Review

Hope (Nadja Brand) ist eine alleinerziehende Mutter einer kleinen Tochter, die es immer wieder zu Blinddates zieht. Nachdem sie sich an einem Abend wieder einmal mit einem Mann getroffen hat, erwacht Hope am nächsten Morgen lebendig begraben in einer Holzkiste im Wald und kann sich nicht mehr daran erinnern, wie sie hierher gekommen ist. Nach schrecklichen Panikattacken wird Hope schließlich von einem fremden Mann befreit, doch die eigentliche Bewährungsprobe wartet noch. Hope wird mit einer Schlinge um den Hals an einen Baum gebunden, mit den Füßen auf einem morschen Holzbrett stehend. Der Clou: Um sich von dem Strick zu befreien muss Hope an eine Rasierklinge gelangen, die ihr der unheimliche Fremde während ihrer Ohnmacht in den Bauch eingenäht hat...

Hope übersteht den blutigen Aufnahmetest und wird von ihrem Entführer (Eric Colvin) in dessen Versteck im Wald fortan wie eine Sklavin behandelt. Sie muss niedere Dienste verrichten und sich um seinen Garten kümmern. Jeder Fluchtversuch wird dabei brutal bestraft. Der unberechenbare Waldschrat hat jedoch nicht mit dem Überlebenswillen der Frau gerechnet, die seine brutalen Behandlungen über Wochen über sich ergehen lässt, stets auf die passende Gelegenheit zur Flucht wartend...



Bei "Broken" handelt es sich um einen wie aus dem Nichts aufgetauchten Low-Budget Film, der es von Anfang an nicht gerade leicht hatte, da bereits kurz nach seinem Erscheinen der Vergleich mit "Saw" herangezogen wurde. Der anfänglich nur auf Festivals gezeigte, doch mittlerweile schon in einigen Ländern auf DVD erschienene Film hat mit James Wan's Überraschungserfolg aus dem Jahr 2004 aber nur recht wenig zu tun, von einer derben und blutigen Einstiegssequenz gleich zu Beginn mal abgesehen. Ansonsten erinnert das Ganze mehr an einen "Wolf Creek" Verschnitt, der auf psychologischer Ebene zu wirken versucht. Den Regieposten teilten sich dabei gleich zwei Männer, nämlich Simon Boyes und Adam Mason. Letztgenanntem gelangen mit seinen vorangegenen Filmen "The 13th Sign", "Dust" und "Prey" freundlich ausgedrückt noch keine Meisterwerke, weshalb er sich für "Broken" wohl den Regie-Neuling Boyes zur Unterstützung mit an Bord holte.

Das Tolle an dem Film ist, dass wir es hier mit einem kleinen Independentflick zu tun haben, hinter dem wirklich die Intention steckt, etwas Gutes auf Kamera festzuhalten. Dabei übernahmen viele der Beteiligten gleich zwei oder drei Posten, um die Kosten auch möglichst gering zu halten. Doch trotz seiner Herkunft aus der Low-Budget Ecke kann sich "Broken" durchaus sehen lassen. Der mit einer DV-Kamera festgehaltene
Film kam auch durchaus berechtigt zu einem gewissen Ruf, auch wenn, ich kann es nur immer wieder wiederholen, der Vergleich mit "Saw" unangebracht ist. Auch handelt es sich hier keinesfalls um einen Überflieger an Gewalt und Abscheulichkeiten, wie so manches Review vielleicht den Eindruck vermitteln möchte. "Broken" reiht sich in ein zufriedenstellendes Mittelfeld der derzeitigen Terrorproduktionen ein, nicht mehr und nicht weniger.

Weniger ist manchmal mehr, so sagt man, doch leider gilt dies nicht im Fall des hier vorliegenden Films. Der Streifen spielt ausschließlich im Wald und handelt weitgehend von zwei Charakteren, erst im letzten Drittel stößt noch eine weitere Person zu dem Geschehen hinzu. Was sich dadurch um so mehr bemerkbar macht, ist die alles überschattende Ideenlosigkeit des Films. Der komplette Streifen besteht eigentlich nur aus der Aufnahmeprüfung Hope's und ihrer anschließenden, ca. 60 tägigen Zeit im Waldversteck des geisteskranken Entführers. Irgendwann reiht sich nur noch Fluchtversuch an Fluchtversuch, was ab und an noch durch eine blutige Sequenz abgewechselt wird, doch wirklich reich an Ideen ist das Drehbuch von Mason und Boyes nicht gerade.

