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Vielleicht hätte New Line wen fragen sollen, der sich damit auskennt. „Snakes on a Plane“ hatte das Zeug zu einem Kultfilm, wurde letzten Endes aber nur ein weiterer Tierhorrorfilm mit überzeugendem Actionanteil. Dies ist insofern schade, da in den vorhandenen Möglichkeiten einfach viel mehr Potential schlummerte.
Der frühe Hype um den Film wurde nicht forciert, sondern von der Internet-Community gegründet. Bereits während der Pre-Production scharrten sich weltweit Fans um das Projekt, förderten die kuriosesten Einfälle zutage und feierten einen bis dato noch nicht einmal fertig gestellten Film.
Samuel L. Jackson („The Long Kiss Goodnight“, „The Negotiator”), dafür bekannt bei seiner Rollenwahl auch gern mal dem Instinkt zu folgen (u.a. „The 51th State“), betonte in Interviews und Fernsehauftritten mehrmals, nur unterschrieben zu haben, weil ihm der Titel gefiel, während er das Drehbuch nicht einmal gelesen hatte.
New Line selbst bemerkte erst ziemlich spät, was sie da überhaupt am Harken hatten, zogen die Titeländerung in „Pacific Air Flight 121“ nach massiven Fanprotesten wie auch Jacksons höchstpersönlicher Intervention wieder zurück und schossen sogar noch Geld nach, um zusätzliche Szenen für ein R-Rating drehen zu lassen. Deren nachträgliche Integration fällt übrigens auch deutlich auf. Es wurde alles getan, um den Wünschen der Fans zu entsprechen.

Die Erwartungen der Fans waren also hoch und New Line hoffte mit diesem selbstständigen Marketing einen richtigen Coup zu landen. Die Ernüchterung gab es dann am amerikanischen Startwochenende, wo sich der Film mit einem Einspiel von 13,8 Millionen Dollar zwar gut aus der Affäre zog, aber nach dem vielen Trara dann doch nicht die höher gesteckten Ziele erreichte.

Dabei macht „Snakes on a Plane“ wirklich Spaß. Es ist nur eben nicht der Film, der er hätte werden können. Regisseur David R. Ellis („Final Destination 2“, „Cellular“), der den für so einen Film wesentlich besser geeigneteren Ronny Yu („Bride of Chucky“, „Freddy vs. Jason“), kurzfristig ablöste, gehört zu den wenigen modernen Mainstream-Regisseuren, die aktuell mit Style over Substance wirklich überzeugen können. Ähnlich wie John Stockwell („Blue Crush“, „Into the Blue“) beherrscht er den Style nämlich nicht nur, sondern versteht ihn auch überaus kurzweilig zu präsentieren. Was ihn von Stockwell noch unterscheidet, ist sein getimter Humor, den er speziell in seinen letzten beiden Arbeiten ausspielte und diese damit aus dem Mittelmaß hervorhob.

Auch „Snakes on a Plane“ trägt nun die charakteristischen Merkmale seiner Regie, ohne mit dem gebeutelten Genre tatsächlich zu spielen. Gerade angesichts der Schwemme angespülter, größtenteils grausamer 08/15 – Videothekenware die Nu Image, Cinetel Films, Royal Oaks und Unified Film Organization seit etlichen Jahren verbrechen, bietet sich so eine selbstreflexive Abrechnung mit allen erdenklichen Klischees gerade zu an. Aber anstatt sie zu überspitzen, benutzt man sie abgesehen von wenigen Ausnahmen nur, zeigt gleichzeitig zu wenig Selbstironie und nimmt sich auch eine Spur zu ernst. Ich habe kein „Eight Legged Freaks“ erwartet, aber Ellory Elkayem hat dieses Prinzip besser verstanden.
Vielleicht hätte man aber auch einfach mal wagen sollen einen erfahrenen B-Movie-Regisseur anzuheuern, der mit dieser Materie vertraut ist. Denn ich bin mir sicher, dass die fehlende Genreerfahrung der Autoren und des Regisseurs einen besseren Film verhinderte. In ihnen schlummert leider kein Quentin Tarantino, der sich mit seinen Filmen regelmäßig selbst als Geek äußert und die Materie verstanden beziehungsweise sich in sie verliebt hat.

Nichtsdestotrotz kann man sich von „Snakes on Plane“ immer noch ganz problemlos unterhalten lassen. Nur das Abfeiern, das fällt eben flach.
Der Film legt vom Start weg gleich ein flottes Tempo vor und ergibt sich keinerlei Floskeln. Auch wenn die Schlangen erst nach einem Drittel des Films im Flugzeug entlassen werden, gibt es genug zu sehen. Ellis verpackt Hawaii in eine superschicke Optik und führt auch Samuel L. Jackson umgehend ein. Der will als FBI – Agent Neville Flynn den jungen Sean (Nathan Phillips, „Wolf Creek“) nach L.A. bringen, damit er dort als Zeuge gegen den Gangster Eddie Kim (Byron Lawson) aussagt. Zufällig beobachtete er Kim bei der Ermordung eines Staatsanwalts und hat bald Kims Killer vor seiner Wohnungstür stehen. Neville paukt ihn in letzter Sekunde raus und verfrachtet ihn in eine Linienmaschine nach L.A. Man requiriert die erste Klasse und hebt ab. Wenig später brechen Dutzende von Kims Männern platzierte, hochaggressive Giftschlangen aus dem Frachtraum und machen sich über die Besatzung nebst Passagiere her.

