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the Fifth Quarter - 7/10

Ursprünglich veröffentlichte Stephen King seine Kurzgeschichte „the Fifth Quarter“ 1977 unter dem Pseudonym John Swithen in der März-Ausgabe des Männermagazins „Cavalier“ sowie in einem „Twilight Zone“-Heft neun Jahre später – erst 1993 erschien sie unter seinem „echten“ Namen in der „Nightmares and Dreamscapes“-Sammlung. Es war das einzige Mal, dass er diesen Alias verwendete. Im Roman „Carrie“ (1974) gibt es übrigens ebenso eine Figur, die John Swithen heißt, nämlich einen beim Prom auftretenden „Folk“-Musikanten – kleine Info-Notiz am Rande.

Seit sieben Jahren muss Willie (Jeremy Sisto) die Zelle eines Gefängnisses in Maine sein „Zuhause“ nennen, doch vor ihm liegt jetzt nur noch eine überschaubare Zeitdauer, bis er wieder das Gefühl von Freiheit genießen darf – und er hat Glück, denn seine Frau Karen (Samantha Mathis) stand ihm seither immer bei und freut sich dementsprechend sehr auf die Rückkehr ihres Mannes. Außerdem wird es ihm endlich möglich sein, seinen Sohn Jackson (Kodi Smit McPhee) in die Arme zu schließen, den er bislang nicht aufwachsen sehen konnte. Sechs Wochen vor seiner Entlassung besucht ihn Karen das letzte Mal hinter Gittern, allerdings mit weniger willkommenen Neuigkeiten: Barney, ein guter Freund und ehemaliger Mithäftling, der nach dem Verbüßen seiner Strafe für ihn draußen nach dem Rechten schauen sowie bei Bedarf unterstützend tätig werden sollte, ist seit einigen Tagen spurlos verschwunden – zuvor hatte er sich anscheinend geschäftlich mit einem Ex-Con namens Cappy eingelassen.

Etwas über einen Monat später tritt Willie´s Bewährung in Kraft, worauf er zu seiner Familie zurückkehrt, die inzwischen in einem Trailer-Park wohnt, da Karen als Reinigungskraft im nahe gelegenen Vergnügungspark nicht gerade viel verdient – er verspricht ihr, dass er sich alle Mühe geben wird, das in Zukunft zu ändern, was sie mit Freude erfüllt. Ihre einzige Bedingung ist, dass er niemals rückfällig wird und sie somit erneut alleine lässt. In derselben Nacht klopft plötzlich der schwer verwundete Barney (Christopher Morris) bei ihnen an der Tür – der Bauchschuss ist übel, und seine Chancen, die nächsten Stunden zu überleben, stehen äußerst schlecht. Mit dem Tode ringend, klärt er Willie über die Hintergründe auf: In Cappy´s Auftrag haben er und drei Komplizen (Keenan, Sarge, Jagger) einen Coup durchgezogen, welcher stolze 3,5 Millionen Dollar als Beute hervorbrachte. Der Chef hatte das (nummerierte) Geld in Folge dessen versteckt, um erst einmal Gras über die Sache wachsen zu lassen, den betreffenden Ort hielt er auf einer Karte fest. Weil er selbst jedoch an einer tödlichen Krankheit litt, viertelte er den Lageplan und gab jedem Partner (im übertragenen Sinne) seinen Anteil, bevor er ihr kurz darauf erlag. Leider wurde Keenan unruhig sowie gierig: Beim Versuch, Barney sein Stück abzunehmen, hat er ihn dann angeschossen. Es ist nun sein Wunsch, Willie das Geld zu vermachen – auch wegen des schlechten Gewissens, in der Zwischenzeit mit Karen ein Verhältnis gehabt zu haben. Nach dieser ungemütlichen „Beichte“ überreicht er ihm das wertvolle Blatt Papier und verstirbt auf der Couch des gerade wiedervereinten Paares.

