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„Talladega Nights: The Ballad of Ricky Bobby“ oder „Ricky Bobby – König der Rennfahrer”, wie der Film für den deutschen Markt bezeichnet wurde. Und wenn man diese zwei Titel vergleicht, merkt man direkt, was diesem Film wohl auf dem deutschen Markt widerfahren wird. Missachtung, Missverständnis und Schubladendenken.

Während der amerikanische Originaltitel nur schon so vor Selbstironie trieft, ist der deutsche Verleiher mal wieder nicht besonders kreativ gewesen. „Lieblos“ trifft es da wohl am besten, wahrscheinlich ist es aber gar nicht mal so unverständlich. Denn trotz einiger respektabler Erfolge auch im deutschen Sprachraum, wie etwa „Old School“ oder „Die Hochzeitscrasher“ ist Will Ferrell doch hier noch nicht die Anerkennung zu Teil geworden, die er in den USA genießt. Und deshalb gleich eine Warnung vorneweg: „Ricky Bobby“ macht es dem in US-Popkultur wenig bewanderten Zuschauer alles andere als einfach einen Zugang zu dieser Komödie zu finden. Ergebnis ist entweder blankes Unverständnis oder eine ungerechte Einordnung. Aber das hat dieser Film nicht verdient.

Ricky Bobby, natürlich Südstaatler, als Kind früh von seinem „semi-pro race driver“ Vater im Stich gelassen, verdingt sich in der Crew eines erfolglosen NASCAR Teams, als bei einem Rennen der Fahrer angesichts der mangelnden Siegchancen beim Boxenstop aussteigt und sich weigert weiterzufahren. Um die letzten Sponsoren nicht auch noch zu verlieren, entscheidet der Teamchef (dargestellt vom in diesem Film unterforderten Michael Clarke Duncan), dass ein Crewmitglied einspringen soll. Es braucht keinen Einstein um sich zu denken, dass dieser Freiwillige niemand anderes als Ricky Bobby sein kann. Und wie sollte es anders sein, der blutige Anfänger fährt auch gleich vom letzten Platz aufs Treppchen. Medienrummel folgt, und das Team entschließt sich, Ricky zum Fahrer Nummer Eins zu machen. Auf seinen Druck hin wird sein bester Freund seit Jugendtagen, Cal Naughton, Jr. (John C. Reilly geht in der Rolle des simpel gestrickten Rednecks förmlich auf), zu seinem Teamkollegen gemacht.

Zusammen mischen sie nun die NASCAR Rennserie auf und Ricky fährt einen Sieg nach dem anderen ein. Die Werbeverträge fliegen ihm nur so zu, ebenso die weiblichen Verehrerinnen. Mit seiner Ehefrau (die er übrigens kennen lernte, als sie ihm ihre Brüste zeigte) hat er zwei ständig fluchende Kinder und lebt mit Schwiegervater in einer großen Villa. Es könnte alles so einfach sein, doch es wäre ein stinklangweiliger Film, wenn es das bliebe.

Auftritt Sacha Baron Cohen als Jazz hörender, französischer, schwuler Formel 1 Champion Jean Girard, der in einer uramerikanischen Bar auftaucht, die USA erstmal „niedermacht“ und eine Herausforderung an Ricky Bobby ausspricht. Und ihm als Begrüßung, weil er sich weigert zuzugeben, dass er Crêpes mag, den Arm bricht.

Was nun folgt, entspricht dem bekannten Klischee des amerikanischen Sportfilmes – der neue Herausforderer erscheint übermächtig, eine Sinnkrise des alternden Champions, dessen Freunde wenden sich von ihm ab, und ja, es ist kein Geheimnis und auch hier wohl nicht zu viel verraten, wenn am Ende ein in irgendeiner Art und Weise geratenes Happy End stehen wird, an dem Ricky Bobby wieder rehabilitiert erscheint.

Natürlich, das hat man schon tausendmal gesehen, denkt man nun. Aber das „Wie“ ist hier das entscheidende. „Ricky Bobby“ ist ein so dermaßen überdrehtes Machwerk, es dreht Stereotypen ständig durch den Kakao und führt so dem Publikum (bevorzugt Südstaatler, die die NASCAR Thematik wohl in den Film gelockt hat) die eigenen Schwächen vor. Schon allein, wie in diesem Film durch den ständigen Overkill an Product Placement dieses Thema persifliert wird, ist das Ansehen wert. Und das wichtigste bei einer Komödie, sie unterhält. Und das nicht zu knapp. Er weist zwar nach etwa einer Stunde ein gewisses „Loch“ auf, aber dies lies sich wohl angesichts der übrigen Geschwindigkeit der Handlung nicht ganz vermeiden. Diese Bewertung bezieht sich jedoch auf die englische Originalfassung, es mag sein, dass die Synchronisation, wie leider so oft bei solchen Werken, den ein oder anderen Witz verdirbt. Daher (ohne die deutsche Synchro zu kennen) die prophylaktische Empfehlung, wenn möglich den Film im Original zu genießen.

Technisch ist der Film gut gemacht, nur einmal fällt ein CGI-Einsatz leicht negativ auf. Die Fahr- und Crashszenen sind solide, nichts besonderes, aber sie erfüllen ihren Zweck.

„Ricky Bobby“ will kein ernsthafter Sportfilm sein, sondern eine Persiflage auf dieses Genre – zusammen mit den Seitenhieben auf den klischeehaften NASCAR-Fan. Wenn man etwas Hintergrundwissen besitzt, was für ein Aufschrei durch die Fangemeinde in den USA ging, als mit Toyota der erste ausländische Hersteller seinen Einstieg in den amerikanischsten aller Motorsports ankündigte, mag man sich ausmalen, was ein schwuler Franzose anrichtet, der zudem noch aus der „Snob- und Weichei-Rennserie“ Formel 1 kommt – und dann des Rednecks liebsten Sport dominiert. Ich glaube, nur eine schwarze Demokratin auf dem Präsidentensessel könnte da noch mehr schocken.

Und genau das schafft er auch. Er ist unterhaltsam und für den informierten Zuschauer, der nicht nur an der Oberfläche dieses Filmes kratzt, enthält er zusätzlich einige schlichtweg geniale Momente. Kein künstlerisches Meisterwerk, aber „Ricky Bobby“ gehört ganz klar in die Spitzengruppe der jüngeren amerikanischen Komödien.

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