Britische Komödien laufen meistens immer nach einem ähnlichen Schema ab, bei dem der Underdog meistens am Ende Erfolg mit einer nicht zu erwartenden Seltsamkeit hat, so etwas gab es reichlich, von „Lucky Break“ über „Greenfingers“ bis „Calender Girls“, ganz zu schweigen von „Grasgeflüster“ oder „Grabgeflüster“ bis zu „Ganz oder gar nicht“.
Die Liste ist endlos und das Feel-good-Feeling kann eigentlich immer transportiert werden.
Mein persönlicher Favorit in dieser Reihe ist aber „Blow Dry“, der bei uns gar nicht mal unpfiffig „Über kurz oder lang“ heißt. Nur von extrem kurzer Laufzeit vereint dieser Film alle Elemente, die für diesen Komödientypus notwendig sind und reiht sie nacheinander auf – der Vorteil liegt darin, daß sämtlicher störender Balast liegengelassen wird und lediglich auf das Wesentliche, nämlich Spaß, Herz und Tragik eingegangen wird.
Schon beim Vorspann wird klar, daß der Film sich nicht in Nebensächlichkeiten aufhalten will: die Kleinstadt Keasley bekommt den Zuschlag für die Austragung der britischen Frisier-Meisterschaften und von da an fallen im Minutentakt die schrillsten Typen über den ländlichen Ort her – obwohl die Landbevölkerung auch ganz schön schräg ist.
Ein wunderbar abgestimmter Cast füllt dann die Figuren bis in die letzte Ecke aus: das menschliche Zentrum ist der spröde Alan Rickman, einen ehemaligen Frisiermeister, der mit seiner Frau seit Jahren nicht spricht, weil sie mit seinem Modell am Vorabend der Meisterschaften durchgebrannt ist. Jetzt hat sie (Natasha Richardson) jedoch Krebs im baldigen Endstadium, was sie ihrer Lebensgefährtin Sandra (Rachel Griffith – die Brenda aus „Six Feet Under“) jedoch verschweigt. Zu den Meisterschaften will sie ihr Vermächtnis erfüllen, ihre Familie zusammenbringen und im Wettkampf mitspielen, was sich natürlich als schwierig erweist, da sogar ihr Sohn (Josh Hartnett) Abstand hält, bis ihn die Tochter (Rachael Leigh Cook im Knuddelmodus) eines Konkurrenten (Bill Nighy aus „Underworld“ bzw. „Tatsächlich Liebe“) einwickelt.
Der Film ist komplett vorhersehbar und macht trotzdem einen Riesenspaß, weil er mit Volldampf voranprescht und sich nicht an der Tragik hochzieht. Genausogut setzt er seine abgefahrenen Pointen, denn in dem Nest wieseln die schrägsten Coiffeure Englands und betrügen sich gegenseitig. Als Schauobjekt darf man sich noch an den verwegensten Frisurkreationen seit Marie Antoinette delektieren, die jede der vier Frisurrunden ausmachen.
Ergänzt wird das durch das typische ländliche Britenvolk, dessen Bürgermeister sich so enthusiastisch in die Conferencier-Rolle hineinsteigert, daß er langsam aber sicher zum Entertainment-Star mutiert.
Ebenfalls positv, daß man sogar den bösen Konkurrenten hier nicht böse sein will, weil sie alle irgendwie eine reizende Seite haben. Und wem das nicht langt, der bekommt neben zu Herzen gehendem Humor noch eine Auswahl an denkwürdigen Augenblicken, die man lange nicht vergißt: Hartnett, der mit Cook an Leichen Haarefärben übt; Nighy, der sherlockesk an einem Dorfbewohner eine Haaranalyse samt Friseur vornimmt; Heidi Klum, die sich ihre Scham als Herzchen zurechtschnippeln läßt; Cook, die eine Schafherde bunt färbt; das atemberaubende Finale mit einer Haarcreation, die garantiert noch keiner vorher gesehen hat (und die traumhaft ist) und der Moment der Offenbarung, in dem Rickman wider Erwarten doch zum Endkampf antritt und seine Schuhe auszieht und dabei eine Scherentätowierung auf den Fußsohlen entblößt, die er mit herausforderndem Blick und herausfordernder Arroganz Nighy präsentiert.
Das alles stürmt in knapp 85 Minuten auf den Zuschauer ein und macht trotz aller Vorhersehbarkeit ein dermaßen glückliches Gefühl, daß man sich wünscht, man wäre live dabei gewesen. Und fängt gleich wieder von vorn an. (9/10)