Natürlich will Karen augenblicklich die Cops rufen und denen die ganze Angelegenheit erklären, nur geht Willie davon aus, dass sie ihm keinen Glauben schenken werden. Stattdessen vergräbt er die Leiche auf einem Feld und fasst den Entschluss, seinen Freund zu rächen und die Summe für einen gemeinsamen Neuanfang zu verwenden. Als erstes sucht er Keenan (Peter O'Brien) auf, welcher angesichts der auf ihn gerichteten Waffenmündung behauptet, in Notwehr auf Barney geschossen zu haben. Willie glaubt ihm nicht und verlangt die Herausgabe seines Plan-Viertels: Er weigert sich, bekommt dafür eine Kugel in den Arm – das reicht, um ihn umzustimmen. Just in dem Moment taucht Sarge (Chris Kirby) vorort auf, ein Gespräch mit Keenan suchend. Den Überraschungseffekt nutzend, kann Willie ihn überwältigen und zwingt ihn hinterher dazu, (zusammen) seinen Teil des Lageplans holen zu fahren. Jagger (Robert Mammone) ist unterdessen ebenfalls auf die sich entfaltenden Ereignisse aufmerksam geworden, weshalb er Barney´s Schritte bis hin zu Karen nachvollzieht, sie zum Preisgeben weiterer Informationen zwingt und im Anschluss Keenan einen Besuch abstattet, den dieser nicht überlebt. In Sarge´s Versteck, einem abgelegenen Haus im Wald, laufen die einzelnen Fäden schließlich zusammen…

Wenn man an Stephen King denkt, kommt einem unweigerlich der Begriff „Horror“ in den Sinn, aber oftmals nimmt er sich genauso erfolgreich Thematiken an, die sich abseits jenes Genres bewegen – siehe „the Shawshank Redemption“ oder „Stand by me“. „the Fifth Quarter“ ist eine Kombination aus Krimi, Drama und Thriller, bei der die Charaktere klar im Vordergrund stehen – ganz ohne übernatürliche Elemente jeglicher Art. Ich muss zugeben, mich im Vorfeld auf diese Episode am meisten gefreut zu haben, da ich die beiden Darsteller Jeremy Sisto und Samantha Mathis ausnahmslos gern sehe sowie Rob Bowman (“Elektra“/“Reign of Fire“) für einen ziemlich fähigen Regisseur erachte.

Alan Sharp´s (“Rob Roy“/“the Osterman Weekend“) Adaption hält sich relativ nahe an der Vorlage – auffällige Abweichungen gibt es, wie man mir berichtete, nur am Ende. Ohne ins Detail zu gehen und somit eine Spoiler-Warnung aussprechen zu müssen, kann ich vermelden, dass der Ausklang einen bitterbösen Beigeschmack besitzt, welcher insgesamt zu gefallen weiß, obwohl sich dieser nicht unbedingt optimal mit den aufgebauten Sympathiewerten verträgt. Darüber hinaus wirken einige Details in diesem Bereich einen Tick neben der Spur, vielleicht weil bestimmte Dinge einfach aus dem Geschehen heraus fast beiläufig an ihren Platz zu fallen scheinen. Zugleich bin ich mir keineswegs sicher, ob mir das „Original-Finale“ lieber gewesen wäre, da es (vom Grundgefühl her) offenbar eine ähnliche Richtung einschlägt. Unabhängig des Schlusses, welcher nichtsdestotrotz fern von „misslungen“ zu beurteilen ist, muss man das Hauptproblem eher in der Konzeption der Story an sich suchen, denn jene ist leider nur unbeträchtlich originell und/oder fesselnd. Die Inhalte sind dem Betrachter bereits aus zig Crime-Movies der vergangenen Jahre vertraut, echte Überraschungen sucht man vergebens – irgendwo handelt es sich schon beinahe um klassisches Material, bloß ohne einen ausschlaggebenden Ruck vorweisen zu können, der alles aufs nächste Level zu katapultieren vermag. Die Geschehnisse spielen sich maßgeblich innerhalb nur einer Nacht ab, was positiv mit der knapp 50-minütigen Laufzeit harmoniert – länger hätte man sie nicht auswälzen dürfen, kürzer hingegen ebenso wenig. Tempo und Spannung befinden sich auf einem anständigen Niveau, langweilig wird es nie.

