Wie soll man einen Film bewerten, der sich aus den verschiedensten Gründen jeglicher Bewertung entzieht? Was ich meine ist ; welche Kriterien entscheiden darüber, ob es sich bei besagtem Film um ein ECHTES oder ein VERMEINTLICHES Meisterwerk handelt? Wo sind die Grenzen? Und sind diese Grenzen klar erkennbar oder eher subjektiv definierbar? Woran wird ein Meisterwerk festgemacht? Nach meinem Dafürhalten ist ein Meisterwerk dann eines, wenn es in der Summe all dessen, was einen grossartigen Film ausmacht, in allen Einzelkomponenten durchweg und ohne Ausnahme restlos überzeugt. Drehbuch, visuelle Umsetzung, schauspielerische Leistung, Atmosphäre, Score, zu übermittelnde Message, Dialoge und nicht zuletzt die Intension die hinter der Verwirklichung des zuvor geschriebenen Plots in bewegte Bilder steckt. Ich denke, genau daran scheiden sich bei Pulp Fiction, genau wie bei etlichen anderen Werken der Filmgeschichte die Geister. Zumeist ist es doch so, dass die eigentliche Story der Faktor ist, der in einem selbst eine Saite zum klingen bringt....oder eben nicht. Es hat über zwanzig Jahre gedauert, ehe ich bereit war, mir DIE FARBE LILA endlich einmal zu Gemüte zu führen. Grund dafür war, dass mich die eigentliche Story nicht sonderlich interessiert hat. Welch Versäumnis. Welche Ignoranz. So hat es über zwanzig Jahre gedauert, ehe ich mir endlich selbst erlaubte, eines der grossen Meisterwerke der Filmgeschichte geniessen zu dürfen. Nun sind Filme wie eben genannter und ein Film wie Pulp Fiction sicherlich nicht auf der selben Ebene vergleichbar. Weder inhaltlich noch in der transportierten Aussage. Dazu sind sie einfach mal in ihrer grundsätzlichen Entstehung zu verschieden. Was aber durchaus vergleichbar ist, ist die Intension WARUM sie gemacht wurden. Ganz egal, ob dabei eine hehrer Grundgedanke wie "Alle Menschen sind gleich" oder die Frage nach dem Einfluss des "Schicksals" auf ganz banale Alltagssituationen innerhalb einer schmierigen Gansterposse im Vordergrund stehen. Und es ist eben diese Intension, die Pulp Fiction aus der schier unendlichen Masse der verfilmten Geschichten so prägnant heraushebt. Es ist unerheblich wie brutal, blutig oder abstossend die eigentliche Story ist. Vielmehr entscheidet die Tatsache, dass das Gesehene einen tiefen Eindruck beim Betrachter hinterlässt. Dass es den Zuschauer dahingehend involviert, dass er sich konfrontiert fühlt, mit dem was ihm gezeigt wird. Und genau das gelingt Tarantino ohne wenn und aber - meiner unwesentlichen Meinung nach. Dabei profitiert der Film ausnahmslos von allen seinen einzelnen Fakoren, die in ihrer Gesamtheit einfach passen, wie die berühmte Faust aufs Auge.
DAS DREHBUCH: Vier von einander unabhängige Geschichten, die sich im Verlauf des Films ineinander verflechten und die Unwägbarkeiten des Lebens auf geradezu brutale Art aufzeigen.
Sag also niemals; " Derlei kann mir niemals passieren". Ruf Dir besser die Szene in Erinnerung, als die Passantin, die Butch nach dem Unfall erste Hilfe geleistet hat, versehentlich von Marcellus angeschossen wird, weil dieser auf Grund seiner Benommenheit nicht Herr seiner Sinne war.
Bedenke, dass auch Du, während Du Deinen Burger im Fastfood - Laden verdrückst, durchaus Opfer eines Raubüberfalls werden kannst. Oder dass Dich mitten in der Nacht ein Bekannter anruft, der ein existentielles Problem hat, welches er ohne Deine Hilfe nicht lösen kann.
All das kann schon morgen passieren.
DER CAST: Fast überflüssig die Klasse derer, die mitgewirkt haben nochmals zu diskutieren. Travolta und Jackson waren individuell selten bis nie besser in ihrer Performance und funktionieren als Duo geradezu grandios. Bruce Willis verleiht Butch weit mehr Facetten als seiner Vorzeigefigur John McLane, Harvey Keitel ist als versnobt - kultivierter "Cleaner" eine Offenbarung, Tim Roths Minenspiel ist einfach klasse, Ving Rhames spielt mir geradezu beängstigender Kälte und Uma Thurman gibt die vollgesabberte, überdosierte Braut derart überzeugend, dass es eine wahre Pracht ist. Wobei man sagen muss, dass sie bei der Tanzszene im "Jack Rabbit Slims" gegen Travolta mächtig abstinkt. Aber ihm ist ausser Jackson ohnehin keiner gewachsen. Das ist womöglich auch der Grund dafür, dass die Nebendarsteller im Zusammenspiel mit Travolta/ Jackson die mit Abstand besten Leistungen abrufen, derer sie fähig sind.
DER SCORE: Bestens gewählt, perfekt getimed und kongenial eingesetzt. Besser gehts eigentlich kaum.
DIE KAMERA: Überwiegend konventionell, wenn das eigentliche Geschehen im Vordergrund steht. Subtil verspielt, wenn es der Sache - sprich der Aussage - dient. (siehe, die Szene, als Fabienne im Motelzimmer sich "Gesprengte Ketten" ansieht und mittels Spiegelung auf dem Bildschirm erscheint).
DIE DIALOGE: Das vielleicht stärkste Element des Films. Allumfassend einfach stark, und - wenn auch sparsam - auf den Punkt genau mit traumhaft sarkastischem Humor angereichert.
Auch hier wieder; die 100% Dialoge zwischen Travolta und Jackson. Selbst in der Synchro überzeugend, wenn auch die ein oder andere Pointe im Nichts verpufft. Siehe Mia's Tomatenwitz (Catch up - Ketchup). Und......Samuel L. Jackson kommt im Original einfach um Welten besser - echter Wehrmutstropfen!!
Also, drei mal die deutsche Fassung anschauen und sich dann die Originalversion reinziehn.
FAZIT: Bisweilen wird behauptet, der an sich banale Plot - respektive die vier Einzelgeschichteten - inhaltlich eher derber Natur, seien zu wenig gehaltvoll um ein wahres Meisterwerk auszumachen. Das mag stimmen, verglichen mit anderen Werken, wie dem z. B. Eingangs erwähnten "Die Farbe Lila".
Allerdings führt schon der Titel PULP FICTION diese Behauptung meiner Meinung nach ad Absurdum. Vielmehr sollte beachtet werden, was Tarantino aus "Schundliteratur" gemacht hat. Ob Meisterwerk oder nicht, das möge jeder für sich entscheiden. In jedem Fall ist PULP FICTION ein " 10 von 10" Film. Und zwar ohne jeden Zweifel!