Die Ansammlung geläufiger Stereotypen (u.a. hypochondrischer Rapper, hilflose Kinder, alte Oma, die dumme Blondine mit Handtaschendackel etc) erhält vorweg noch seine zwangsläufige Vorstellung und Neville darf auch schon einmal die ersten lebensnotwenigen Regeln aufstellen, bevor die Brut loslegt. Überhaupt muss Jackson hier als DER Pluspunkt gewertet werden, denn wenn er entnervt fluchend mit Elektroschocker, flammendem Spray und Harpune gegen das schlängelnde Untier zu Felde zieht, immer Herr der Lage bleibt, organisiert, Ansprachen hält, Oneliner klopft und trotzdem bis auf den Gefrierpunkt omnipräsente Coolness ausstrahlt, möchte man ihm als Zuschauer am liebsten anerkennend auf die Schulter klopfen. „Geile Show! Hast du deinen Spaß? Ja? Wir auch!“
Aber um ihn herum verkommen inklusive Stewardess (Ex-„ER“ – Krankenschwester Julianna Margulies nach „Ghost Ship“ wieder im Horrorbusiness) ohnehin alle zu Staffage und genau deswegen hätte er mehr Screentime vertragen. Zwischenzeitlich taucht er leider für mehrere Minuten ab und überlässt dem Rest das Feld, nur sind die ohne ihn hilflos. Auf weiter Flur wirklich niemand zusehen, mit dem man irgendwie sympathisiert oder fiebert. Alles bloß Schlachtlämmer, die auf ihr Schicksal warten.

Tatsächlich häufen sich die Attacken immerhin ganz fix. Sex auf dem Lokus stellt sich als Todesfalle heraus, Katzen werden vertilgt und allgemein verbeißt man sich natürlich gern in die Opfer. Ob direkt in den Genitalbereich, die Brustwarze oder gleich ins Gesicht, allerhand schmerzhafte Erfahrungen verbuchen die bald kräftig in Panik geratenden Passagiere, während die bissigen Schlangen schon einmal die falschen Kabel ausprobieren, den Piloten wegraffen und sich später auch an kleinen Hunden gütlich tun.
Die ironischen Gags sind dabei leider relativ rar gesät. Der Versuch sich in einem, später immer wieder durchs Bild rollenden, mit Pheromonen besprühten Blumenring zu paaren, mag noch einige Lacher verbuchen, viel mehr gute Jokes bleiben „Snakes on a Plane“ aber leider nicht. Weder stellen die Viecher sich, ähnlich wie ihre Kollegen in „Eight Legged Freaks“ richtig blöd an, noch staffelt Ellis die Klischees dicht genug, um das Genre gekonnt zu parodieren. Dabei wären besonders die diversen Stereotypen dafür prädestiniert gewesen. Dass das Flugzeug letztlich von einem rappenden Gamejunkie gelandet wird, ist nur einer der wenigen guten Einfälle.

Das Tempo stimmt dennoch, draußen tobt ein turbulentes Unwetter und drinnen das ausbrechende Chaos - ein einziges Durcheinander von verzweifelten Passagieren. Die Attacken sind hochfrequentiert und einige Opfer erfordert die Schlacht zwischen Mensch und Tier natürlich auch. Man verbarrikadiert sich, versorgt ziemlich ekelige Wunden und versucht die Viecher abzuwehren. Wenn die dann eher versehentlich den Getränkewagen als Rammbock missbrauchen, verdient sich der Film zwar mal wieder Szenenapplaus, so wahrhaft mitreißen kann er trotzdem nicht. Dafür geht es aber gleich weiter. Die Subplots harmonieren dabei ausgesprochen wenig mit dem Gezappel im Flieger und den Bad Guy hätte man gar ganz rausstreichen können, zumindest geben sie Jackson noch Gelegenheit für witzige Telefonate.

Wenn man sich der Schlangen dann zum Schluss mit einer spektakulären wie auch ineffektiven Idee entledigt, geht leider die Phantasie mit den Autoren durch. Vor allem das Riesenexemplar verschenken sie gänzlich, zwingen den Film frei nach „Airport“ allerdings zu einem befriedigenden Abschluss zur Landung.
Ich will deswegen letztlich auch gar nicht so sehr unken, aber mit einer größeren Portion pechschwarzem Humor und mehr abgefahrenen Ideen wäre aus „Snakes on a Plane“ mit Sicherheit ein Partyknaller erster Kajüte geworden. So kann man ihn sich zwar mal reinziehen und seinen Spaß haben, ein feuchtfröhlicher Kultfilm wird er allerdings nie.
Dafür verpuffen viele ungenutzten Klischees einfach zu wirkungslos im Raum und fällt den Schlangen zu wenig Unorthodoxes ein.


Fazit:
Der letzte Kick fehlt „Snakes on a Plane“ leider. Die Tricks (inklusive obligatorischer Schlangen-Egoperspektive) sind für das niedrige Budget von 33 Millionen Dollar gut und Samuel L. Jackson ist wie gewohnt eine Bank.
Schade, obwohl eigentlich alle wichtigen Genreelemente zusammengekarrt wurden, wird kein Fest für eingefleischte Fans daraus, da weder die Autoren noch Ellis richtige Geeks in diesem Terrain sind. Zwar bleibt man sich und dem Genre treu, verpackt die Schose in eine nebensächliche Story, fährt grundsätzlich nur altbewährte Ideen auf und verschließt sich jedem Anzeichen von Seriosität, um die Klischees präsentieren zu können, die ideenreiche, ironische Veräppelung der Vorbilder findet allerdings leider nicht statt. Schade, daraus hätte man mehr machen können. Ich habe ehrlich gesagt auch mehr erwartet und wurde den Verdacht nicht los, dass er Film in einem frühen Stadium doch einmal ernst gemeint war und erst später zu einer spaßigen Horrorerfahrung umgeschrieben wurde. Vielleicht ist das auch der Grund, warum das Konzept nur zum Teil aufgeht.

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