Es ist kein Geheimnis, dass ich Jeremy Sisto (TV´s“Six Feet Under“/“Trash“/“Hideaway“) für einen der talentiertesten Schauspieler seiner Generation halte – eine Einschätzung, die seine vorliegende Performance wiederholt bestätigt. Das Skript hat Willie quasi als ausbaufähige Hülle geschaffen, welche (angedacht) eine weite Palette an Emotionen (wie Wut, Verzweiflung, Liebe etc) aufnehmen bzw vereinen soll, und Sisto füllt diese bravourös mit Leben aus. Er riskiert seine gesamte Existenz, um Karen etwas bieten zu können, während er simultan den Schmerz des Verlustes einer nahe stehenden Person verarbeiten muss, die ihn allerdings mit seiner Gemahlin betrogen hat. Er gibt sich selbst die Schuld dafür, schließlich hatte er damals Mist gebaut und die sie voneinander trennende Gefängnisstrafe heraufbeschworen – eventuell kann er per Beschaffen des Geldes sowie dem Verzeihen ihrer jeweiligen Untreue (Freund/Ehefrau) einiges abbüßen. Sisto meistert sowohl die ruhigen als auch Action-reicheren Szenen überzeugend, die Chemie zwischen ihm und Samantha Mathis (“American Psycho“/“Broken Arrow“/“Salem´s Lot“ 2004) stimmt. Glaubwürdig verkörpern sie ihre Rollen und stärken die persönliche Note erheblich. Seit Samantha´s Beteiligung an einem der prägendsten Filme meiner Jugend, nämlich „Pump up the Volume“ (1990), schwärme ich für die attraktive New Yorkerin, was nicht heißen soll, dass ich ihre Leistung irgendwie zu Unrecht loben würde. Hier zeigt sie von neuem, was für vielseitiges Talent in ihr steckt – selbst wenn der Fokus im Mittelstück fast ausschließlich auf Willie gerichtet ist. Die übrigen (vor der Kamera) Agierenden sind kaum der Rede wert – sie erfüllen ihre Zwecke durch die Bank weg ohne herauszuragen oder Grund zur Klage. Ein außerordentliches Lob an die Casting-Leute dieser Mini-Serie, welche erneut ein inspiriertes Händchen bewiesen haben – von ihrer fähigen Arbeit profitieren die meisten Folgen ungemein, diese eingeschlossen.

Rob Bowman´s (nach „Umney´s last Case“) zweiter „Nightmares and Dreamscapes“-Beitrag überzeugt auf visueller Ebene mit ausgebleichten Farben und einem kalten, trostlosen Look, der hervorragend zu Werken dieser Ausrichtung passt. Die Konfrontationen, meist über den Lauf einer Waffe hinweg, sind direkt, also ohne viel Drumherum, die Shoot-Outs gleichfalls. Die gewählten Locations schließen sich diesem Eindruck nahtlos an – sie sind düster und verströmen keinerlei Wärme. Der großartige Score unterstreicht diese stimmige Atmosphäre passend, einzelne Dialogzeilen sind herrlich „hard-boiled“. Beispiel gefällig? „I´ll shoot out your Kneecaps, then make you get down on `em and clean up the Blood!“ So muss das sein! Die „Gang“ besteht aus gewohnt unterschiedlichen Mitgliedern: Keenan hat Stil, ist intelligent und vermutlich homosexuell, Sarge, ein durchtrainierter Afroamerikaner, war (wie es der Name schon andeutet) beim Militär, Jagger ist der knallharte Biker-Typ, Barney das schwächste Glied der Kette. Zwar wird die Balance zwischen Drama und Gangster- bzw Rache-Thriller geschickt gehalten, aber ersterer Anteil ist der erfüllendere: Die innige, von Hochs und Tiefs geprägte Verbindung zwischen Karen und Willie, welche in dieser neuen Situation umso zerbrechlicher wirkt, bleibt in Erinnerung. Die Folgen für die einzelnen Menschen stehen im Mittelpunkt, weniger die Machenschaften, aus denen sie resultieren. Wäre das Drumherum individueller ausgefallen, hätte ich gewiss eine höhere Bewertung gezückt.

Fazit: „the Fifth Quarter“ ist eine vollkommen in der Realität verwurzelte Geschichte über einen ehemaligen Häftling, den die Umstände erneut in genau das Umfeld zurückziehen, das er eigentlich hinter sich lassen wollte, so dass er alles auf eine Karte setzen muss, um sich und seiner Familie einen Ausweg zu ermöglichen. Toll gespielt und umgesetzt, mangelt es leider an frischen Ideen sowie einer nachdrücklicheren Spannungserzeugung, um rundum zu begeistern, weshalb ich letzten Endes „bloß“ knappe „7 von 10“ vergebe.

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