Review

kurz angerissen*

Binnen drei Stunden liefert Fellini eine Abfolge von Szenensequenzen, die zwar inhaltlich in einem klaren Zusammenhang zueinander stehen, räumlich, zeitlich und atmosphärisch aber wie clipartige Gedankenfetzen zu einem Hauptthema wirken. Immer hingegen ist die Stadt Rom und ihr weiteres Umfeld präsent, welches der Regisseur mit Liebe zum Detail ab- und nachbildet – mal an Originalschauplätzen, mal in aufwändigen Nachbildungen. In bildschirmsprengenden Panoramen werden die historischen Gebäude der Stadt eingefangen, eine nüchterne Schönheit ausstrahlend; dann wieder ragt die Innenarchitektur eines aristokratischen Schlosses hervor oder eine geschlossen wirkende Gesellschaftsszene, bei der die Geräusche von einem Tonband in einen leeren Raum ausstaffieren. Manchmal spielt die Handlung in der Nacht, mal im Morgengrauen oder am Tag, wobei die oftmals sprunghaft montierten Übergänge als traumartige Ebenenwechsel inszeniert werden (besonders gut zu beobachten bei der Auflösung der legendären Brunnensequenz).

Fellini erzeugt innerhalb dieser Montage langsam das bittere Bild einer sich selbst verschlingenden Upper-Class-Gesellschaft, die in der Wechselwirkung aus medialer Sensationsgier und egozentrischem Geltungsbedürfnis eine Spirale des Verwerflichen ankurbelt und die weißen Fassaden Roms sichtbar beschmutzt. Die Dekadenz ist allgegenwärtig, ob sie sich nun beim Baden im Blitzlicht der Paparazzi zeigt, in der römisch-phönizischen Ausgelassenheit einer Abendveranstaltung oder bei der übersteigert inszenierten Jagd nach einem Zeichen Gottes, die passenderweise in einem Regenschauer endet.

Der ausklingende italienische Neorealismus liegt wie ein trüber Schleier über allem. Fellini lässt – ganz bewusst - den Schein wieder Oberhand gewinnen und einen Übersetzer dennoch auf die Frage, ob der Neorealismus tot sei, unaufgefordert „Er lebt!“ äußern. Ein seltener Moment der wahrhaftigen Vermittlung zwischen den Figuren, die ansonsten allesamt aneinander vorbeireden und in einem Meer aus Aphorismen und losen Verknüpfungen treiben, ein Meer, das Fellini meisterhaft, wenn auch wie im Eifer des Gefechts, aus kleineren Kurzepisoden erschließt, ohne den Trugschkuss aufkommen zu lassen, man habe es mit einem Episodenfilm zu tun.

*weitere Informationen: siehe Profil

Details
Ähnliche Filme