Review

Buntes Gangstertreiben mit viel Dialog - 14.01.2008

Quentin Tarantino wird von sehr vielen Menschen geradezu verehrt, aber wenn man einmal hinter die Fassade seines so überaus gelobten Streifens „Pulp Fiction“ guckt, dann stellt man sehr schnell fest, daß auch dieser Herr nur mit Wasser kocht. Zeit also, sich den Film einmal mit den wachen Augen eines kritischen Zusehers angedeihen zu lassen. Ich persönlich kann den ganzen Trubel rund um den Streifen nicht nachvollziehen, denn die Geschichten sind so neu nicht, die Dialoge teilweise arg ausgefranst und zudem nicht immer gelungen. Schön jedoch, daß eine gewisse Qualität in der Herrenmode in diesem Film als „cool“ transportiert wird, schön zudem, daß Herr Travolta aus den Grüften wiederbelebt wurde und auch tanzen darf. Viel Gutes also in dem Film, aber wie so oft gilt, wo viel Licht, da auch viel Schatten.

Neu und auf diese Weise noch nicht gesehen war die Erzählstruktur, die vor allem im Jahr 1994 für viel Gemurmel sorgte. Denn Tarantino, der am liebsten selbst auf der Leinwand zu sehen ist, verzichtet auf eine stringente Abfolge der drei Geschichten, sondern verknüpft diese mittel Kapiteleinblendungen geschickt miteinander. Dabei hat jede Episode ihre Stärken, die erste aber aufgrund ihrer Länge auch deutliche Schwächen. Ja, die Länge…wenn man gerne Dialoge schreibt, dann reitet der Gaul gerne mal wild davon. Wir sehen ein Kaleidoskop von bekannten Namen auf der leinwand, zentral dabei die Figuren von Jules und Vincent, auch die Namensgebung ein Verweis auf die nächtelangen Sitzungen mit Videothekenware aller Art, aus der sich Tarantino bis zum Überdruß bedient. Die beiden arbeiten für den Großganoven Marcellus, der aktuell zum einen seinen Koffer wiederhaben möchte – hier der klassische McGuffin von Hitchcock, denn wir sehen nie den Inhalt des gold leuchtenden Gepäckstücks – zum zweiten seine Frau von Vincent abends ausführen läßt und zum dritten einen Boxkampf manipuliert, ohne aber den Boxer unter Kontrolle zu haben.

Diese drei zentralen Handlungseinheiten werden noch angereichert mit der Beseitigung eines zufällig erschossenen Mitmenschen und einem kleinen Restaurantüberfall, in dem wir die unglaublich widerwärtige Amanda Plummer sehen müssen, huh, wer so etwas als Frau daheim hat, geht lieber in den Wald. Und so verfolgen wir nun allerhand Menschen, deren Schicksale miteinander zu tun haben, lauschen teils sehr witzigen, teils aber auch sehr länglichen Dialogen und werden von feiner Musik berieselt, deren Auswahl nur als gelungen zu bezeichnen ist. Doch die Schwächen des sehr langen Films werden vor allem in der Episode rund um den Boxer sichtbar, denen hier agiert sehr entspannt Bruce Willis, aber er muß sich mit vielen Damen unterhalten – dabei vergehen rund 15 Minuten, die man hätte prima einsparen können. Und auch die Geschichte des mißlungenen Abends zäht sich ehe, als daß sie puren Genuß bietet. Um mit dem Film selbst zu sprechen: er sieht aus wie ein Fünfdollarshake, schmeckt aber nur wie ein guter Milchshake.

Warum man den Stempel „Kultfilm“ draufgedrückt hat, vermag ich nicht zu verstehen, denn dafür ist manches einfach nicht wirklich perfekt, weder vom Timing noch vom Inhalt. Aber man muß dem Film dennoch attestieren, daß er die Grundlage für eine Reihe feiner Gangsterfilme bietet, doch auch diesen Thron muß sich Tarantino mit Guy Richie teilen, dessen englische Gangsterfilme noch einen Tick origineller und vor allem kürzer sind. Insgesamt also ein Schritt in die richtige Richtung zur Modernisierung des Kinos, aber in meinen Augen wahrlich kein Meisterwerk - 7/10.

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