Nun könnte man sicherlich anfügen, dass gerade dieser Minimalismus Sinn und Zweck des Films ist, um sich so um so mehr auf das Leiden der Hauptprotagonisten konzentrieren zu können. Alles in allem kann man das auch so stehen lassen, doch leider ist "Broken" längst nicht die hochdramatische Charakterstudie, welche er zu sein versucht. Die beiden Hauptcharaktere erfüllen ihren Mindestzweck - Hope ist das bemitleidenswerte Opfer, welches einem insbesondere dadurch symphatisch wird, da sie die Mutter einer kleinen Tochter ist, über deren Verbleib man ebenfalls lange im Unklaren gelassen wird. Auf der anderen Seite dann der namenlose Entführer, zu welchem man gleich eine Distanz aufbaut und der kaum näher beleuchtet wird. Seine Motivation zur Entführung junger Frauen bleibt stets im Dunkeln. So  haben wir also klar vertretene Gut-Böse Parteien, mehr braucht "Broken" nicht, auch wenn er wohl gerne mehr hätte.

Ich rechnete insgeheim mit einem zweiten "Scrapbook", doch anders als Eric Stanze's ultimativ verstörender Undergroundfilm fährt "Broken" nicht die vollen Geschütze auf, sondern versucht sich ein Stück weit, dem Mainstream verträglichen anzupassen. Sexuellen Missbrauch gibt es bis auf eine kleine Handlung im Film nicht zu sehen. Nicht, dass ich so etwas an und für sich gutheiße, doch in "Broken" hätten derartige Szenen optimal gepasst. Stattdessen setzt der Streifen auf härtere Gewaltszenen, die sofort Erinnerungen an "High Tension" wachrufen. Insbesondere die Anfangssequenz, in der man bestens mitverfolgen kann, wie eine Frau in ihren eigenen Innereien wühlt, um an eine rettende Rasierklinge zu gelangen, ist klar an "Saw" angelehnt und sieht trotz des geringen Budgets des Films erstaunlich gut aus. Weiter geht es mit einer herausgeschnittenen Zunge und noch einigen Nettigkeiten, die Gore-Freaks durchaus bei Laune halten.

Eine Freigabe ab 18 Jahren hat sich der Streifen also verdient, doch um zu dem größten Kritikpunkt zu kommen: Von blutigen Sequenzen abgesehen kann "Broken" nicht das bieten, was die Macher wohl zeigen wollten. Die abartige Beziehung des Entführers zu seinen Opfern wird nie klar ersichtlich, da man viel zu wenig über den Täter erfährt, als dass seine Handlungen einen tieferen Sinn ergeben würden. In Interviews gaben Nadja Brand, Simon Boyes und Adam Mason oftmals an, dass sich ihr Film an ein intelligentes Horrorpublikum richtet und verstanden werden muss. So viel zu verstehen gibt es da aber nicht. "Broken" ist ein ganz nett anzusehender Terrorfilm, der zart besaitete Zuschauer sicherlich verstören dürfte, Genrekennern aber nicht außerordentlich viel abverlangt. Langeweile kommt desweiteren auch immer wieder mal kurz auf, da der Streifen über 90 Minuten lang durch minimale Dialoge und den immer gleichen Drehort keine konstante Spannungslinie aufrecht erhalten kann.

Lobenswert sind die Leistungen der Schauspieler. Nadja Brand spielt die geschundene und gequälte Frau, die nur von dem Gedanken an ihre Tochter am Leben erhalten wird sehr überzeugend. Anfangs noch panisch, irgendwann aber scheint sie sich ihrem Schicksal zu fügen und wird ruhiger, überlegter. Die weitgehend unbekannte Akteurin passt optimal in diese Rolle.
Eric Colvin gibt einen schön kranken, unberechenbaren Entführer ab, dessen Intentionen stets im Hintergrund stehen und dessen Stimmung oftmals zu schwanken scheint. Dadurch ist er schwer einschätzbar, was ihm um so mehr Gefährlichkeit verleiht. Eric Colvin verleiht dem Aspekt keine neuen Ansätze, macht seine Sache aber schon zufriedendenstellend.
Die dritte Akteurin im Bunde, Abbey Stirling, stößt letztendlich noch zum Geschehen hinzu, hat aber nicht viel zu tun, außer panisch zu schreien.


"Broken" ist sicherlich kein schlechter Film, doch das absolute Highlight, das viele Horrorfans immer wieder mal gerne darin sehen, ist er auf der anderen Seite auch nicht. Verstörend ist der Streifen nur für all jene, die im Genre noch nicht so bewandert sind, doch gerade für die dürfte sich das Werk als echte Tortur herausstellen. Wer mal wieder einen altbewährten, schnörkellosen Terrorfilm sehen will, kann mit "Broken" insgesamt aber nicht viel falsch machen - den Vergleich zu "Saw" hält der Low-Budget Film allerdings dennoch nicht stand, denn an dessen Klasse reicht er bei Weitem nicht heran.

Details
Ähnliche Filme