Review

Um es gleich vorweg zu nehmen - ich werde nicht in den Chor der Lobeshymnen eintreten, schon gar nicht werde ich das Ergebnis im OFDb unterstützen, daß diesen Film als den Besten aller Zeiten ausweist.

Vielleicht ist dieses Review weniger eine Kritik an diesem Film, sondern mehr an der Haltung hier im OFDb.

Denn als ich den Film 1994 im Kino sah ,war ich absolut begeistert. Und machen wir uns nichts vor, es heißt schon was ,einen Stil zu kreieren, der auf ewig und für zig Filme als Tarantino-Touch gilt.

Aber was hat Quentin Tarantino denn gemacht ? - Im Grunde einen Jugendtraum erfüllt, indem er die gesammelten Erfahrungen seiner Jugend in dieser Art von Film verwirklicht hat.

Als 1963 geborener gehörte er der ersten Fernsehgeneration an. Klar gab es schon seit Beginn der 50er ein ordentliches Fernsehprogramm (in den USA). Aber das wurde noch von der Nachkriegsgeneration gesehen, erst ab Beginn der 60er wuchs die erste "Sorglos-Generation" heran, deren Weltbild größtenteils von Fernsehserien, Comics und Kinofilmen geprägt wurde.

Ab 1961 erschienen die Marvel Comics, James Bond begann seine geheimen Aktivitäten, die große Zeit der Krimiserien im Fernsehen begann und die Martial Art -Filme kamen auf. Jeder kennt Tarantino's Vita, als jemand der ständig im Kino herum hing.

Sein größter Verdienst ist, daß diese Lebensform inzwischen als "COOL" gilt.

In den 70ern galten Typen, die noch als bebrillte Teenager Comics lasen oder sich 20mal hintereinander in irgendwelchen speckigen Kinos den selben Kung-Fu Film ansahen als dermaßen unangesagt, daß sich ihnen Frauen in der Regel nur näherten, wenn sie jemand brauchten, der ihnen die Hausaufgaben machte.

Tarantino spielt auch mit diesem Image, indem er selber immer die uncoolen Typen in seinen Filmen mimt. In "From Dusk till Dawn" gibt er den verklemmten Massenmörder, in "Pulp Fiction" einen ängstlichen Typen, der sich über (mit Blut) verdreckte Handtücher Sorgen macht und Angst vor seiner Frau hat.

Weiter vertiefen möchte ich die Angaben zur Story nicht, denn sie ist den meisten sicherlich schon bekannt. Tarantino lebt sich jedenfalls voll aus :

- nicht lineare Erzählweise, in der später Dinge gezeigt werden, die schon zuvor geschehen sind, was immer zu sehr schönen spekulativen Gesprächen unter den Fans führt,

- ausführliche Gespräche zwischen den Protagonisten, die absolut nicht zur Situation passen. Damit erzeugt Tarantino schöne absurde Situationen, die aus ihrer Umkehrung zur normalen Erwartungshaltung ihre Komik beziehen,

- brutale Situationen mit entsprechenden coolen Sprüchen ("Ich schick die ein paar Crack-Nigger vorbei")

usw.

Im Grunde war "True Romance" sein ehrlicherer Film. Hier spielt eben ein Comic- und Kung-Fu-Liebhaber die Hauptrolle und als ihn dann eine Frau während eines Kung-Fu-Filmes anspricht, konnte das irgendwie nicht mit rechten Dingen zugehen....Auch hier gibt es schon viele absurde Situationen und coole Sprüche, aber die Hauptdarsteller wirken eher liebevoll als cool.

Das hat Tarantino in Pulp Fiction geändert, hier gibt es mit Samuel L.Jackson, John Travolta, Bruce Willis ,Harvey Keitel usw. ne Menge obercooler Typen, dazu noch das intellektualisierte Drehbuch und fertig ist der Kultfilm....

Nur, das war vor 12 Jahren und die Spuren der Zeit sind nicht an diesem Film vorbeigegangen.

Das merkt man besonders an Tarantino himself, der sich schon längst von diesem "Stil" verabschiedet hat. Der Mann hat inzwischen sein Hinterhof- und Ich-vergrab-mich-tief hinein-Kinodasein längst hinter sich gelassen und ist inzwischen ein anerkannter Autorenfilmer. Das wird und bleibt man nicht mit Filmen, die auf ewig seine Jugendzeit widerspiegeln. Die unzähligen, nicht immer zu recht als "Tarantino-Touch-Filme" bezeichneten Werke, stammen ausschließlich von anderen Regisseuren.

Und niemand hier sollte sich auch etwas vormachen - diese Art Filme kommen mit Sicherheit beim männlichen Geschlecht deutlich besser an als beim weiblichen, denn das sind nun einmal zutiefst männliche Erfahrungen, die in "Pulp Fiction" kulminieren.

Fazit : ich möchte nicht mißverstanden werden, ich liebe diesen Film auch aus genau den oben genannten Gründen. Aber ich verwechsele ihn nicht mit einem absoluten Meisterwerk oder gar besten Film aller Zeiten.

Denn dazu fehlt eine ganze Menge, besonders aber der emotionale Aspekt, der hier überhaupt nicht angesprochen wird. Irgendwie bleibt das Ganze eine schöne filmtechnische Spielerei, deren Spaß vor allem darin liegt, daß man sich in dieser Art des Humors wiederfindet .

Niemand kann mir erzählen, daß er nachdenklich aus diesem Film ging ,außer daß er daran dachte, wie er die ganzen coolen Geschichten und Sprüche weitererzählen soll.

Und irgendwie ist das vergänglich....jetzt gebe ich noch 8 Punkte, aber das kann weiter fallen (8/10).

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