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Vor Selbstbewusstsein geradezu berstend, so stand er da auf der Bühne der letztjährigen MTV Movie Awards, der gute Samuel L. Jackson.
Und verkündete, mit seinem aktuellen Film „Snakes on a Plane“ im nächsten Jahr in der Königskategorie abzuräumen. Ein neuer James Bond? Ja, ganz nett, aber ohne Schlangen. Karibikpiraten? Sicher, ein Blockbuster, aber ein reptilienfreier. Nein, sein Film würde derjenige sein, welcher als bester Film ausgezeichnet würde, das garantiere er. 

Darüber lässt sich nun leicht in Verwunderung ausbrechen, sollte Jacksons Film dem Vernehmen nach doch nicht mehr sein als eine Neuauflage sattsam bekannter Flugzeugkatastrophenschinken, halt nur mit einem gewissen zischelnden Extra ausgestattet. Was also veranlasste den doch sonst so abgeklärt wirkenden Jackson zu einem dermaßen hochtrabenden Versprechen? 

Die Antwort: Der Hype.
Ein Hype, der dieses kleine Filmchen ergriffen hatte, seitdem im Internet erste Details zu Jacksons neuestem Projekt durchgesickert waren und der eigentliche Arbeitstitel eine beispiellose Karriere in unzähligen Blogparodien, Homepage-Fanarts und Forenwitzen hingelegt hatte.
Ein Hype, der auch die Produktion erreichte, als diese begriff, dass ihr Flugzeug auf offensichtlichen Fanboy-Rückenwind bauen und somit einen Umschnitt vom harmlosen PG-13-Actioner zum derben Horrorspaß gut verkraften konnte.
Und eben ein Hype, der schlussendlich auch den Hauptdarsteller des Films erfasste, denn dieser erkannte, dass das Internetgebrumme womöglich sogar imstande war, einem Film Kultehren angedeihen zu lassen, der unter regulären Umständen unter „ich-tat-es-des-Gagenschecks-wegen“ sang- und klanglos in seine Filmographie eingegangen wäre. Wer würde da an seiner Stelle nicht die große Werbepauke in einer jugendlich gefärbten TV-Show bearbeiten?

Und so nahmen zum Kinostart Filmfreaks in aller Welt ihren Platz im Kino ein, nur um beim Erlöschen des Lichts zu denken: Irgendwie ist das ja auch mein Film. Denn anders als beim „Blair Witch Project“ wurde hier das Internet nicht nur zum Bekanntmachen des Projekts verwendet, sondern lud die Fans zum Mitmachen ein. Eigene Trailer, Plakate und Drehbucheinfälle, alles geisterte unter Absegnung des produzierenden Studios New Line durchs Netz, hereinspaziert und mitgemacht. War „Blair Witch“ der Film für das „alte“ Internet, so repräsentierte „Snakes on a Plane“ jetzt überdeutlich Web 2.0. 

Soviel also zu den Pommes. Aber was taugt der Burger?
Nun, er schmeckt schon ziemlich gut, naturgemäß bleibt nicht viel hängen, kurze Zeit später ist man wieder hungrig. Aber das haben Burger nun mal so an sich, Hauptsache, es macht Spaß, solange es andauert, und das ist hier der Fall, „Snakes on a Plane“ macht einfach Spaß. 

Selbstredend arbeitet sich der Film an Genrestandards ab, da wird der Pilot außer Gefecht gesetzt, da müssen Stewardessen im Gewitter leichte Turbulenzen entschuldigen und zwischen herabfallenden Sauerstoffmasken wird auch wieder mächtig gekreischt. Schon unendlich oft gesehen, so was. Aber, Jackson betonte es ja nun oft genug, dieser Film hat Schlangen, und die werden nicht nur mittels einer herrlich aufgesetzten Zeugenschutzprogramm-Story in die Handlung integriert, sondern obendrein auch noch mit einem schwer trashigen Pheromon-Kniff aus ihren Frachtkisten gelockt.
Damit ist die Manege bereitet, und die geschmeidig animierten Biester beißen herzhaft in alle verfügbaren Körperteile, die ihnen die unachtsamen Passagiere und die Phantasie des Drehbuchs darbieten, und das sind tatsächlich einige. Groß ist der Spaß beim Publikum, groß ist das Chaos an Bord, und mittendrin Sam „Motherfuckin´“ Jackson, der angesichts des wilden Treibens aus dem Fluchen gar nicht mehr herauskommt, was in Rücksprache mit den Fans auch so beschlossen wurde.
Es lohnt sich schlichtweg nicht, großartig auf den Inhalt einzugehen, das Reptilien-Gimmick bewahrt „Snakes on a Plane“ nicht davor, denselben Verlauf wie seine Vorgänger im Geiste zu nehmen, und so darf man sich auch diesmal über gestresstes Bodenpersonal und einen beherzten Steuerknüppel-Passagier freuen, bevor die Kiste schließlich am Boden ist. Aber das macht auch nichts, denn die Darsteller sind sympathisch, der Plot dynamisch und die Schlangen giftisch. „Final Destination 2“-Regisseur Ellis hat das Geschehen im Griff und die Effekte sind in Relation zu sonstigen Vertretern des Genre bemerkenswert gut gelungen.

„Snakes on a Plane“ ist ein fröhliches Trashvehikel, das vielleicht nur deshalb ein wenig seltsam anmutet, weil es auf einer gigantischen Medienwelle angerauscht kam. Eine Welle, deren Ursprung irgendwo auf halber Strecke zweitrangig wurde, weil es letztlich nur um kollektives Herumalbern ging. Hier feiert das Publikum sich selbst, „Snakes on a Plane“ ist der Blockbuster der Generation MySpace. 
 
Was also ist mitzunehmen von diesem Hype, dieser bislang einmaligen Symbiose aus Netzkultur und Filmwirtschaft? Was bleibt zu sagen, was bleibt haften in unserer schnelllebigen Zeit? 

Vielleicht folgendes:
Bei den diesjährigen MTV Movie Awards war „Snakes on a Plane“ in der Kategorie „Bester Film“ nicht einmal nominiert.

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