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„Wir haben alles unter Kontrolle!“

Nachdem das „Freitag der 13.“-Franchise von Sean S. Cunningham zur „New Line“-Produktionsschmiede zurückgeholt worden war, bekam die Reihe einen ungeahnten Originalitätsschub. Der neunte Teil, „Jason Goes to Hell“ aus dem Jahre 1993, verprellte zwar viele Fans der alten Schule, punktete aber mit wahnwitzigen, harten Spezialeffekten und neuen Elementen und Aspekten der Jason-Mythologie. Satte acht Jahre später – dem größten Abstand zwischen zwei „Freitagen“, das „Scream“-inspirierte Slasher-Revival war gerade wieder abgeflaut – wurde zwar noch immer nicht das schon lange angedachte Aufeinandertreffen der Slasher-Prominenz Jason Voorhees und Freddy Krueger realisiert, dafür entsandte man Jason für „Jason X“ ins Weltall. Spielten bereits viele „Freitag der 13.“-Filme wenige Jahre in der Zukunft (indes ohne dies in irgendeiner Art zu thematisieren), wurde „Jason X“ zum richtigen Science-Fiction-Slasher, für den zudem ein für das Subgenre ungewöhnlich hohes Budget in Höhe von rund 14 Millionen Dollar zur Verfügung gestellt wurde. Mit der Regie wurde James Isaac (R.I.P.!) betraut, der zuvor bereits mit dem gelungenen „House III“ auf sich aufmerksam gemacht und mit David Cronenberg an Filmen wie „Die Fliege“, „Naked Lunch“ und „eXistenZ“ gearbeitet hatte sowie als Second-Unit-Regisseur für „Kuck' mal wer da spricht 2“ und „Kinder des Zorns V“ in Erscheinung getreten war.

Die Handlung beginnt in der nahen Zukunft: Jason (Kane Hodder, „Freitag der 13.“ Teile VII – X) weckt das Interesse des Militärs als „biologische Waffe“ und soll in ein anderes Forschungslabor verlegt werden. Dort kann er sich jedoch befreien und richtet ein Blutbad an. Der Wissenschaftlerin Rowan (Lexa Doig, „Andromeda“) gelingt es zwar, Jason in eine Kyro-Kammer zu locken, um ihn einzufrieren, wird jedoch von Jason schwer verletzt und gleich miteingefroren. 455 Jahre später ist die Erde unbewohnbar geworden und die Menschheit u.a. auf den sehr ähnlichen Planeten „Erde II“ umgesiedelt. Eine Gruppe Archäologie-Studenten von jenem Planeten erforscht die alte Heimat, findet die Eingefrorenen, bringt sie auf eine Raumstation und erweckt sie aus ihrem Kälteschlaf. Mittels Nano-Technologie können Rowans Verletzungen geheilt werden, doch zunächst glaubt ihr niemand, dass auch Jason noch am Leben, weil unsterblich, sei. Jason belehrt die Studenten sowie einen Trupp Elite-Soldaten eines Besseren…

„Was ist eine Eishockeymaske?“

Der unübersehbar von James Camerons „Aliens“ beeinflusste Film versucht einen Spagat zwischen Science-Fiction-Horror-Action und den typischen Zutaten eines Slashers, was darauf hinausläuft, dass Jason in futuristischen Raumschiff-Kulissen sein Unwesen treibt und neben dem einen oder anderen hübschen Mädel auf kopulationsgeile Studenten trifft – so haben viele gerade Sex, als er wiedererwacht, was natürlich zu ihrem Verhängnis werden soll (manche Dinge ändern sich eben nie). Demaskiert wird er diesmal bereits relativ zu Beginn und seine in beträchtlicher Anzahl vorkommenden Morde finden eine gute Balance zwischen Stattfinden im Verborgenen und expliziter, splatteriger Auskostung. Dabei ging man kreativ zu Werke und lässt Jason beispielsweise eine Dame erst in flüssigen Stickstoff tauchen, um anschließend ihren gefrorenen Kopf zu zerschmettern. Ein anderer landet auf einer überdimensionalen Schraube, die sich durch den Körper windet. Erstmals wurden auch computergenerierte Spezialeffekte benutzt, die sich jedoch sehr gut einfügen und nicht störend auffallen. Das passt besonders gut zu Szenen wie der eines futuristischen Videospiels, die Jason erst in der virtuellen Realität und schließlich real morden lassen.

