingehen will. Gemeinsam versucht man, wieder zurück zu den italienischen Linien zu kommen …
Oder so. Der Versuch einer Inhaltsangabe in einem Franchi & Ingrassia-Film ist immer so eine Sache, und kann schnell in genau dem gleichen Chaos enden, dass die beiden als natürliche Lebensumgebung ansehen. Solch einen Humor muss man mögen um den Film goutieren zu können, aber ich für meinen Teil muss zugeben, dass ich über die Grimassen von Franco Franchi immer ziemlich lachen kann. Seltsam, Jerry Lewis hat mir im Gegensatz nie viel gesagt …
IL GIORNO PIÙ CORTO, was man mit Der kürzeste Tag übersetzen kann, und was natürlich eine Parodie ist auf den im gleichen Jahr gedrehten DER LÄNGSTE TAG, hat aber noch eine Besonderheit für Liebhaber älterer italienischer Filme. Die Verleihfirma Titanus war damals so gut wie pleite, sowohl Robert Aldrichs SODOM UND GOMORRHA als auch Luchino Viscontis DER LEOPARD hatten nicht die gewünschten Ergebnisse an den Kinokassen erzielt, und das einstige Aushängeschild der italienischen Filmwirtschaft wurde durch diese beiden teuren Großproduktionen fast in den Ruin getrieben. IL GIORNO PIÙ CORTO war dann die Rettung, da sich hier 88 Darsteller bereit erklärten, umsonst mitzuspielen. Das muss man sich erst einmal vorstellen: 88 Darsteller, 44 Sprechrollen und 44 Cameos, spielen umsonst in einem Film mit um die Verleihfirma zu retten …
Und so wird das chaotische Treiben auf dem Bildschirm auch sehr schnell zum lustigen Rätselraten, wer da gerade durch das Bild gehuscht ist. Größere Rollen haben etwa Gino Cervi, Virna Lisi, und Raimondo Vianello, Sprechrollen haben unter anderem Stewart Granger, Pierre Brice, Terence Hill oder Giacomo Rossi Stuart abbekommen, gänzlich stumm bleiben Tomas Milian, Jean-Paul Belmondo oder Gabriele Tinti. Man merkt schon, das Namedropping hat hier eher was mit Klotzen zu tun als mit Kleckern.
Gänzlich durchgeknallt wird der Film übrigens, wenn sich die Handlung in das österreichische Lager begibt. Es wird viel Deutsch gesprochen, oft auch akzentfrei (Gérard Herter war ja auch Deutscher - Ich hatte das Gefühl dass er sich selbst spricht …), die Dialoge haben richtige Inhalte und sind vom üblichen Sauerkraut-Achtung-Gebrüll ganz weit weg, und in einer hinreißenden Szene sprechen Giacomo Rossi Stuart und zwei Kollegen über einen Gefreiten der eine alte Frau erschossen hat weil sie ihm keine Eier geben wollte. Ein unsympathischer Kerl, dieser Hitler …
Aber über allem sind immer und ausschließlich Franco und Ciccio. Die beiden muss man mögen, ich erwähnte es, und in Franco Franchi steckt neben einigem Stan Laurel und Harpo Marx vor allem natürlich sehr viel Jerry Lewis. Entsprechend ist der Humor - Subtil oder fein dosiert wird hier gar nichts, die Bratpfanne Kaliber 38 ist gerade noch ausreichend. Aber Francos Grimassen sind hinreißend, sein Gebrüll chargiert zwischen betörend und gnadenlos nervend, und ich würde so gerne mehr von seiner Maschinengewehrschnauze verstehen. Das Tempo ist hoch, der Ton ist laut, und zwischen dem Suchen nach bekannten Gesichtern und dem Aufpassen, dass bloß nichts von dem Wirbel auf dem Bildschirm verpasst wird, kommt man gar nicht dazu genervt zu sein. Man ist viel zu sehr mit Staunen beschäftigt ob des Irrsinns, dem man da beiwohnt.
Wahrlich kein großes Kino, und DER LÄNGSTE TAG hat deutlich mehr Pathos und Heldengesang. Aber DER LÄNGSTE TAG hat eben auch nicht Franco und Ciccio, und da ist einfach alles etwas anders. Irgendwie ... italienischer ...