„Wir sind hier in Sicherheit!“

Zwischenzeitlich tritt Jason gegen eine Androidin (Lisa Ryder, „Andromeda“) an, die es sogar schafft ihn zu erledigen – doch mittels der Nano-Technologie, die bereits Rowan das Leben rettete, regeneriert er sich und wird zu einer Art Super-Jason mit neuer Maske. Um diesen aufzuhalten, muss man sich schon etwas mehr einfallen lassen und so kommt man auf die grandiose Idee, Crystal Lake anno 1980 zu simulieren, um Jason abzulenken und sich erst einmal austoben zu lassen. Diesen Abschnitt nutzt „Jason X“ nicht nur zur Präsentation entblößter weiblicher Oberweiten, sondern auch zur Selbstpersiflage, zum satirischen Umgang mit den eigenen Opferklischees. Bei allen Parallelen zu „Aliens“ wie Erweckung von wehrhafter Dame und Monster in der Zukunft aus dem Kälteschlaf, Monster versus Spezialeinheit in Raumstation, Androiden und sinistrer Gestalt, die die Gefahr ungern komplett auslöschen würde, ist „Jason X“ der erwartet comichafte Sci-Fi-Slasher, der sich selbst nicht bierernst nimmt, einigen Humor mal mehr, mal weniger passend platziert und sich weder um psychologischen Tiefgang noch wirkliche Innovation bemüht. Noch vor „Freddy vs. Jason“ vermittelt bereits dieser Film das Gefühl eines Crossovers, ausgerichtet sowohl auf das typische Slasher- als auch das nerdige Science-Fiction-Publikum, konnte aber anscheinend beide nicht recht befriedigen, denn „Jason X“ floppte angesichts seines Budgets an den Kinokassen. Die konservativen bis kleingeistigen Fans der Reihe, die lediglich das Original für den heiligen Gral halten und sich fortan lediglich an der Ferienlager-Atmosphäre weiterer Teile erfreuen konnten, hatte man spätestens mit „Todesfalle Manhattan“ vergrault und aufgeschlossenere Slasher-Freunde mögen anmerken, dass Jason innerhalb des Weltraum-Ambientes größtenteils gegen eine x-beliebige monsterhafte Bedrohung aus dem All austauschbar wäre, was nicht ganz von der Hand zu weisen ist. Von der nicht Slasher-untypischen weitestgehenden Austauschbarkeit der Darsteller einmal ganz zu schweigen, die auch hier trotz annehmbarer bis befriedigender schauspielerischer Leistungen der Fall ist und bei den Science-Fiction-Fans ebenfalls negativ ins Gewicht fallen dürfte. Ein allgemeines Problem dürfte die gerade für einen Slasher räumliche Enge der Kulissen darstellen und so ist in den Gängen des Raumschiffs zwar gut Slashen, aber wenig Stalken. Vergleichbar mit den ausladenden, faszinierenden Konstruktionen der „Alien“-Filme sind diese bei Weitem nicht, so dass man gut daran tat, sie durch erwähnte Simulation und die eine oder andere Spielerei aufzulockern.

Dennoch ist „Jason X“ das, was dem titelgebenden Anti-Helden im letzten Drittel widerfährt: eine erfolgreiche Frischzellenkur. Der Film erreicht sein intendiertes Ziel, kurzweilig und gut zu unterhalten, bietet mit sorgfältigen Spezialeffekten und morbiden Make-up-Arbeiten echte Hingucker und verfügt über einen nicht unangenehmen, häufig augenzwinkernden Humor, ohne sich als Komödie zu gerieren. Von allen Horror-Anthologien, die ihre Handlung für eine Fortsetzung in die Weiten des All auslagern (wie „Critters“, „Hellraiser“ etc.), ist „Jason X“ vielleicht sogar das beste Resultat. Ein netter Gag ist auch, dass man die beiden Darstellerinnen der TV-Serie „Andromeda“, Lexa Doig und Lisa Ryder, in vertauschten Rollen spielen ließ – in „Andromeda“ ist Doig die Androidin. Dass man im Jahre 2455 DVDs noch für wertvoll hält, überraschte mich dann aber doch...

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